Neues Leben: Jan Benda lacht. "Ich verbringe jetzt mehr Zeit in der Eishalle, als zu meiner Zeit als Spieler." Bei den Memminger Indians ist der 46-Jährige als Nachwuchskoordinator und Co-Trainer der 1. Mannschaft vielbeschäftigt. An diesem Wochenende startet für den ECDC die neue Oberliga-Saison. Benda betreut die Verteidiger des Teams, will seine Routine und Erfahrung aus über 40 Jahren Eishockey an die jungen Cracks weitergeben. Schon in der vergangenen Saison schlüpfte er immer wieder in die Rolle des Co-Trainers, nachdem sich abzeichnete, dass sein Körper nicht mehr mitmacht.

Das Ende: Ein Kniecheck beim Auswärtsspiel in Pegnitz im Januar 2017 hatte sein Innenband nachhaltig beschädigt. In der Saison 2017/18 konnte er gerade noch knapp die Hälfte der Spiele machen. "Nichts gegen Pegnitz – aber es ist schade, dass es ausgerechnet bei so einem Freiluftspiel passiert ist", sagt er. Bitterkeit hege er dennoch keine – mit 46 Jahren war die Zeit einfach gekommen. "Ich habe drei Kinder. Denen will ich mit dem Fahrrad noch hinterherkommen", sagt der Familienvater.
Der Karriere-Höhepunkt: Im Alter von drei Jahren hatte der Sohn eines Eishockeyprofis mit dem Spielen begonnen. Mit acht flog er zum ersten Mal alleine (!) für mehrere Monate in ein Trainingscamp nach Kanada. Die Eisarenen dieser Welt wurden früh seine Bühne. So war es als junger Bursche, als er im Maple Leafs Garden von Toronto 1997 sein Karriere-Highlight erlebte. Wenige Stunden zuvor hatte er beim aktuellen Stanley-Cup-Sieger Washington Capitals einen NHL-Vertrag unterschrieben. Sein Traum von einer Karriere in der besten und härtesten Eishockeyliga der Welt war zum Greifen nahe. "Abends spielten wir mit den Caps gegen Toronto. Ich sammelte nach dem Vormittagstraining die Pucks ein, sah in die Ränge, in denen ich früher als Zuschauer saß, und bekam eine Gänsehaut."
Neun Spiele absolvierte er für die Capitals (3 Assists), ehe er zurück zum Farmteam geschickt wurde. Ein Rückschlag, doch danach zog es ihn hinaus in die weite Welt.

Die irrsten Momente: Benda spielte während seiner Karriere außer in Deutschland und Nordamerika in der finnischen, russischen und tschechischen Topliga. Er reiste um die Erde, lernte fremde Kulturen kennen, spricht heute fünf Sprachen und erlebte bizarre, unvergessliche Momente. "Ich spielte drei Jahre lang für Ak Bars Kasan und schoss einmal das entscheidende Tor zum Finaleinzug. Kasan ist Hauptstadt der Republik Tatarstan. Der Präsident ließ mich zur Belohnung in einem U-Boot in der Kasanka, einem Nebenfluss der Wolga, mitfahren."
In Russland erlebte er den Gegensatz von Armut und enormem Reichtum und wurde zu einem Volkshelden in Kasan. "Einmal kam ich von einem Länderspiel in Deutschland zurück. Am Moskauer Flughafen musste ich umsteigen, aber der Flieger war eigentlich schon weg. Ich rannte zum Gate und sagte meinen Namen. Im Flugzeug saß auch der Präsident. Als er hörte, dass ich noch mit will, ließ er die Maschine auf der Startbahn wenden und mich abholen. Ich lief mit hochrotem Kopf an den anderen Passagieren vorbei", erzählt er lachend.
Die Rückkehr: Erst 2011 zog es den Weltenbummler nach Deutschland zurück. Über Nürnberg, München, Dresden und Deggendorf landete er 2015 in Memmingen. "In Deutschland musste ich mich erst wieder dran gewöhnen, dass Eishockey noch immer ein Schattendasein führt. In Prag erkennen mich die Leute auf der Straße. Dort sind Eishockeyspieler das, was Fußballspieler hierzulande sind." In der tschechischen Hauptstadt leben seine beiden Kinder aus erster Ehe: Sandra (18) und Jan Jr. (11), der im Nachwuchs von Slavia Prag dem Puck nachjagt. Papa Jan ist dagegen mit Freundin Martha und dem gemeinsamen Töchterchen Gloria im Memminger Ortsteil Eisenburg heimisch geworden.

Seine Pläne: "Unsere Tochter wird im November vier Jahre alt. Das Allgäu ist der perfekte Platz, um sie aufwachsen zu sehen. Hier ist es sicher und traumhaft schön." In Memmingen hat sich Benda mit seiner Firma JB Sportsmanagement ein zweites Standbein aufgebaut. In dem Unternehmen verkauft er mit einem Geschäftspartner Videowalls an Vereine aus der Region, unterstützt sie bei der Sponsorenbetreuung für die Tafel. Nach Jahrzehnten des Reisens scheint der Weltenbummler sesshaft geworden zu sein. Vorerst? "Wir haben schon vor, hier zu bleiben. Momentan ist alles gut, wie es ist. Ich habe jede Menge Aufgaben beim ECDC, an denen ich wachsen will." Und wenn ein höherklassiges Angebot kommt? Benda überlegt: "Sag niemals nie. Ich muss jetzt meine ersten Schritte als Trainer machen, dann sehen wir weiter."
Eine Karrierestation hat in seinem Herzem einen besonderen Platz: der deutsche Eishockeybund (DEB) und seine Nationalmannschaften. "Ich habe zwölf Jahre für Deutschland gespielt, war stolz, die Kapitänsbinde zu tragen. Der DEB ist die Konstante in meinem Leben. Wenn ich zur Nationalmannschaft gereist bin, fühlte es sich immer an wie nach Hause zu kommen." Irgendwann könnten weitere deutsche Talente von Bendas geballter Erfahrung aus 40 Jahren Eishockey profitieren.