Diese Bilder gingen Joachim Saukel am Donnerstag nicht nur einmal durch den Kopf. Mit Corona-Maske stand er am Streckenrand des Kemptener Silvesterlaufs und erinnerte sich gerne zurück an den 31. Dezember 2019. Als vor 366 Tagen der Startschuss gefallen war, hatten sich 2200 Hobbyläufer über die Tartanbahn des Kemptener Illerstadions geschlängelt. Die Ersten hatten sich durch das Marathontor bereits raus auf den Weg gemacht, während die Letzten noch nicht einmal losgelaufen waren. Teilnehmerrekord! Und heuer? Heuer läuft beim traditionellen Jahresabschluss der Sportler aus der Region wegen der Corona-Pandemie alles ein bisschen anders. Schon vor dem letzten Tag des Jahres waren über 1000 Läuferinnen und Läufer auf den ausgewiesenen Strecken über fünf und zehn Kilometer unterwegs. 13 Tage lang ist Zeit dafür. Noch bis zum 6. Januar.
Am Seggersbogen klingen für die Läuferinnen und Läufer die Kuhschellen
„Die Resonanz ist super. Dieses Wettbewerbsformat wird toll angenommen“, sagt Organisator Saukel. Jeden Tag hat er bislang am Start- und Ziel-Bereich im Illerstadion vorbeigeschaut, jede Menge bekannte Gesichter getroffen. Doch für viele bleibt Tradition einfach Tradition. Auch in den etwas anderen Zeiten von Covid-19. Am Mittag des Silvestertags herrschte auf der Strecke entlang der Iller richtig viel Betrieb. Gegenverkehr. Am Seggersbogen gab es zeitweise von Spaziergängern aufmunterndes Klingeln der Kuhschellen. Im Stadion standen die Sportler mitunter sogar Schlange am Start, um die geforderten Regeln einhalten und mit genügend Abstand auf die Strecke gehen zu können. Einzelne Läufer, Familien, Sportgruppen, Paare. Saukel meinte: „Es war schon klar, dass an diesem Tag mehr los sein wird als sonst.“

Insgesamt waren schon mehr als 1300 Läuferinnen und Läufer unterwegs
Über 300 Hobbyläufer wurden bis zum Abend gezählt, insgesamt sind demnach bereits mehr als 1300 unterwegs gewesen. So wie Patricia Schöttl. Die 35-Jährige hatte vor einem Jahr als Zuschauerin beim Silvesterlauf den Vorsatz gefasst: „Nächstes Jahr bin ich selbst dabei.“ Und sie setzte das in die Tat um, besuchte im Frühjahr einen Laufkurs bei Saukel und startete am letzten Tag des Jahres durch. Angefeuert von den beiden Kindern, kam sie nach etwas mehr als 33 Minuten ins Ziel – und sagte strahlend: „Ich wollte unbedingt unter 35 Minuten bleiben. Das habe ich geschafft. Nächstes Jahr knacke ich dann die 30 Minuten.“
Top-Athleten wie Kevin Key aus Betzigau vermissen die Atmosphäre
Saukel glaubt, dass diese Form des Silvesterlaufs noch mehr Hobbyläufer mobilisiert. Denn er sagt: „Es gibt Leute, die sich vor großer Zuschauerkulisse nicht auf die Strecke trauen. Denen kommt das in diesem Jahr natürlich entgegen.“ Anderer wiederum vermissen genau das: die Atmosphäre im Illerstadion, die lauten Menschenmengen am Straßenrand. Kevin Key zum Beispiel. Der 28-Jährige aus Betzigau, der für das ambitionierte Team der LG Telis Finanz Regensburg läuft, war auch 2020 dabei – bereits einen Tag vor Silvester. Nach seinem Lauf meinte er: „Es gibt um diese Zeit des Jahres einfach keine Alternative zu Kempten. Heuer war es halt eher ein Trainingslauf. Aber auch das muss man erst einmal meistern. Man muss über sich selbst hinauswachsen.“ Key ist das ganz gut gelungen. Mit 30:43 Minuten legte der 28-Jährige eine Zehn-Kilometer-Bestzeit hin, die wohl nur noch schwer zu knacken sein wird. Er sagte: „Ein solches Solo-Rennen ist immer schwer einzuschätzen. Ich bin recht zügig durchgelaufen. Aber man kann sich bei diesem Wettkampf-Format nie sicher sein, ob es am Ende auch reicht.“
Das sind die Bestzeiten der bislang schnellsten Läuferinnen und Läufer
Spätestens am 6. Januar wird er wissen. Dann ist der Silvesterlauf zu Ende. Bis dahin stehen auch die weiteren Bestmarken auf dem Prüfstand: Bei den Frauen über zehn Kilometer führt Corinna Harrer von Saukels Team B-Faster mit 36:58 Minuten. Über fünf Kilometer liegen derzeit René Höchenberger (Endless Local Running Team) und Johannes Hillebrand (Allgäu Outlet Raceteam) mit jeweils 15:45 Minuten vorn, bei den Frauen war auf dieser Distanz bislang Charlotte Heim (Allgäu Outlet Raceteam) mit 18:04 Minuten die Schnellste.