Dritter Tag:
Noch ein Glücksfall: Die Wolken sind gekommen. Aber erst tief in der Nacht. Und am Morgen, beim Start in den dritten Tour-Tag, sind sie längst wieder weg, die Straßen schon trocken, die Fahrt kann problemlos weiter gehen.
Die Allgäu Runde habe ich ja verlassen. Aber an gut ausgeschilderten, landschaftlich reizvollen Alternativen mangelt es im Allgäu nicht. Von Probstried sind es nur ein paar Kilometer nach Dietmannsried und von da geht es hinunter an den Iller Radweg, ebenfalls ein Klassiker im Allgäuer Radwegenetz.

Ob mit oder ohne Strom - Radtouristen lieben Strecken entlang von Strömen. Von den zehn populärsten Fernradwegen in Deutschland führen acht entlang von Flüssen (Elbe, Weser, Ruhr, Rhein, Donau, Main, Mosel, Altmühl). Ein Grund dürfte sein, dass hier kein Radler vor Bergen bangen muss. Flach fahren kann aber auch schnell eintönig werden, vor allem, wenn der Weg eingeklemmt ist zwischen einem Damm und einem Waldrand, wie das bei einigen Flußrouten manchmal kilometerlang der Fall ist.
Und noch schnell hinauf nach Ofterschwang
Der Illerradweg ist da löblich anders, lässt Raum für schöne Ausblicke in die Allgäuer Landschaft. Auf den rund 60 Kilometern bis Oberstdorf, über Kempten, Immenstadt, Sonthofen, geht es flott voran, der geflickte Reifen hält dicht, mit dem „Alte-Damen-Rad“, das erstaunlich sportlich zu fahren ist und sich auch auf rasenden Abfahrten absolut problemlos steuern lässt, habe ich mich inzwischen durchaus angefreundet. Und ich muss heute nicht mit den Klötzchen haushalten, habe keine Probleme am Nachmittag meinen Zug in Oberstdorf zu erreichen. Im Gegenteil: Es bleibt sogar Zeit für einen kleinen Abstecher. Vom Tal der Iller mal schnell die 120 Höhenmeter hinauf nach Ofterschwang, dem alpinen Weltcup-Ort? Kein Problem. Dank E-Bike lässt sich das kurz entschlossen einstreuen. Ohne Strom und mit dem schweren Gepäck wäre das eine ziemlich lange Plackerei.
Während des fast drei Kilometer langen Anstiegs nach Ofterschwang höre ich plötzlich hinter mir ein leises, vertrautes Surren. Tatsächlich: ein Rennradfahrer. Überholt mich. Zieht an mir vorbei, fährt mir davon. Ohne Strom, mit der reinen Kraft der Waden und Schenkel. Wenn ich jetzt auf „Power“ hochschalten würde und etwas kräftiger reintreten würde… Ich lasse es. Ich darf jetzt E-Bike fahren. Und das macht durchaus Spaß. Aber jeden Spaß sollte man sich nicht erlauben.
Franz Neuhäusers Fazit:
- E-Bike-Fahren ist nicht nur „Gas geben“. Es lässt sich durchaus auch sportlich radeln.
- Die Batterie hält. Mehrtägige Touren ohne festen Etappenplan sind problemlos möglich.
- Der „Fernfahrer“ gewinnt mit dem E-Bike an Bewegungsfreiheit. Berge und Gegenwind verlieren ihren Schrecken.
- Das Allgäu ist gemacht für E-Bike-Touren.
- Die Allgäu Runde ist eine runde Sache. Allerdings sollte man sich mehr Zeit nehmen, als dies bei unserer Testfahrt der Fall war.
- Immer Reparaturausrüstung mitnehmen. Immer!
Die Testtour im Überblick:
1. Tag: Oberstdorf – Sonthofen – Immenstadt – Oberstaufen – Wangen – Scheidegg – Lindenberg – Röthenbach – Maierhöfen – Isny – Wangen. Rund 107 Kilometer.
2. Tag: Wangen – Leutkirch – Illerbeuren – Bad Grönenbach – Ottobeuren – Markt Rettenbach – Obergünzburg - Probstried. Rund 108 Kilometer. Plus 2,5 Kilometer Fußmarsch.
3. Tag: Probstried – Dietmannsried – Kempten – Immenstadt – Sonthofen – Ofterschwang – Oberstdorf. Rund 70 Kilometer.