Vom Regen in die Traufe: Direkt nach dem Ende der - zumindest politisch umstrittenen - Olympischen Winterspiele in China ist die deutsche Nationalmannschaft der Skicrosser mit den drei Allgäuern Obermaiselstein wohnhaften Daniel Bohnacker (SC Gerhausen) zu den Weltcup-Rennen ins russische Sunny Valley weitergereist. Dort wurden sie von den aktuellen politischen Ereignissen vollkommen überrascht. In Sunny Valley, nahe der Millionenstadt Tscheljabinsk, sollen am Freitag zwei Qualifikationsläufe und am Samstag und Sonntag jeweils ein Frauen- und ein Männerrennen stattfinden. Seit Donnerstagnachmittag steht fest: ohne deutsche Beteiligung.
, Tobias Müller (SC Fischen) und dem inIn Sunny Valley in Russland sollen am Wochenende Weltcup-Rennen im Skicross stattfinden
Heli Herdt, Sportlicher Leiter beim Deutschen Skiverband, koordiniert die Dienstreise seiner Skicrosser von der DSV-Zentrale in Planegg aus und beruhigt: „Von den kriegerischen Auseinandersetzungen an der russisch-ukrainischen Grenze sind die Sportler etwa 1700 Kilometer weit entfernt, und damit fast genauso weit weg wie wir in Deutschland.“ Eine unmittelbare Gefahr bestehe derzeit nicht. Gleichwohl wisse er um die politische Brisanz.
Herdt wollte mit den Athleten sprechen und ein Meinungsbild einholen. „Vermutlich sagen die: Wir sind Ski-Rennfahrer und fahren jetzt erst einmal unsere Rennen.“ Wenn die Mehrheit sich aber nicht wohl fühle und unabhängig von den Rennen so schnell wie möglich heim wolle, „dann werden wir alle Hebel in Bewegung setzen, um die Sportler nach Hause zu bringen“, so Herdt. Der frühestmögliche reguläre Rückflug, hat Herdt bereits ermittelt, sei am Samstag. „Vorher kriegen wir den ganzen Tross da eh nicht weg.“ Herdt weiß aus langjähriger Erfahrung: „Es gibt Sportarten in der Fis, die sind extrem abhängig von Russland. Vor allem im Freestyle-Sport wären manche Disziplinen ohne Russland nicht mehr existent.“
Internationaler Skiverband und Deutscher Skiverband sind im Gespräch mit dem Auswärtigen Amt
Noch bevor Herdt sich an einem weiteren Meeting mit dem Generalsekretär und den Renndirektoren des Internationalen Skiverbandes beteiligte, trafen seine Chefs in der DSV-Zentrale eine Entscheidung: Nach Rücksprache mit dem Deutschen Olympischen Sportbund und dem Auswärtigen Amt würden DSV-Sportler und Sportlerinnen bis auf Weiteres nicht mehr an internationalen Wettbewerben in Russland und der Ukraine teilnehmen. „Die acht nominierten Skicrosser werden wir so schnell wie möglich nach Deutschland zurück holen“, sagte DSV-Vorstandsmitglied Stefan Schwarzbach aus Leiterberg bei Betzigau. Man sei sich der Verantwortung gegenüber den Athletinnen und Athleten bewusst.
Allgäuer Athlet Tobias Müller: "Im Endeffekt liegt die Entscheidung nicht bei uns"
Tobias Müller aus Fischen hatte sich vor der Entscheidung recht verhalten geäußert. Via WhatsApp teilte er mit: „Ich würde mich gerne raushalten aus der Diskussion. Im Endeffekt liegt die Entscheidung nicht bei uns, was wir jetzt machen.“ Er wolle sich voll auf das Training und die Qualifikationsrennen konzentrieren. Nach der Absage des DSV sei man nun froh, möglichst bald wieder zuhause im Allgäu zu sein.
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