Wer hätte nicht gern eine solche Großmama: 25 Jahre jung, attraktiv, sportlich! „Ich fahre seit zehn Jahren Telemark-Weltcuprennen, bin im Team die älteste Athletin, die Oma“, sagt Johanna Holzmann und lacht. Bevor sie überhaupt laufen konnte, stellten ihre Eltern sie auf Ski, sie erlernte im heimischen SC Oberstdorf alpine und langläuferische Grundkenntnisse, fuhr auf regionaler Ebene Skirennen, bevor sie als 15-Jährige ihre Liebe zum Telemarken entdeckte. Seitdem hat sie alles gewonnen, was es zu gewinnen gab, wurde Weltmeisterin und sicherte sich unter anderem drei Kristallkugeln im Gesamt-, Parallel- und Sprintweltcup.
Am Donnerstag findet zum neunten Mal der Telemark-Weltcup am Oberjoch statt
Kein Wunder also, dass Holzmann auch zu den Top-Favoritinnen beim Heim-Weltcup zählt, der von Donnerstag bis Sonntag am Grenzwieslift in Oberjoch – ohne Zuschauer – über die Bühne geht. Holzmann: „Ich bin unendlich dankbar, dass wir jetzt die Möglichkeit haben, uns bei Weltcups zu messen, und all das Training sich bezahlt macht.“ Bereits zum neunten Mal nach 2004, 2007, 2011, 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019 treffen sich am Oberjoch die Top-Stars der Szene. Am Donnerstag und Freitag steht für Frauen und Männer jeweils ein Sprint auf dem Programm, am Samstag und Sonntag folgen die Parallel-Sprints. Zusätzlich sollen am Montag, 25. Januar, noch zwei Classic-Rennen über die Bühne gehen, da die Weltcups in Slowenien abgesagt wurden.
Wie sieht ein Telemark-Wettkampf aus?
Ein Wettbewerb beim Telemarken besteht aus mehreren Elementen: Riesenslalom, Sprung, Kreisel und Skatingstrecke. Zunächst müssen die Athleten einen Riesenslalom absolvieren, der von einem Sprung unterbrochen wird. Dabei muss eine Weitenlinie übersprungen werden, sonst gibt es eine Zeitstrafe. Weiter geht es in den Kreisel, eine 360-Grad-Steilwandkurve. Sie reduziert das Tempo der Athleten für die abschließende Skatingstrecke. Strafsekunden gibt es auch für unsauberes Umfahren der Tore.
Das Telemarken mit freier Ferse ohne Sicherheitsbindung gilt als Ursprung des alpinen Skilaufs, war aber lange in der Versenkung verschwunden. Wiederentdeckt wurde es 1971 in den USA und hat sich auch im Allgäu etabliert, was nicht zuletzt die Telemark-Festivals im Kleinwalsertal und die Weltcups am Oberjoch beweisen. Namen wie Martin Hafenmair aus Waltenhofen (Weltmeister im Jahr 2000), Christian Leicht aus Oy-Mittelberg (aktuell Telemarkreferent im Deutschen Skiverband und Organisator des Weltcups am Oberjoch) oder Tobias Müller aus Fischen, vielfacher Weltcupsieger, sind in der Szene bestens bekannt.
Lockdown und Knieverletzungen haben Johanna Holzmann neu motiviert
Und auch Holzmann, die noch lange nicht an einen Rückzug denkt. „Durch den Lockdown im vergangenen März sind alle Frühjahrsrennen ausgefallen. Das und zwei Knieverletzungen, die mir zu schaffen machten, haben mich neu motiviert, noch drei Jahre dranzuhängen. Zudem haben wir uns als Team weiterentwickelt. Als unser Coach Fritz Trojer aus beruflichen Gründen ausgestiegen war, übernahmen Moritz Hamberger aus Leipheim und Anette Schmid aus Fischen die Verantwortung. Moritz ist unser Cheforganisator, und durch die langjährige Trainererfahrung von Anette haben wir einen großen Schritt nach vorne gemacht“, erzählt sie.
Im Unterschied zu Sportsoldatin Holzmann zählt Leonhard Müller (29, Unterjoch) noch zu den „Frischlingen“ im Team. In der wettkampffreien Zeit arbeitet er als Zimmerer. Begonnen hat auch Müller als Alpiner. In die Kunst des Telemarkens hat in Tobi Müller vor fünf Jahren eingeführt, mittlerweile hat er sich in allen drei Disziplinen international etabliert.