Jammern über Corona und die damit verbundenen Einschränkungen ist nicht die Sache von Anne Fühner. Die 25-jährige Profi-Fußballerin aus Wildpoldsried, die seit acht Jahren beim Bundesligisten TSG Hoffenheim spielt und geraden einen neuen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben hat, hat im Alltag sogar einige Vorteil erkannt, die die Pandemie-Verordnungen mit sich gebracht haben. Zum Ende der vergangenen Saison seien die Erstliga-Spielerinnen ständig getestet worden („Ich hatte immer die Gewissheit, dass ich gesund bin“), auf der Sportanlage der TSG sei es nach dem Betretungsverbot von Jugend-Mannschaften und Eltern extrem ruhig gewesen („Wir waren auf vier Kabinen verteilt und hatten richtig viel Platz“) und selbst der Heimaturlaub im Allgäu sei wegen Corona diesmal deutlicher erholsamer gewesen („Normalerweise klappere ich in der kurzen Zeit immer Familie und Freunde ab. Diesmal hab’ ich mich ein bisschen mehr erholt.“) Und dass Fußballspiele (noch) ohne Publikum stattfinden, sei für die Frauen auch gar nicht so ungewöhnlich. („Wenn wir in Leverkusen spielen, stehen da normal auch nur zehn Leute rum“).
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Fühner verbrachte ihren Urlaub im Allgäu
Anne Fühner hat sich also arrangiert mit den aktuellen Begebenheiten. Seit Anfang August ist sie wieder im Trainingsbetrieb. Davor verbrachte sie ihren fast vierwöchigen Urlaub im Allgäu. Wanderte viel und fuhr Fahrrad und ließ es sich bei Mama und Papa zuhause gutgehen. Ein paar Tage war sie mit Freund Sebastian (27), mit dem sie seit drei Jahren zusammen ist und in Malsch bei St. Leon-Rot in einer Wohnung lebt, auch in Südtirol. Sie mied wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr das Bummeln in Städten und suchte stattdessen in der Abgeschiedenheit von Sankt Leonhard das Naturerlebnis. „Wir sind viel in Bergen gelaufen und haben uns auch mal ein E-Bike ausgeliehen“, erzählt Fühner. Die Akkus wieder voll aufladen, war das Hauptziel der 25-jährigen.


Warum Fühners Mannschaft so erfolgreich war
Schließlich ist Anne Fühner, die 2012 zu Kemptens Sportlerin des Jahres gewählt wur-de, topmotiviert, ihre vielleicht erfolgreichste Saison in der kommenden Spielzeit vielleicht sogar noch zu toppen. „Seit ich in Hoffenheim bin“, blickt sie zufrieden zurück, „haben wir glaub noch nie so gut Fußball gespielt.“ Den Grund sieht sie darin, dass der Kern des TSG-Frauen-Teams seit vielen Jahren zusammen ist und „jeder für sich und die Mannschaft unheimlich hart gekämpft“ habe. Das Trainerteam habe immer an Kleinigkeiten gefeilt – das habe sich nun ausgezahlt. Auch mental sie die Mannschaft gereift: „Früher haben wir eher mäßige Spiele immer verloren, jetzt gewinnen wir sie.“ Eines der Schlüsselspiele in der vergangenen Saison sei die Partie gegen den Titelanwärter und späteren Vizemeister FC Bayern München gewesen. Ein Eigentor der Bayern hätte zur 1:0-Führung verholfen. „Wir haben das über die Zeit gerettet – und erstmals gemerkt, dass wir auch die Großen schlagen können.“ Am Saisonende wurden Fühner und ihr Team hinter Meister VfL Wolfsburg und Vize-Meister FC Bayern München zwar nur Dritter, aber leistungsmäßig sei die Lücke zu den beiden Branchen-Riesen kleiner geworden.
Welche Ziele die 25-Jährige für kommende Saison hat
Die Erwartungen für die kommende Saison, die am 6. September mit dem Auswärtsspiel bei Turbine Potsdam beginnen soll, schraubt Fühner nach unten: „Wir sollten uns auf keinen Fall den Druck machen, wieder Dritter oder gar Zweiter zu werden. Sondern von Spiel zu Spiel schauen und an die letzte Saison anknüpfen.“ Die Wiederholung des Vorjahres-Platzes wäre schon ein riesiger Erfolg, schließlich bekommt die international hoch angesehene deutsche Liga ab der Saison 2021/22 einen weiteren Startplatz für die Champions-League. Als Dritter würden Fühner und die TSG-Frauen dann erstmals auf europäischer Ebene spielen. „Das wäre schon sehr reizvoll“, sagt die 25-Jährige, deren Ziele sonst eher bescheiden sind. „Ich möchte mich im Passspiel weiter verbessern“, sagt sie, „und mir einen Stammplatz erkämpfen.“ Zwar habe sie zuletzt 16 Saisonspiele bestritten und sei sehr zufrieden mit ihren Einsatzzeiten. Dennoch dürfe es in der kommenden Saison gerne ein bisschen mehr werden. Und durch den Wechsel von TSG-Kapitänin Leonie Pankratz in die erste französische Liga nach Montpellier würden sich ohnehin neue Chancen ergeben. Ob das Ausland wie bei Pankratz oder Melanie Leupolz (die Ratzenriederin wechselt wie mehrfach berichtet zu Chelsea London) auch für Fühner infrage kommen würde? „Eher nicht. Da müsste ich schon genau überlegen. Schließlich sei sie mit ihrem Freund ja schon fest im Kraichgau verwurzelt. Und die deutsche Nationalmannschaft? „Ganz abgefahren ist der Zug zur DFB-Auswahl glaub’ nie“, sagt Fühner und wagt auf Nachfrage des Reporters davon zu träumen: „Klar, wenn ich als Stammspielerin konstant gute Spiele mache und das Glück habe, dass genau auf meiner Position ein Platz frei wird, dann kann es schon klappen.“ Momentan sei eine Rückkehr in ein deutsches Auswahlteam (zwischen April 2010 und Dezember 2011 bestritt sie für die U15, U16 und U17 des DFB sieben Länderspiele) aber schon noch ein ganzes Stück weg.
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Fühner: "Freue mich auf neue Impulse und frischen Wind"
Erst sollen zu ihren 78 Erstliga-Spielen noch möglichst viele dazukommen. Dazu muss sich Fühner dem neuen TSG-Trainer Gabor Gallai empfehlen, der bisher Co-Trainer war und Jürgen Ehrmann ablöst. Ehrmann hatte die TSG zwölf Jahre lang betreut und ist ab sofort Sportlicher Leiter. Auch das sieht Fühner positiv: „Ich habe unter Jürgen Ehrmann viel gelernt, aber ich freue mich nach so vielen Jahren jetzt auf neue Impulse und frischen Wind.“ Mit Gallai verstehe sie sich sehr gut. „Ich komm’ gut mit ihm klar“, sagt Fühner – und zweifelt doch kurz: „Mal schauen, wie er sich so als neuer Chef gibt.“