Demba Ba war außer sich. Der frühere Bundesliga-Profi diskutierte wütend mit dem Schiedsrichter-Assistenten, der am Dienstagabend im Champions-League-Spiel zwischen Paris Saint-Germain und Istanbul Basaksehir den Co-Trainer der Gäste rassistisch beleidigt haben soll. Wenige Minuten später verließen beide Mannschaften geschlossen aus Protest den Platz - das Spiel wurde beim Stand von 0:0 abgebrochen und soll an diesem Mittwoch (18.55 Uhr) fortgesetzt werden. Ein Skandal in der Königsklasse.
Update, Mittwoch, 12.25 Uhr: Hat sich der rumänische Schiedsrichter-Assistent entschuldigt?
Der unter Rassismusverdacht stehende Schiedsrichter-Assistent Sebastian Coltescu soll sich laut Twitter entschuldigt haben, das berichtete die Deutsche Presse-Agentur am Mittwochvormittag. Nun seien jedoch Zweifel an der Echtheit des Twitter-Accounts aufgekommen, weshalb derzeit nicht klar ist, ob sich der Assistent wirklich entschuldigt hat.
Zuvor hatte der rumänische Fußballverband (FRF) bereits mit Konsequenzen gedroht, sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten. Beim Spiel zwischen Paris Saint-Germain und Istanbul Basaksehir am Dienstag hatten beide Teams das Spielfeld verlassen, nachdem es zu einer angeblichen rassistischen Beleidigung durch den Vierten Offiziellen Coltescu gegen Basaksehirs kamerunischen Assistenztrainer Pierre Webo gekommen war. Nach längeren Diskussionen in den Katakomben wurde die Partie schließlich abgebrochen und für Mittwochabend mit neuen Schiedsrichtern neu angesetzt.
Update, Mittwoch, 10.45 Uhr: Rassismusvorwurf: Rumäniens Fußballverband distanziert sich
Nach den Rassismusvorwürfen gegen den rumänischen Schiedsrichter-Assistenten Sebastian Coltescu hat der rumänische Fußballverband (FRF) mit Konsequenzen gedroht, sollten sich die Anschuldigungen bewahrheiten. "Der Rumänische Fußballverband distanziert sich mit Nachdruck von jeder Aktion oder Erklärung rassistischer oder fremdenfeindlicher Art", hieß es in einer Stellungnahme am Mittwoch. Man habe die Vorgänge bei dem Champions-League-Spiel Paris Saint-Germain gegen Basaksehir zur Kenntnis genommen und warte hierzu auf das Prüfungsergebnis der UEFA.
Wegen einer angeblichen rassistischen Beleidigung durch den Vierten Offiziellen Coltescu gegen Basaksehirs kamerunischen Assistenztrainer Pierre Webo hatten am Dienstagabend sowohl die Istanbuler als auch Gastgeber PSG den Rasen verlassen. Nach längeren Diskussionen in den Katakomben wurde die Partie schließlich abgebrochen und sollte am Mittwochabend mit neuen Schiedsrichtern fortgesetzt werden.
Komplette Schiedsrichter-Team soll ausgetauscht werden
Die Europäische Fußball-Union teilte am späten Dienstagabend mit, dass das komplette Schiedsrichter-Team ausgetauscht werde. Der Beschuldigte, Sebastian Coltescu aus Rumänien, hatte in der Partie, die keine 15 Minuten lief, als Vierter Offizieller fungiert. Der Dachverband kündigte eine "gründliche Untersuchung" an.
Vierter Offizieller soll rassistische Beleidigung benutzt haben
Der Assistenztrainer der Gäste, der frühere kamerunische Nationalspieler Pierre Webo, hatte die Rote Karte gesehen, dabei soll es zu der rassistischen Beleidigung gekommen sein. Dem Vierten Offiziellen wurde vorgeworfen, eine rassistische Formulierung für Schwarze benutzt zu haben, die im Deutschen inzwischen mit dem Begriff "N-Wort" umschrieben wird. Dieser Ausdruck war im leeren Prinzenpark-Stadion während der TV-Übertragung deutlich zu hören.
Frankreichs Sportminister lobt Verhalten der Fußballprofis
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte "die rassistische Aussage gegenüber Pierre Webo" und teilte via Twitter mit: "Wir sind bedingungslos gegen Rassismus und Diskriminierung im Sport und in allen Lebensbereichen." Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu lobte das Verhalten der Profis beider Teams. "Heute Abend haben Sportler, Athleten eine historische Entscheidung getroffen gegenüber einer Einstellung, die sie als inakzeptabel beurteilt haben", schrieb die Ministerin am späten Dienstagabend bei Twitter. Sie warte die Ergebnisse der Untersuchung ab. "Aber ich kann die starke Symbolik ihrer Geste und ihrer Solidarität nur begrüßen."
Ist das "N-Wort" gefallen?
Wie zudem zu hören war, soll das Schiedsrichter-Team aus Rumänien versucht haben, sich damit zu verteidigen, dass der Vierte Offizielle das rumänische Wort für Schwarzer (negru) benutzt habe und nicht das "N-Wort". Warum er das "N-Wort" benutzt habe, fragte Ba aufgebracht Coltescu. Der frühere Hoffenheim-Profi saß auf der Bank von Basaksehir.
"No to Racism - Respect"
Webo, Ba und andere waren anschließend zu hören, wie sie lautstark darauf hinwiesen, dass die Schiedsrichter bei einem weißen Spieler auch nicht "der Weiße" gesagt hätten, um diesen zu identifizieren. Basaksehir twitterte sofort nach dem Vorfall das Logo der UEFA-Kampagne "No to Racism - Respect". In den sozialen Netzwerken bekundeten Tausende ihre Solidarität, auch Vereine aus der Bundesliga positionierten sich gegen Rassismus.
Nagelsmann: "Wir leben in einer bunten Gesellschaft, das ist auch gut so"
RB Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann bekam die Vorfälle im Parallelspiel zunächst nur am Rande mit. Er habe während der Partie gegen Manchester United (3:2) zunächst nur gehört, dass es "um Beleidigungen geht", sagte er. "Das verurteile ich aufs Schärfste. Wir leben in einer bunten Gesellschaft, das ist auch gut so, so etwas sollte nicht passieren, nicht auf dem Fußballplatz und auch sonst nirgendwo." Durch den Sieg sicherte sich RB den Einzug in das Achtelfinale. Auch Paris steht durch die Niederlage von Man United in der K.o.-Runde. Doch sportliche Ergebnisse wurden zur Nebensache.
Hitzige Debatten am Spielfeldrand
Am Spielfeldrand in Paris kam es zu hitzigen Debatten, die PSG-Stars Kylian Mbappé und Neymar standen lange dicht beim Geschehen. Auf TV-Bildern war zu sehen, wie Mbappé auch sprach. Der Brasilianer Neymar hatte zuletzt Mitte September im Liga-Spiel gegen Olympique Marseille seinem Gegenspieler Rassismus vorgeworfen.
Nachdem die Gäste-Mannschaft aus der Türkei in die Kabinen gegangen war, folgte auch wenige Sekunden später das Team des deutschen Trainers Thomas Tuchel. Mbappé schrieb in den sozialen Netzwerken: "Say no to Racism. M. Webo we are with you" (Wir sind bei dir).
Bisherige Rassismus-Vorfälle im Fußball
Die Profis von Basaksehir Istanbul gingen nach dem Rassismus-Vorfall im Champions-League-Duell mit Paris Saint-Germain geschlossen vom Feld. Der französische Meister folgte Sekunden später. Die Solidarität der Spieler war sofort groß - so wie mit Kevin-Prince Boateng, als er vor bald acht Jahren den AC Mailand vom Feld führte. Ein Rückblick auf rassistische Vorfälle im Fußball.
November 2004: Beim Länderspiel England gegen Spanien in Madrid werden die schwarzen Fußballer im Team der Briten um Ashley Cole vom Publikum systematisch ausgebuht und mit Affengeschrei verhöhnt. Vorausgegangen war eine rassistische Aussage des spanischen Trainers Luis Aragonés über den damaligen Stürmer des FC Arsenal, den Franzosen Thierry Henry, aus dem sich ein Streit zwischen der britischen Presse und dem Nationaltrainer entwickelte.
Februar 2006: Im Trikot des FC Barcelona wird Stürmer Samuel Eto'o bei Real Saragossa von Zuschauern mit rassistischen Rufen beleidigt. "Ich spiele nicht weiter", sagte er und strebte festen Schritts dem Ausgang entgegen. Nach langer Diskussion ließ sich der Kameruner aber von Mitspielern zum Weitermachen überreden.
Januar 2013: Nach 26 Minuten im Testspiel des AC Mailand gegen Pro Patria reichte es Kevin-Prince Boateng. Der gebürtige Berliner, damals Nationalspieler Ghanas, führte sein Team vom Feld, weil er und seine dunkelhäutigen Teamkollegen wiederholt von gegnerischen Fans rassistisch verhöhnt worden waren. "Schon nach fünf Minuten gab es Affengeräusche auf der Tribüne, wenn ich am Ball war", sagte Boateng. Das Spiel wurde abgebrochen. Für die konsequente Reaktion bekamen der Bruder von Jérôme Boateng und sein Team viel Anerkennung.
Mai 2013: Beim Duell der AS Rom gegen den AC Mailand beleidigen die Heimfans die dunkelhäutigen Milan-Profis Mario Balotelli und Kevin-Prince Boateng mit rassistischen Sprechchören. Das Spiel wird unterbrochen, über die milde Geldstrafe von 50 000 Euro für die Römer diskutieren Italien und der internationale Fußball danach tagelang.
Oktober 2013: Manchester City spielt in der Champions League bei ZSKA Moskau. Wegen rassistischer Rufe von den Rängen beschwert sich City-Kapitän Yaya Touré bei Schiedsrichter Ovidiu Hategan. Weil der Unparteiische das aber nur in seinen Spielbericht aufnimmt, aber nicht mit einem Abbruch der Partie droht, hagelt es Kritik. ZSKA muss im nächsten Heimspiel gegen den FC Bayern München auf einen Teil der Zuschauer verzichten.
Oktober 2019: Im englischen FA Cup verlassen Torwart Douglas Pajetat und Teamkollege Coby Rowe nach einer Stunde den Rasen. Die Spieler von Haringey Borough waren zuvor von Fans des Gegners Yeovil Town rassistisch beleidigt worden. Die Partie wird abgebrochen, zehn Tage später gewinnt Yeovil das Wiederholungsspiel.
Oktober 2019: Das EM-Qualifikationsspiel Englands gegen Bulgarien wird in der ersten Halbzeit zweimal wegen rassistischer Äußerungen bulgarischer Fans unterbrochen. Der Schiedsrichter warnte über den Stadionsprecher vor dem Abbruch der Partie. Englische Spieler hatten bereits vor der Begegnung gedroht, den Rasen in Sofia bei rassistischen Vorfällen gegen einen Spieler zu verlassen. Das taten sie allerdings nicht und gewannen 6:0.
November 2019: Der damals 31 Jahre alte Brasilianer Taison von Schachtjor Donezk wird im Duell mit Dynamo Kiew von Zuschauern beleidigt. Er zeigt den Fans den Mittelfinger und schießt den Ball in Richtung Tribüne. Dafür wurde er mit Rot bestraft und verließ unter Tränen das Spielfeld. Im Anschluss ermittelte die Polizei gegen die Zuschauer.
November 2019: Fans von Hellas Verona beleidigen Stürmer Mario Balotelli beim Gastspiel mit Brescia Calcio mehrfach mit Affenlauten und rassistischen Rufen. In der 54. Minute stoppt Balotelli während eines Angriffs den Ball, nimmt ihn in die Hände und schießt ihn in Richtung eines Fanblocks der Gastgeber. Anschließend will er den Platz verlassen, Mitspieler und Gegner überreden ihn aber, weiterzuspielen.
Februar 2020: Nach den Beleidigungen und Affenlauten gegen FC-Porto-Profi Moussa Marega meldete sich sogar der portugiesische Ministerpräsident António Costa zu Wort. Marega verließ im Februar wenige Minuten nach seinem Siegtor zum 2:1 (60. Minute) gegen Vitoria Guimarães wütend das Spielfeld, weil Fans ihn beleidigt und Affengeräusche gemacht hatten. Der Fußball-Nationalspieler aus Mali ließ sich weder von seinen Teamkollegen noch von Trainer Sérgio Conceição oder Profis des Gegners von seinem Vorhaben abbringen - die später dafür kritisiert wurden, sich nicht angeschlossen zu haben.
Februar 2020: Im DFB-Pokalspiel des FC Schalke 04 gegen Hertha BSC beleidigen Schalke-Fans Hertha-Profi Jordan Torunarigha mit Affenlauten. Die Polizei nahm Ermittlungen auf. Der 22 Jahre alte Torunarigha selbst stellte eine Strafanzeige gegen Unbekannt. Schalke bekommt eine Geldstrafe von 50 000 Euro.
November 2020: Youssoufa Moukoko wird im A-Jugend-Duell zwischen Borussia Dortmund und dem FC Schalke 04 massiv beschimpft und rassistisch beleidigt. Schalke bekommt eine Geldstrafe und muss die Anzahl der Ordner für Junioren-Spiele gegen Dortmund erhöhen.