Was folgt, ist eine Geschichte, die schier unglaublich klingt: Paul Breitner, Fußballweltmeister, Europapokalsieger mit dem FC Bayern und ehemaliger Spieler von Real Madrid. Jener Breitner, der vor 40 Jahren als einer der begehrtesten Fußballspieler seiner Zeit galt, soll 1978 vor einem Wechsel zum FC Füssen gestanden haben, der damals recht erfolgreich in der Bezirksliga kickte. Das zumindest berichtete die Bild am Sonntag in ihrer damaligen Ausgabe vom 3. September und sorgte so für großes Aufsehen im Königswinkel.
Der Hintergrund war durchaus real. Der damalige FCF-Vorsitzende Werner Stanner, seines Zeichens Wildgroßhändler und Millionär, hatte eine Idee: Er wollte Breitner in der Amateurstatus zurückversetzen lassen, um so keine Ablöse an den FC Bayern zahlen zu müssen. Mit Alexander Moksel und Rudolf Houdek hätten angeblich zwei weitere Sponsoren bereit gestanden, um Breitner ein Gehalt von 500 000 Mark im Jahr zu bezahlen – trotz seines Status als Amateur.

Im Team wusste niemand davon
Einer, der heute noch von der Aufregung erzählen kann, die seinerzeit nach dem Zeitungsartikel herrschte, ist Roland Gössl. Der 64-Jährige spielte damals in der ersten Mannschaft beim FC Füssen. Vom verwegenen Plan des Vorsitzenden wusste er allerdings vorher nichts: „Alle aus der Mannschaft haben davon aus der Zeitung erfahren und sich verwundert die Augen gerieben“, erzählt Gössl. Und fügt lachend an: „Der ein oder andere hatte schon Angst um seinen Stammplatz.“
An und für sich wäre die Nachricht wohl auch nicht so eingeschlagen, wenn Stanner nicht auf seinen ambitionierten Plan noch eins draufgesetzt hätte: Er wollte Breitner im Hohen Schloss in Füssen einquartieren, für das damals eine neue Nutzung gesucht wurde. Denn das Landgericht war 1978 aus dem mehrere Dutzend Zimmer umfassenden Gebäude ausgezogen. Breitner wurde laut dem Bericht der Bild angeboten, in Füssen Leiter des ersten vereinseigenen Fußball-Leistungszentrums zu werden und als Spielertrainer beim FC mitzukicken. Doch daraus wurde bekanntlich nichts.
Breitner blieb bis 1983 bei Bayern und beendete dort seine Karriere. Wohl auch weil Stanner den Weltstar sofort verpflichten wollte, der aber erst nach Ablauf seines Bundesliga-Vertrags in drei Jahren grundsätzlich bereit gewesen wäre, zu wechseln.
Aber wozu eigentlich das alles? Für den damaligen Spieler Gössl sind die Motive Stanners klar: „Er wollte den FC Füssen überregional noch bekannter machen und natürlich auch sich selbst“, sagt er.
Stanners Herz schlug für Fußball

Wildgroßhändler Stanner belieferte mit seiner Firma „Wasta“ Stars wie Romy Schneider oder Bundespräsident Walter Scheel und war bis zu seinem Tod 2003 mit Gräfin Anna Maria von Pocci verheiratet. Zeitlebens galt dem runden Leder seine Leidenschaft: „In der damaligen Zeit war der EV Füssen in der Bundesliga schon eher auf dem absteigenden Ast und Stanner wollte wohl auch durch die Breitner-Aktion versuchen, davon mit dem FCF zu profitieren“, sagt Gössl. „Wir hatten damals zwischen 300 und 600 Zuschauern in der Bezirksliga, weil wir immer einen der vorderen Plätze belegten.“
Außer ein paar Mark Aufwandsentschädigung bekamen die Spieler zwar kein Geld, zeigten aber trotzdem tollen Sport. Zu einem Vorbereitungsspiel gegen den damaligen Bundesligisten 1860 München, das nur mit 0:1 verloren ging, strömten 3500 Zuschauer ins Weidach. Nach einigen Wochen aber legte sich die Aufregung um den FCF laut Gössl schnell wieder und der Klub kickte weiter in der Bezirksliga.
Der Autor jener Zeilen in der Bild, Markus Hörwick, wurde übrigens nur kurze Zeit später Pressesprecher beim FC Bayern und behielt diesen Posten bis zum Jahr 2016.
Und was sagt Breitner selbst zu der Geschichte? Er lässt über die Pressestelle des FC Bayern ausrichten, dass die Idee bei einer Veranstaltung eher aus dem Spaß heraus entstanden sei. Heute will er von der kuriosen Geschichte nichts mehr wissen. Auch wenn er damals gegenüber dem Füssener Blatt noch betont hatte, sich als Geschäftsmann grundsätzlich alles anhören zu wollen, wenn jemand ernsthaft ein derartiges Projekt vorhabe.