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Abriss der Schwarzenbacher Kirche: Ein bedeutendes Kapitel geht zu Ende

Abbruch eines Gotteshauses

Wenn der Abrissbagger kommt: Wie die Geschichte einer Kirche endet

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    So geht die 65-jährige Geschichte der katholischen Kirche in Schwarzenbach zu Ende: Am Donnerstagvormittag begannen die Abrissarbeiten. Anschließend folgt der Neubau eines kleineren Gotteshauses.
    So geht die 65-jährige Geschichte der katholischen Kirche in Schwarzenbach zu Ende: Am Donnerstagvormittag begannen die Abrissarbeiten. Anschließend folgt der Neubau eines kleineren Gotteshauses. Foto: Michael Schlingmann

    Karl Herter blickt an diesem sonnigen Frühlingsmorgen hoch zum Dach der Schwarzenbacher Pfarrkirche St. Felix und Regula. Äußerlich ist der Wangener Architekt die Ruhe in Person, mit kirchlichen Bauten ist er beruflich bestens vertraut. Gleich wird ein Bagger sein Werk an der Kirche beginnen und seine große Zange ins Mauerwerk schieben. Denn sein Werk, das ist der Abbruch des erst rund 65 Jahre alten Gotteshauses in dem Ortsteil von Neuravensburg - und Herter sagt: „Das ist berührend.“

    Viele Sakralbauten hat er in seinem Leben schon saniert, vor einigen Jahren auch die Wangener Stadtpfarrkirche St. Martin. Aber einen Abriss? Nein, einen Abriss habe er in seinem Berufsleben fachlich noch nicht organisiert.

    „Ich bin gegen den Abriss“

    Berührend findet auch ein älterer Passant, was an diesem Morgen im Dorfzentrum vor sich geht: „Ich bin gegen den Abriss“, sagt er im Vorbeigehen - und ist sich sicher: Man hätte die Kirche lieber sanieren sollen, anstatt sie dem Erdboden gleichzumachen und durch einen Neubau zu ersetzen.

    Die Äußerung des Seniors ist beispielhaft für den Riss, der vor einigen Jahren durch den Neuravensburger Teilort ging, als die Abrisspläne bekannt und heiß diskutiert wurden. Letztlich entschied man sich gegen eine Sanierung - obwohl viele Schwarzenbacher persönliche Erinnerungen mit St. Felix und Regula verbinden - sei es durch Hochzeiten, Trauerfeiern, Taufen oder dem Besuch der Heiligen Messe. Den Ausschlag gab letztlich der Wille der Diözese. Denn die war nur bereit, Geld für die Abbruch- und Neubaulösung zu spendieren, nicht aber für die Sanierung.

    Schneelast führte zu Problemen am Gebäude

    Dafür, dass sich diese emotional so schwierige Frage überhaupt stellte, hatte ein strenger Winter gesorgt. Ende der Zehner-Jahre war das, als große und vor allem schwere Schneemassen auf den Dächern in der Region lasteten. Die Stadt Wangen sperrte ihre Sporthallen, und Mitarbeiter großer Unternehmen schaufelten per Hand die belastende weiße Pracht von den Dächern. Einstürze wurden so verhindert, dem vergleichsweise flachen Dach der Schwarzenbacher Kirche fügte der Schnee aber großen Schaden zu.

    So großen, dass das Gebäude wegen Einsturzgefahr über längere Zeit geschlossen war. Gottesdienste konnten dort erst wieder gefeiert werden, nachdem ein Gerüst von innen das Dach abgestützt hatte. Das kam erst am Montag weg, und da liefen die Vorbereitungen für die Abrissarbeiten längst. Begonnen hatten sie Ende Februar nach der Profanierung - also der Entwidmung des Gebäudes als Gotteshaus.

    So schön an diesem Donnerstagmorgen draußen die Sonne strahlt, so trist sieht es innen aus, ehe der Bagger beginnt, seine Arbeit zu verrichten. Groß und leer ist das ehemalige Kirchenschiff - abgesehen von den sakralen Fenstern erinnert nichts mehr an die sechseinhalb Jahrzehnte andauernde Geschichte des Hauses.

    Mit dabei bei dieser letzten Besichtigung der „Halle“ ist Michael Schlingmann. Als Vorsitzender des Neuravensburger Burg- und Heimatvereins ist er Kenner von Geschichte und Gegenwart der größten Wangener Ortschaft und arbeitet seit einem halben Jahr an einem Buchprojekt über die Kirche. „Ich fand sie immer hässlich“, sagt Schlingmann über den Bau im Stil der 1950er-Jahre. Mit der Zeit hat sich seine Meinung aber ein Stück weit gewandelt: „Jetzt finde ich, die Kirche hatte einen ganz eigenen Charme.“

    Warum der Turm stehen bleibt

    Zum Neubau-/Sanierungsstreit äußert er sich diplomatisch: „Es ist schade, dass sie abgerissen wird, aber es ist schön, dass etwas Neues kommt.“ Das soll bis Ostern 2027 der Fall sein. An diesem Datum wird nach Plan das deutlich kleiner ausfallende Nachfolge-Gotteshaus geweiht. Für Michael Schlingmann soll dieser Moment auch das letzte Kapitel seines Buchs sein.

    Bis dahin ist aber jede Menge zu tun. Ende April soll der Abriss abgeschlossen sein. „Und dann wird‘s spannend“, sagt Architekt Karl Herter. Spannend, weil sich auch Archäologen des Landesdenkmalamts für das Projekt interessieren. Genauer gesagt: Sie wollen wissen, was sich unter dem Boden der bisherigen Kirche befindet.

    Dass sie dort fündig werden, ist wahrscheinlich. Denn die verbriefte Schwarzenbacher Kirchengeschichte geht zurück bis ins 9. Jahrhundert - und zwar genau auf dem aktuellen Baustellengrund. „Das ist eine sehr alte Pfarrei“, sagt Herter. Denn bereits 815 wurde in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. Gallen die Pfarrstelle „Suuarzinpach“ mit einem Priester namens Theodoldus erwähnt, ist der Neuravensburger Ortshomepage zu entnehmen. Deshalb ist auch zu vermuten, dass es hier schon im Mittelalter eine Kirche gegeben hat, erläutert Schlingmann.

    Ein halbes Jahr haben die Archäologen ab Mai Zeit. Dann soll es mit dem Neubau losgehen. Und im Frühjahr 2026 mit der Sanierung des Turms. Der ist viel älter als das funktional wirkende Kirchenschiff, bleibt deshalb erhalten, steht künftig frei und hat daher auch eine statische Sanierung nötig.

    Neubau soll 525.000 Euro kosten

    Die Kosten für den Turm sind noch offen, erklärt Herter. Bei allem anderen ist das nicht der Fall: Die Abbrucharbeiten beziffert er auf 525.000 Euro, und für den Neubau werden wahrscheinlich vier Millionen Euro fällig. Das wirft die Frage auf, ob es tatsächlich günstiger ist, frisch zu bauen anstatt zu sanieren. Die Antwort ist spekulativ. Wohl aber gibt es einen Fingerzeig: Denn Kirchengemeinderat und Diözese hatten immer wieder darauf hingewiesen, dass der Altbau hohe Summen für die Energieversorgung verschlingt und sich dessen Abriss deswegen zumindest langfristig rechnet.

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