Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Zwei Allgäuer Geschwister wollen Segel-Szene aufmischen

Glänzende Aussichten

Zwei Allgäuer Geschwister wollen Segel-Szene aufmischen

    • |
    • |
    Der Alpsee ist ihr Revier: Christin und Julian Hoffmann gehören zu Deutschlands größten Segel-Talenten. Während der Wintermonate ist vom üblicherweise regen Betrieb im Sommer freilich nichts zu sehen. Und doch stecken die Teenager aus Blaichach schon wieder mitten in den Vorbereitungen auf die neue Saison.
    Der Alpsee ist ihr Revier: Christin und Julian Hoffmann gehören zu Deutschlands größten Segel-Talenten. Während der Wintermonate ist vom üblicherweise regen Betrieb im Sommer freilich nichts zu sehen. Und doch stecken die Teenager aus Blaichach schon wieder mitten in den Vorbereitungen auf die neue Saison. Foto: Dominik Berchtold

    Still und starr ruht der See ... Kein Wind, keine Wellen – es ist bitterkalt. Christin und Julian Hoffmann stehen nebeneinander auf der Terrasse des verwaisten Clubhauses, Schulter an Schulter. Den Blick auf ihr Revier gerichtet. Der Alpsee, ihr kleines Reich. Die tief stehende Dezember-Sonne verwandelt den See in einen gigantischen Spiegel. „Ich sehe das Gelände so auch nicht so oft“, sagt die 17-jährige Christin Hoffmann fast ehrfürchtig, als sie sich umdreht und die eingelagerten Boote des Segelclubs Alpsee-Immenstadt mustert. Ihr Bruder Julian (14) indes lässt den See nicht einen Moment aus den Augen. An Weihnachten bietet sich hier ausnahmsweise die Ruhe nach dem Sturm, wenn man so will. Denn die Hoffmann-Geschwister mischen die Segelszene deutschlandweit und mehr und mehr auch international auf.

    „Sie sitzt immer ruhig im Boot. Davon kann ich mir sicher eine Scheibe abschneiden“, lobt Julian Hoffmann seine Schwester Christin.
    „Sie sitzt immer ruhig im Boot. Davon kann ich mir sicher eine Scheibe abschneiden“, lobt Julian Hoffmann seine Schwester Christin. Foto: Marion Hoffmann

    Spätestens seit der abgelaufenen Saison gehören die beiden Blaichacher zur deutschen Elite der Lasersegler im Juniorenbereich. In dieser Segelklasse, der in technischer Hinsicht schlichtesten, segelt Julian den „Laser 4.7“ für Leichtgewichte und seine Schwester den „Laser Radial“ der olympischen Damenklasse. Neben Titeln auf bayerischer und deutscher Ebene schnuppert das Geschwisterpaar bereits in jungen Jahren internationale Luft auf der großen Bühne der Junioren-WM. „Es ist nie langweilig. In einem Einmann-Boot hat man die Zügel selbst in der Hand, ist immer auf sich selbst gestellt und findet immer wieder neue Herausforderungen“, sagt Julian Hoffmann.

    Wurzeln im Ballett und Basketball

    Dabei verlief schon der Weg der gebürtigen Münchner zum Segelsport alles andere als gewöhnlich. Während Christin in der Kindheit Tennis gespielt hat und mit dem Ballett begann, fand Julian bei der DJK München-Ost früh Gefallen am Basketball. Erst ein Familienurlaub 2010 brachte das Duo ans Wasser. Ein Freund des Vaters aus Allgäuer Zeiten nahm die beiden zum Segeln mit auf den Alpsee. Julian und Christin hatten sofort Blut geleckt und sind seit 2011 nun im SCAI. „Wir waren von Anfang in einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen. Es war wie Urlaub in super Atmosphäre“, erinnert sich Christin. Auch Erfolge sollten sich bald einstellen. Schon mit zehn Jahren beispielsweise wurde Julian bayerischer Meister. Vor zwei Jahren schließlich sind die Hoffmanns ins Oberallgäu, nach Blaichach gezogen. Seither geht’s steil bergauf.

    Julian Hoffmann feiert am ersten Weihnachtsfeiertag seinen 14. Geburtstag.
    Julian Hoffmann feiert am ersten Weihnachtsfeiertag seinen 14. Geburtstag. Foto: Marion Hoffmann

    Seit drei Jahren nunmehr sind die Teenager im bayerischen Landeskader, Julian seit 2014 auch in der Junioren-Nationalmannschaft. Am Alpsee trainieren sie gemeinsam – bei den Blocktrainings des Kaders mit den jeweiligen Landestrainern. Über die Wintermonate hält sich Christin inzwischen mit Tanzen in der Sonthofer Tanzfabrik fit, Julian spielt nach wie vor Basketball – heute aber beim TSV Sonthofen. Außerdem erhalten sie von den Kadertrainern einen strikten Plan, der Ausdauerübungen oder Einheiten für die Rumpfstabilität vorsieht. Sechs Tage wöchentlich – nur sonntags ist frei. Das geht bis Februar, ehe die Vorbereitung für die Segelsaison beginnt. Dann ist Julian schon bald unterwegs ins spanische Murcia zur Junioren-EM, Christin geht beim internationalen Ostermeeting am Gardasee ins Wasser.

    Die Hausaufgaben muss ich machen, wenn es passt. Früh, abends – oder wenn es keinen Wind hat.Julian Hoffmann

    Straffes Pensum

    Ein straffes Pensum für die Gymnasiasten – zumal Christin nächstes Jahr ihr Abitur ablegt. „Freunde schicken uns die Materialien, wenn wir den Stoff unterwegs verpassen. So klappt das gut“, sagt Christin Hoffmann. Ihr Bruder ergänzt mit einem Schmunzeln: „Die Hausaufgaben muss ich machen, wenn es passt. Früh, abends – oder wenn es keinen Wind hat.“ Abstriche, die die Geschwister gerne machen. Auf einem Weg, der sie eines Tages vielleicht in die internationale Spitze führt. So, wie es vor ihnen bereits ein Oberallgäuer geschafft hat.

    „Es ist extrem wichtig, dass man auf etwas richtig viel Lust hat und mit Freude herangeht. Das bringen Julian und Christin mit, und das ist ihre große Gabe“, sagt Philipp Buhl. Im Oktober durften die Geschwister den 27-Jährigen beim Empfang am Clubhaus anlässlich des 14. Platzes bei Olympia in Rio begleiten. Julian saß mit Buhl im Boot, das den Seeweg entlang getragen wurde. „Es war beeindruckend zu sehen, wie er weitermacht, nicht aufsteckt, sondern sofort sein nächstes Ziel sucht“, schwärmt Christin und ihr Bruder fügt an: „Er bleibt er selbst bei dem ganzen Erfolg. Er ist einfach cool.“

    Julian erinnert mich oft an mich früher. Auch wenn der Wind mal mies ist und andere keinen Bock haben, ist er da.Vize-Weltmeister Philipp Buhl

    Den talentierten Blaichachern ist eines aber gemein, glaubt man Buhl. „Sie haben großes Engagement. Julian erinnert mich oft an mich früher. Auch wenn der Wind mal mies ist und andere keinen Bock haben, ist er da. So kann man es im Sport und im Leben weit bringen“, lobt der Wahl-Kieler. Buhl: „Zutrauen kann man beiden alles. Ich weiß noch allzu gut, als ich als kleiner Junge am Alpsee rumgesegelt bin. Da habe ich auch nie gedacht, dass ich es mal zu Olympia schaffen kann. Nichts ist auszuschließen.“

    Und so könnte schon 2017 ein richtungsweisendes Jahr für die bodenständigen Geschwister Hoffmann werden. Für Christin und Christkind Julian, der übrigens am ersten Weihnachtsfeiertag 14 Jahre alt wird. „Beide haben das Herz am rechten Fleck. Das ist schon mal die beste Voraussetzung“, lobt Buhl. Der Vize-Welt- und Vize-Europameister ergänzt: „Wenn sie dranbleiben und ihre Träume verfolgen, ist alles drin. Meine Unterstützung dafür haben sie allemal.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden