Der erste Oberstdorf-Besuch im Februar 1987 kam für Thomas Prenzel eher unerwartet. Bei der Junioren-WM in Asiago (Italien) holte er als 18-Jähriger überraschend Gold für das DDR-Team im Einzelwettbewerb der Nordischen Kombinierer, von dort aus ging es direkt zur Nordischen Ski-WM nach Oberstdorf.
„Eigentlich ging es nur darum, Erfahrung zu sammeln“, sagt Prenzel. 15 Kilometer Langlauf im Einzelwettbewerb hatte der ehemalige Athlet des SC Klingenthal – der auch der Heimatverein von Tourneesieger Sven Hannawald ist – zuvor erst einmal absolviert. „Und auf einmal laufe ich in Oberstdorf hinter dem späteren Team-Olympiasieger von Calgary, Hans-Peter Pohl, auf Platz neun“, erzählt Prenzel.
Thomas Prenzel erinnert sich an die Nordische Ski-WM 1987 in Oberstdorf
An seinen Premierenbesuch im Allgäu hat der heute 52-Jährige gute Erinnerungen. Zusammen mit seinen Teamkollegen Thomas Abratis und Marko Frank kam Prenzel zwei Tage vor der restlichen DDR-Delegation in Oberstdorf an. „Wir wurden im Eisstadion untergebracht und hatten eigentlich eine lockere Zeit“, sagt Prenzel.
Neben den sportlichen Wettkämpfen blieben dem ehemaligen Kombinierer, der seine Karriere früh wegen einer Hüftverletzung im Sommer 1988 nach der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Calgary beenden musste, aber vor allem zwei andere Erlebnisse im Kopf.

Im Eisstadion fand auch die Übertragung des „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF statt. Für die jungen Athleten aus der DDR hätte es sogar dafür zwei Karten gegeben. „Aber wir wollten uns nicht mit unseren Trainingsanzügen in das Publikum setzen“, sagt Prenzel. „Dafür haben wir die Sendung von Moderator Dieter Kürten von einem Gang aus verfolgt.“
DDR-Athleten hinterlassen "bedürftigen Eindruck" in Oberstdorf
Die Tickets für das Sportstudio wurden Prenzel ebenso wie 20 D-Mark auf der Straße angeboten. „Wir haben als DDR-Athleten wohl einen bedürftigen Eindruck hinterlassen“, sagt Prenzel schmunzelnd. „Das Geld habe ich genommen. Ganz speziell waren aber die Adidas-Turnschuhe, die wir uns in Oberstdorf geholt haben.“
Thomas Prenzel berichtet heute als Journalist
Nach seinem Karriereende holte Prenzel sein Abitur nach – und wechselte quasi die Seiten. „Nach dem Volontariat beim Sport-Echo in Berlin bin ich nach der Wende bei der Freien Presse in Chemnitz gelandet“, erzählt der 52-Jährige. Und wegen seiner Kombinierer-Vergangenheit stand bei der beruflichen Karriere auch der Wintersport gleich wieder im Fokus.
Für die Tageszeitung aus Chemnitz berichtete Prenzel von 13 Weltmeisterschaften und drei Olympischen Spielen. Darunter waren auch erneute Besuche in Oberstdorf – wie 2018 bei der Skiflug-WM oder bei der letzten Nordischen Ski-WM im Jahr 2005.
„Wenn ich daran zurückdenke, auch an die grandiose Stimmung, ist es jetzt arg schade, dass keine Fans dabei sind“, sagt der Journalist. „Herrlich war vor allem der Anblick der norwegischen Fans mit ihren Wikinger-Helmen.“ Auch deswegen würde Prenzel eine erneute Austragung der WM in Oberstdorf als Kompensation „absolut unterstützen“.
Prenzel räumt Kombinierer Vinzenz Geiger gut Medaillenchancen ein
Als Kenner der Szene räumt Prenzel bei den Kombinierern vor allem Vinzenz Geiger gute Medaillenchancen ein. „Wenn er beim Springen den Abstand gering hält, ist er ein absoluter Kandidat für die vorderen Plätze“, sagt der Reporter. „Aber die Hauptfrage ist: Was macht Jarl Magnus Riiber?“
Ein besonderes Auge wirft Prenzel auch auf Eric Frenzel, den er seit Jahren kennt. „Eric ist ein wahnsinnig sympathischer Sportsmann, ihm würde ich eine erfolgreiche WM ganz besonders gönnen.“ Schwer einzuschätzen sei der Leistungsstand von Johannes Rydzek. „Da bin ich nicht so nah dran“, sagt Prenzel.
Prenzel traut Langläuferin Henning eine Überraschung zu
Bei den Langläuferinnen traut der 52-Jährige Katharina Hennig durchaus eine Überraschung zu. „Sollte sie eine Medaille holen, wäre das eine Wahnsinnsgeschichte.“ Gespannt ist Prenzel auf die Premiere der Kombiniererinnen bei der Nordischen Ski-WM 2021 in Oberstdorf.
„Toll, dass sie sich hier messen können“, sagt Prenzel. „Es war eine Frage der Zeit. Allerdings stehen sie am Anfang ihrer Entwicklung, im Nachwuchs fehlt noch die Breite.“ Die WM-Premiere der Nordischen Kombiniererinnen sei jedoch ein wichtiger Schritt auf dem Weg, auch Olympischen Status zu erreichen.
Den Medaillenspiegel der Nordischen Ski-WM 2021 in Oberstdorf finden Sie hier.
