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Mehr Muskeln mit weniger Gewicht

Trendsport "Kaatsu"

Mehr Muskeln mit weniger Gewicht

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    Kilian Fäustle stemmt in der Praxis von Physio Felix Roßskopf Gewichte nach Kaatsu-Methode.
    Kilian Fäustle stemmt in der Praxis von Physio Felix Roßskopf Gewichte nach Kaatsu-Methode. Foto: Tobias Schuhwerk

    Kraftpaket Kilian Fäustle kann es selbst kaum glauben. „Ich trainiere hier mit Mini-Hanteln – und bin schon nach ein paar Wiederholungen total fertig.“

    Normalerweise ist der 24-Jährige Sportler an große Gewichte gewohnt. An der Langhantel stemmte er bis vor Kurzem im Fitnessstudio zum Beispiel satte 75 Kilo überm Kopf. Doch das klassische „Pumpen“ ist für ihn derzeit nicht mehr möglich: Chronischer Schmerz an der Schulter bremst ihn aus.

    Deshalb begab er sich in die Hände von Physiotherapeut Felix Roßkopf (32) aus Kempten, der ihn nach einer revolutionären Methode aus Japan therapiert: „Kaatsu“ ist ein Training mit leichten Gewichten und einem speziellen Trick: Mit einer Manschette werden beim Patienten die Durchblutung von Armen oder Beinen gedrosselt.

    „Die gezielte Kompression der Blutgefässe führt zu einem hormonellen Reiz, der den Muskelaufbau trotz geringem Gewicht extrem fördert. Man trickst sozusagen das Gehirn aus und simuliert ein schweres Training“, erklärt Roßkopf, der zu den ersten Physiotherapeuten mit Kaatsu-Zertifikat zählt. Die Methode wird bereits von etlichen Spitzensportlern wie Skispringer Noriaki Kasai oder Skifahrer Bode Miller genutzt und findet nun auch in Deutschland immer mehr Anhänger.

    Patentiert wurde Kaatsu vor über 20 Jahren vom japanischen Arzt Yoshiaki Sato von der Universität Tokio. In seiner Heimat ist sie bereits weit verbreitet, auch im Reha- und Pflegebereich. Zu den Vorteilen der Methode gehört die Entlastung der Gelenke, eine schnelle Regeneration und eine Verbesserung der Gefäßfunktionen.

    Wichtig dabei ist den exakten Abbindedruck zu ermitteln. Dies gelingt mit speziellen, programmierbaren Geräten, wie dem 4000 Euro teuren „Nano-Kaatsu“, den Felix Roßkopf verwendet: „Der optimale Druck unterliegt täglichen Schwankungen und variert stark von Person zu Person. Weitere Faktoren sind Alter, Fitness-Zustand und Kaatsu-Erfahrung“, erzählt der Roßkopf, der Klienten im Alter von 18 bis 85 Jahren nach der Kaatsu-Methode betreut. Lediglich bei Thrombose oder Schwangerschaften rät er von dieser Trainingsform ab.

    Bei Kraftpaket Kilian Fäustle geht es darum, die Beweglichkeit der Schulter zu erhalten – und durch gezielte und dosierte Bewegung die Entzündung quasi aus der Schulter zu schwemmen. Zwei Mal pro Woche trainiert Fäustle bei Felix Roßkopf. Die Einheiten dauern nach dem Anlegen der pneumatischen Manschetten nur wenige Minuten lang. Dann stemmt Kilian Fäustle beispielsweise eine Vier-Kilo-Hantel in drei Serien nach oben.

    Die Zahl der Wiederholungen liegt anfangs bei 30 und reduziert sich später auf 20 und 10. „Es ist extrem anstrengend. Ich empfinde es härter als 75 Kilo mit der Langhantel“, sagt Fäustle, der nach zwei Monaten Training von den Ergebnissen begeistert ist. „Der Schulter geht es bereits viel besser.“ Die Krankenkassen zahlen in Deutschland noch keine Kaatsu-Behandlungen. Doch erste Verhandlungen laufen. „Kaatsu“, sagt Felix Roßkopf, „ist definitv auch bei uns auf dem Vormarsch.“ Bis dahin greifen seine Patienten selbst in die Tasche und zahlen für das Training am Spezialgerät 80 Euro.

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