Aufräumen, ausmisten, alles, was in diesen Corona-Tagen so in den eigenen vier Wänden auf dem Programm steht, bestimmt derzeit auch bei Christina Ackermann den täglichen Stundenplan. Schon gut eine Woche nach dem Rücktritt vom alpinen Skisport ist der Ehe-Alltag eingekehrt. „Marvin (ihr Ehemann, die Red.) freut sich sehr auf das ,normale‘ Leben jetzt,“ sagt die Oberstdorferin, „bislang war das ja nur partiell möglich.“ Zehn Monate nach der Hochzeit laufen die Planungen für die Zukunft auf Hochtouren.
„Gerade habe ich noch meinen allerersten Pokal in einen Schrank geräumt,“ erzählt Christina Ackermann. Die wichtigsten Trophäen bekommen einen Ehrenplatz. Und dazu zählt dieser Pokal eben, den sie bei einem Pumuckl-Rennen gewonnen hat. Vor 22 Jahren übrigens. Danach folgte, über starke Leistungen im Nachwuchsbereich, der Aufstieg in den Weltcup. Der Titel bei den Junioren-Weltmeisterschaften im Slalom 2010, der erste Podestplatz im Weltcup, ebenfalls 2010, am Semmering. „Für mich war das damals gar nicht greifbar, ich stand plötzlich neben Maria Riesch und der Österreicherin Marlies Schild, das war unglaublich“, blickt die 30-jährige Slalom-Spezialistin auf diesen Tag zurück. Dazu kommen drei Olympia-Teilnahmen: „Das Highlight war die erste in Vancouver, eine großartige Erfahrung.“
Auf der anderen Seite stehen jedoch auch drei Operationen, die sie überstehen musste. Zwei Mal am Knie, dazu zuletzt an der Hüfte. „Das Knie haben wir irgendwie ganz gut in den Griff bekommen“, sagt Christina Ackermann. Aber die Hüfte entwickelte sich zu einem echten Problem. „Wenn du nach dem Training nicht mehr richtig geradeaus gehen kannst, dann ist das kein Spaß.“ Die Oberstdorferin hat eine schwere Zeit durchgemacht. Insbesondere in der vergangenen Saison. „An vielen Tagen hatte ich große Schmerzen. Da kommt man dann schnell zu der Einsicht, dass es keinen Sinn macht den eigenen Körper weiter zu quälen.“
Der Entschluss, die Karriere zu beenden, reifte so immer weiter und wurde stets konkreter. Interessant: „Obwohl ich am Start genau wusste, dass dies meine letzte Saison und damit meine letzten Rennen sein würden, war ich überhaupt nicht so locker wie gedacht.“ Dazu fiel dann auch noch das geplante „Finale furioso“ aus – als in Are (Schweden), kurz vor dem letzten Slalom, der Wettbewerb wegen des Coronavirus abgesagt wurde. „Meine Kolleginnen und Freundinnen aus dem Weltcup wollten mich eigentlich noch gebührend verabschieden und hatten einiges geplant. Aber natürlich geht die Gesundheit vor, so traurig es letztlich für mich ist“, sagt Christina Ackermann. Das eigentliche Weltcup-Finale der Alpinen in Cortina (Italien) hatte der internationale Verband Fis bereits zuvor abgesagt.
Christina Ackermann
(geboren am 6. Februar 1990 in Oberstdorf) bestritt unter ihrem Mädchennamen
Geiger
ihr erstes Fis-Rennen im Dezember 2005. Im Jahr 2008 bei der Juniorenweltmeisterschaft im spanischen Formigal erreichte sie als bestes Resultat Rang sieben, zwei Jahre später holte sie bei der JWM in Chamonix (Frankreich) Slalom-Gold. Ihr erstes Weltcuprennen bestritt sie im Dezember 2008, beste Platzierung war
Rang drei im Slalom von Semmering im Dezember 2010
. Ackermann startete bei
drei Olympischen Spielen
(2010 Vancouver, 2014 Sotschi, 2018 Pyeongchang) und
vier Weltmeisterschaften
(2011 Garmisch-Partenkirchen, 2013 Schladming, 2017 St. Moritz, 2019 Are).
Und jetzt? Christina Ackermann lacht. „Ich mache eine Ausbildung im Bereich Sport- und Fitnesstraining, bzw. Personal Training und helfe ein bisschen beim Skiclub Oberstdorf im Nachwuchsbereich. Es wird nicht langweilig.“ Darüber hinaus ist Kontaktpflege angesagt. „So gut es momentan halt geht“, schmunzelt die Ex-Rennläuferin. Heißt: vorwiegend telefonisch. Hauptansprechpartner sind da unter anderem ihre frühere Teamkollegin Nina Perner, mit der sie lange auf einem Zimmer war während der Skisaison. Oder Markus Hirschbiel, ihr Konditionstrainer und Physiotherapeut der vergangenen acht Jahre. „Da war ich häufiger bei ihm in Berchtesgaden als in Oberstdorf. Das wird mir fast ein wenig fehlen.“
Doch ab sofort gibt’s auch im Oberallgäu viel zu tun. Christina Ackermann plant ihre Zukunft. „Ein Haus in Oberstdorf, das wäre ein Traum“, sagt sie. Nachwuchs darf auch nicht fehlen, logisch. Vielleicht der eine oder andere Job als Model, den sie schon während ihrer Karriere ab und zu ausprobierte („ist nicht das primäre Ziel, aber wenn sich was ergibt, warum nicht …“). Und: Die Flitterwochen, für die seit der Hochzeit im Mai 2019 bislang keine Zeit war, stehen an.
Hochzeitsreise fällt Coronavirus zum Opfer
Am 30. März sollte es eigentlich losgehen. „Nach Sansibar und Kapstadt“, verrät Christina Ackermann. Aber natürlich fällt auch diese Reise dem Virus zum Opfer. Heißt also: erstmal weiter ausmisten und aufräumen. Aber in den zwölf Jahren im Weltcup hat sich sicher jede Menge angesammelt, was im Hause Ackermann nun nicht mehr benötigt wird.