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"Meine Schützenkameraden sind wie eine Familie"

Exotischer Schützenkönig

"Meine Schützenkameraden sind wie eine Familie"

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    Stolzer SChützenkönig: Der gebürtige US-Amerikaner William Nelson regiert in Waal.
    Stolzer SChützenkönig: Der gebürtige US-Amerikaner William Nelson regiert in Waal. Foto: Tobias Schuhwerk

    Wenn William Nelson in seine Trachtjacke schlüpft und die silberne Kette überstreift, bekommt er Gänsehaut. "Das ist etwas ganz besonderes für mich. Sie hat so eine lange Tradition und ich bin Teil davon", sagt der 61-jährige US-Amerikaner aus North Carolina mit stolz geschwellter Brust.

    Beim Luftgewehr-Schießen ist mit William Nelson immer zu rechnen.
    Beim Luftgewehr-Schießen ist mit William Nelson immer zu rechnen. Foto: Schuhwerk

    Das über zehn Kilogramm schwere Schmuckstück darf er bis Anfang nächsten Jahres sein Eigen nennen: Der frühere Sergeant bei der US Army ist amtierender Schützenkönig der 1874 gegründeten Vereinigten Schützen Waal. "Es ist für mich auch ein Zeichen von gelungener Integration", sagt William Nelson, der vor 30 Jahren nach Waal kam. Seine Frau, die aus dem kleinen Ort stammt, hatte er in Augsburg kennengelernt, wo er damals stationiert war. Heute arbeitet er als Maschinenführer im Holzwerk. An seine Anfänge im Allgäu erinnert er sich heute mit Schmunzeln. "Viele in Waal hatten bis dato noch nie einen Schwarzen gesehen – außer vielleicht im Fernsehen. Und ich kannte auch keine Allgäuer Schützen. Es war also für beide Seiten etwas komisch und es hat ein bisschen gedauert. Doch dann sprang der Funke voll über."

    Der "Regent" ist beim "Fußvolk" beliebt

    Mittlerweile hat William Nelson quasi seinen Platz in den Geschichtsbüchern des 115 Mitglieder zählenden Schützenvereins. Dazu reicht ein Blick auf die Königskette: Sie besteht aus über 100 silbernen Plaketten, auf denen die Namen der jährlich wechselnden Schützkönige eingraviert sind. William Nelson taucht auf der Trophäe sogar zwei Mal auf: Schon im Jahr 2000 hat er sich mit einem Sonntagsschuss die Königswürde gesichert. In diesem Jahr "regierte" er erneut in Waal. Wobei er seine Gefolgsleute gut behandelte, wie sie im Gespräch mit unserer Zeitung augenzwinkernd erzählen. Die obligatorischen Runden jedenfalls habe der Regent anstandslos übernommen und auch die repräsentativen Aufgaben, wie die Teilnahme am Schützenumzug in Buchloe, habe er mit Bravour gemeistert. Zudem ist der Schützenkönig Vorsitzender des Freundes– und Förderkreises. Auch bei den Schützen in Emmenhausen, bei denen die Waaler vorübergehend trainieren, bis sie ein neues Schützenheim haben, ist Nelson beliebt.

    Die silberne Plakete mit seiner Namensgravur hat William Nelson selbst gekauft, um sie an die Schützenkette zu heften.
    Die silberne Plakete mit seiner Namensgravur hat William Nelson selbst gekauft, um sie an die Schützenkette zu heften. Foto: Tobias Schuhwerk

    "William ist ein super Typ. Er ist lustig und zieht voll mit bei uns", sagen Schützenmeister Konrad Alt und sein Stellvertreter Jens Burger unisono. Legendär sei beispielsweise sein Auftritt als Barack Obama bei der Faschingsfeier gewesen. "Ich habe viel Spaß mit meinen Schützenkameraden. Sie sind wie eine zweite Familie", sagt William Nelson, dessen Spitzname "Bo" an den amerikanischen Bluesmusiker Bo Diddley erinnert.

    Ähnlich locker und umgänglich wie der einstige Bühnenstar hat er auch in Waal viele Fans gewonnen – und kann sich ein Leben in den Staaten kaum noch vorstellen. "Ich habe im Allgäu alles, was ich brauche: Meine Frau, Ruhe und Natur - und natürlich Käsespätzle und Schweinsbraten, die ich mittlerweile lieber mag als Burger", sagt er grinsend.

    Einzig seine Familie vermisst er immer noch. Dank der sozialen Netzwerke sind die Verwandten in den USA aber immer stets gut informiert über ihren "Allgäuer Sohn". "Sie konnten es kaum glauben, als ich ihnen Fotos mit der Schützenkette geschickt habe", erzählt William Nelson. "So etwas haben sie drüber noch nie zuvor gesehen. Und in Amerika gibt es wirklich vieles…"

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