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Wie ein Immenstädter vor 70 Jahren das Skispringen revolutionierte

Wintersportler Toni Rist

Wie ein Immenstädter vor 70 Jahren das Skispringen revolutionierte

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    Nicht ganz freiwillig erfand Toni Rist den V-Stil beim Skispringen. Diesen nutzen Athleten noch heute! An der Naturschanze in Immenstadt (Bild: etwa 1950) konnte er mit seinem Stil allerdings keine Erfolge einfahren.
    Nicht ganz freiwillig erfand Toni Rist den V-Stil beim Skispringen. Diesen nutzen Athleten noch heute! An der Naturschanze in Immenstadt (Bild: etwa 1950) konnte er mit seinem Stil allerdings keine Erfolge einfahren. Foto: Rist/Zeller/Eckel

    Wenn sich die weltbesten Skispringer am Wochenende beim Auftaktspringen der Vierschanzentournee in Oberstdorf wieder in die Tiefe stürzen, landen sie jenseits der 130-Meter-Marke auch deshalb, weil sie im V-Stil unterwegs sind und durch das Luftpolster unter dem Körper aufgrund der gespreitzten Skiführung weit nach unten segeln.

    Doch als heimlicher Erfinder des V-Stils gilt unter Insidern der Immenstädter Toni Rist, der in den 1950er-Jahren aktiv war. Doch damals wurde Rists revolutionäre Haltung von den Punktrichtern mit Abzügen bestraft. Er sprang während seiner aktiven Zeit auch auf der Naturschanze am Mittag in Immenstadt, die nach dem Krieg gebaut und durch einen Erdrutsch 1965 zerstört wurde.

    Auf Deutschlands damals größter Naturschanze in Immenstadt fand am Dreikönigstag 1950 das Eröffnungsspringen statt. Trotz Dauerregens strömten rund 10 000 Sportbegeisterte zur Schanze. Das Springen gewann der Oberstdorfer Springerkönig Sepp Weiler mit zweimal sicher gestandenen 86 Metern. Toni Brutscher sprang im ersten Wertungsdurchgang mit 87 Metern Schanzenrekord, den erst später Max Bolkart übertrumpfen sollte. Brutscher stürzte im zweiten Wertungsdurchgang des Eröffnungsspringens bei 84 Metern und vergab somit den Tagessieg.

    Für diesen hatte die Firma Riedel Motoren AG Immenstadt eine „Imme“ spendiert, die erst nach Abklärung der damals gültigen Amateursport-Bestimmungen dem Gewinner Sepp Weiler auf dessen Berggasthof Hochleite in Oberstdorf gebracht werden konnte.

    Der Pächter der Gaststätte „Riederalp“ hatte ein Fahrrad für denjenigen gestiftet, der die meisten Arbeitsstunden für die Fertigstellung der Schanze leistete. Mit 82 Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit wurde Toni Rist als fleißigster Helfer ausgezeichnet.

    Rist war ein begeisterter und sehr sportorientierter Skifahrer, der auch die „Goldene Tanne“ vom Iseler zu seinen Auszeichnungen zählen konnte. Nachdem dort aber einige Skifahrer zu Tode gekommen waren, bzw. schwer verletzt wurden, gab es dieses Rennen nicht mehr in der ursprünglichen Form.

    Vor allem aber war Toni Rist Skispringer, der aufgrund seines geringen Gewichtes von 50 Kilogramm und einer Größe von 1,64 Meter heute zu den „deutschen Sprungadlern“ zählen würde. Doch damals, als noch die parallele Skiführung bewertet wurde, konnte Rist bei den Sprungrichtern nicht „landen“. Wie ein Sportarzt erklärte, war eine zu stark ausgeprägte Muskulatur des linken Beines die Ursache dafür, dass seine Skier auseinander scherten. Punktabzüge waren die logische Folge.

    Deshalb könnte Rist heute auf ungewollte Weise zu den Gründervätern des V-Stiles gezählt werden. „Ich habe den Rist Toni persönlich gekannt, und für uns Buben waren natürlich immer die Sprungrichter schuld, wenn der Toni einmal mehr nicht im Spitzenbereich gelandet ist“, sagt Heimatforscher Siegbert Eckel aus Immenstadt. „Mit welcher Begeisterung Rist den Skisprungsport ausgeübt hat, mag daraus ersichtlich sein, dass er wegen knapper Mittel mit dem Fahrrad und untergeschnallten Sprungskiern nach Garmisch geradelt ist, um dort an einem Springen teilzunehmen“, erinnert sich Eckel.

    Fahrrad statt Zug

    Bei einem Treffen mit Springerkollegen wurde Rist darauf aufmerksam gemacht, dass er aufbrechen müsse, weil sein Zug bald gehe. „Ist mir wurscht“, soll Rist gesagt haben. „Mei Zug stoht unte vor dr Dier“, zitiert Eckel den ehemaligen Weitenjäger. Dort stand Rists Fahrrad mit den Sprungskiern.

    Er soll „wie ein Schlosshund geheult haben“, erzählt Eckel, als der Sprunghang der Großen Mittagschanze nach tagelangen Regenfällen im Juni 1965 abgerutscht ist und damit das Ende der Großen Mittagschanze eingeläutet wurde. Toni Rist starb im Juli 2012 im Alter von 90 Jahren.

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