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Weshalb Hamza ein Zeichen gegen Erdogan setzt

Extremschwimmer aus SF

Weshalb Hamza ein Zeichen gegen Erdogan setzt

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    Hamza Bakircioglu hat den Bodensee der Länge nach durchschwommen.
    Hamza Bakircioglu hat den Bodensee der Länge nach durchschwommen. Foto: Carina Halder, www.bodenseequerung.de

    Hamza, bei der Weltmeisterschaft im Eisschwimmen vor kurzem in Burghausen hast Du eine Flagge mit dem Porträt von Mustafa Kemal Atatürk hochgehalten. Der Staatsgründer der heutigen Türkei trat für eine Trennung von Religion und Staat ein. Was wolltest Du damit bezwecken?

    Hamza: Ich wollte ein klares Zeichen setzen. Viele mutige Menschen verteidigen Meinungsfreiheit, Demokratie und die Gleichstellung von Mann und Frau in der Türkei. Für diese Menschen ist Atatürk ein Symbol.

    Du hast ein Foto von der Aktion in Burghausen auf Facebook gepostet. Wie waren die Reaktionen?

    Hamza: Überraschend positiv. Viele Türken und Deutsche haben mich bestärkt. Was in der Türkei passiert, besorgt viele Menschen. Aber es gab natürlich auch kritische Stimmen. Unterm Strich glaube ich, dass es in diesen schwierigen Zeiten besser ist, das direkte Gespräch zu suchen, als über soziale Netzwerke zu kommunizieren. Da ist oft so viel Hass im Spiel. Im Vier-Augen-Gespräch dagegen kann man mehr bewirken. Wichtig ist, dass sich Gegner und Befürworter zuhören. Eine weitere Spaltung der Türkei darf es nicht geben!

    Auch die Deutschen sind empört: Erdogan hat Deutschland vor Kurzem Nazi-Methoden unterstellt...

    Hamza: Die Aussagen sind haltlos. Deutschland hat eine der besten Demokratien der Welt. Ich fühle mich übrigens auch als Türke hier kein bisschen benachteiligt. Im Gegenteil: Ich bin Deutschland dankbar, dass ich hier in Freiheit leben kann. Um die Türkei mache ich mir dagegen große Sorgen: die Versammlungsfreiheit wird eingeschränkt, Journalisten inhaftiert, Angst geschürt. Das ist brandgefährlich.

    AKP-Politiker wollen in diesen Tagen in Deutschland auftreten und für Erdogans Politik werben. Er will bei der Volksabstimmung am 16. April über eine Verfassungsänderung abstimmen lassen, bei der u.a. die Rechte des Staatspräsidenten gestärkt werden sollen. Soll man die Auftritte zulassen?

    Hamza: Ich persönlich würde mir zwar ein Verbot wünschen. Aber es passt nicht zu unseren Gesetzen in Deutschland: Wir leben in einer Demokratie, zu der auch die Versammlungsfreiheit gehört. Genau das unterscheidet uns ja zum Glück von der momentanen Situation in der Türkei.

    Bei früheren Auftritten von türkischen AKP-Politikern in Deutschland waren fahnenschwenkende Menschenmassen zu sehen. Ist das repräsentativ für die Türken in Deutschland?

    Hamza: Sicher nicht. 2015 haben zwar bei der Neuwahl zum Parlament in der Türkei knapp 60 Prozent der türkischen Wähler in Deutschland AKP gewählt. Aber doch keine 100 Prozent! Ich denke, wir Erdogan-Gegner müssen besser auf uns aufmerksam machen. In der Türkei gibt es positive Signale. Viele AKP-Gegner ziehen durch Städte und Dörfer, um die Menschen aufzuklären. Noch ist nicht alles verloren.

    Deine Eltern sind vor vielen Jahren als Gastarbeiter ins Allgäu gekommen. Du hast Deine Jugend in unserer Region verbacht. Dennoch hast Du Dich mit 18 für die türkische Staatsangehörigeit entschieden. Warum?

    Hamza: Mir war die Staatsangehörigkeit damals egal. Für die deutsche hätte ich einige Formulare ausfüllen müssen, das war mir als junger Mann wohl zu viel (lacht). Heute sehe ich es positiv: Meine Stimme zählt, wenn in der Türkei gewählt wird.

    Ein Video zu Hamzas Bodenseequerung findest Du hier:

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