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"Wir sind Eishockey!" Ex-Nationalspielerin Sonja Kullmann und ihre Familie sind heiß auf Eis

ERC Sonthofen

"Wir sind Eishockey!" Ex-Nationalspielerin Sonja Kullmann und ihre Familie sind heiß auf Eis

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    Eishockey im Dreier-Familienpack: Sonja Kullmann (rechts) mit ihren Töchtern Carolina (14) und Julia (7). Ihr Mann Nicki ist Manager des Teams.
    Eishockey im Dreier-Familienpack: Sonja Kullmann (rechts) mit ihren Töchtern Carolina (14) und Julia (7). Ihr Mann Nicki ist Manager des Teams. Foto: Günter Jansen

    Die gepackte Tasche steht noch im Flur. Wir treffen Sonja Kullmann zuhause in Vorderhindelang. Sie kam gerade erst zurück aus Innsbruck von den „Winter World Master Games 2020“, dem größten Wintersportfestival für Hobby- und Amateurteams ab 30 Jahren. Im Rahmen dieser Veranstaltung wird auch ein internationales Eishockey-Amateurturnier ausgetragen. Insgesamt nahmen daran mehr als 3000 Athleten aus über 50 Nationen teil, um unter dem Motto „spirit together“ in zwölf Sportarten um Medaillen zu kämpfen. „So stelle ich mir Olympia vor“, schwärmt die 42-jährige Kapitänin der Landesliga-Frauen beim ERC Sonthofen. Doch der Reihe nach.

    Wie ist es denn gelaufen?

    Sonja: Einfach super! Wir fuhren mit sechs Spielerinnen nach Innsbruck und haben dort mit einer zusammengewürfelten Mannschaft aus fünf verschiedenen Nationen (Deutschland, Österreich, Slowakei, USA und Kanada), wovon alle über 30 Jahre alt waren – die älteste Spielerin war sogar 58 Jahre alt – die Silbermedaille erspielt. Das war völlig unerwartet, weil wir weder die Gegner gekannt haben, noch uns selbst richtig einschätzen konnten. Darüber hinaus bietet das Wintersportfestival mit Olympia-Feeling natürlich auch Gelegenheiten zum geselligen Beisammensein.

    Eine Eishockey-begeisterte Familie: Sonja und ihre Töchter spielen selbst; ihr Mann Nicki sowie ihre Mama Paula unterstützen das Frauen-Eishockey beim ERC Sonthofen.
    Eine Eishockey-begeisterte Familie: Sonja und ihre Töchter spielen selbst; ihr Mann Nicki sowie ihre Mama Paula unterstützen das Frauen-Eishockey beim ERC Sonthofen. Foto: Günter Jansen

    Seit wann spielst Du Eishockey und wie verlief Deine Karriere?

    Sonja: Ich spiele seit ich zehn bin Eishockey. Damals hat mich mein Bruder zum Training mitgenommen. Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich nie mehr davon losgekommen bin. Mit 13 spielte sie zunächst in der Jungsmannschaft des ERC mit, durfte dann aber mit einer Sondergenehmigung in die Frauenmannschaft wechseln und spielte dann sogar schon in der Nationalmannschaft mit. In den Zeitungsberichten wurde ich deshalb scherzhaft „Küken auf dem Eis“ genannt. Von 1993 bis 2002 bestritt ich 122 Länderspiele. Entdeckt und gefördert hat mich in dieser Zeit der Bundestrainer Hanspeter Amend.

    Lief alles immer nur rosig?

    Sonja: Mein schwärzester Tag in meiner Karriere war im Rahmen der Nominierung zur Olympiade 2002. Da war ich bereits seit 10 Jahren gesetzte Spielerin. Meine Leistung war sehr gut. Ich saß schon auf gepackten Koffern. Dann der Schock. Bei der Nominierung wurde mein Name nicht aufgerufen. Eigentlich gab es keinen Grund nicht nominiert zu werden. Das Desaster damals hat mich schwer getroffen. Es nagt auch heute noch manchmal an mir. Einfach deshalb, weil ich nie verstanden habe warum und auch keine adäquate Antwort jemals darauf bekommen habe.

    Dennoch spielst Du bist heute und bist Topscorer in der Eishockey-Damenmannschaft beim ERC Sonthofen...

    Sonja: Gemeinsam mit Silke Zellhuber, Natascha Hindelang oder auch Nadine Sill versuche ich die Mannschaft zu erhalten und neuen Nachwuchs zu generieren. Uns fehlen besonders die Spielerinnen zwischen 20 und 30 Jahren. Bis die ganz jungen so weit sind, dauert es bestimmt noch zwei Jahre. Solange mache ich noch.

    Was muss man denn für diese Sportart an Talent mitbringen?

    Sonja: Man sollte Schlittschuhlaufen können – vorwärts, rückwärts, übersetzen und Spaß am Mannschaftssport haben. Im Damen-Eishockey wird meist „körperlos“ gespielt, das heißt ein Bodycheck findet erst statt, wenn der Puck gespielt worden ist und Körperkontakte sind auch nicht so intensiv wie bei den Männern. Eishockey ist daher von der Verletzungsgefahr her nicht gefährlicher als zum Beispiel Fußball. Bei meinen eigenen Kindern war mir wichtig, dass sie auch Mannschafts-Sportarten betreiben. Carolina (14) spielt mit mir in einer Mannschaft und bei den Jungs in der U15; Julia (7) in der U9. Die Kinder können schon mit drei Jahren mit der Laufschule beginnen. Das „Goldene Lernalter“ bei den Mädchen ist jedoch zwischen 8 und 14 Jahren. Da entscheidet es sich meist, ob man dabeibleibt oder nicht.

    Wieviel muss man denn so an Zeit und Geld investieren? Bei Dir ist ja auch die ganze Familie in den Sport eingebunden?

    Sonja: Ja, also ich trainiere ein- bis zweimal in der Woche auf dem Eis und darüber hinaus macht jeder noch selbst sein individuelles Ausdauer-, Kraft- und Schnelligkeitstraining. Am Anfang kann man vieles auch ausleihen. Aber so 1000 Euro aufwärts muss man schon hinlegen für eine gute Ausrüstung. Die Familie ist fast jedes Wochenende im Einsatz. Entweder es gibt Heim- oder Auswärtsspiele, da ist meist mein Mann Nicki Kullmann als Manager mit dabei. Er hat praktisch diesen Job von meiner Mutter Paula übernommen, die zuvor jahrelang die Frauenmannschaft leitete. Ich selbst bin nicht nur Spielerin, sitze nachmittags an der Kasse im Eisstadion in Sonthofen und habe den Trainerschein, sondern vor zwei Jahren das erste Mal als „Eismeisterin" arbeiten dürfen. Ein Traum ging in Erfüllung, weil die Zamboni (Eismaschine) fahren durfte. Darüber hinaus betreiben mein Mann und ich ein kleines Eventlokal – die „Schäfer-Stuben“ – in Vorderhindelang.

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