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Altenpfleger aus Äthiopien mitten in der Schicht abgeschoben – Ein Schicksal, das berührt!

Drama in Allgäuer Altenheim

Vom Arbeitsplatz in den Flieger: Altenpfleger Ismail A. wird abgeschoben

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    Per Flugzeug nach Äthiopien abgeschoben worden ist ein 26-Jähriger, der in der Allgäuer Kleinstadt Isny gearbeitet hat.
    Per Flugzeug nach Äthiopien abgeschoben worden ist ein 26-Jähriger, der in der Allgäuer Kleinstadt Isny gearbeitet hat. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

    Frank Höfle ist das Entsetzen über den Vorfall Ende Februar im Altenhilfezentrum St. Elisabeth in Isny auch Wochen später anzumerken. Noch immer lässt es den Geschäftsführer nicht los, was mit seinem Mitarbeiter Ismail A. passiert ist.

    Der 26-jährige Äthiopier wurde mitten in einer Schicht, während der Mittagspause, von Polizisten abgeholt und schließlich in den Abschiebeflieger in seine Heimat gesetzt. Höfle hat bis heute keinerlei Verständnis dafür, was vor den Augen zahlreicher Heimbewohner und Mitarbeiter geschehen ist. Deshalb hat er beschlossen, den Fall öffentlich zu machen.

    Ismail A. hatte im Heim Sozialstunden abgeleistet

    Ismail A. sei einst ins Altenhilfezentrum gekommen, um dort Sozialstunden abzuleisten, erklärt Höfle. Diese habe er erbringen müssen, weil er zweimal gegen Aufenthaltsrichtlinien verstoßen habe. Dem Geschäftsführer ist wichtig zu betonen, dass ihm völlig bewusst ist, dass A. damit Straftaten begangen hatte.

    Doch viel wichtiger ist ihm zu erklären, dass aus seiner Sicht trotzdem ein junger Mann abgeschoben wurde, der es verdient gehabt hätte, hier zu bleiben und sich eine Existenz aufzubauen.

    Äthiopier war im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen

    Wie Höfle berichtet, sei A. im Jahr 2015 aus Äthiopien als Flüchtling nach Deutschland gekommen. Sein Asylantrag sei aber abgelehnt worden. Ab März 2020 habe der junge Mann als ausreisepflichtig gegolten, bestätigt das Regierungspräsidium Karlsruhe. Der Aufforderung sei A. aber nicht nachgekommen: „Da kein gültiges Reisedokument vorlag, konnten aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht eingeleitet werden und der Betreffende wurde zunächst geduldet.“

    Als Höfle den jungen Äthiopier im Altenhilfezentrum während dessen Sozialstunden kennenlernte, war er angetan. A. habe gut Deutsch gesprochen, sich verlässlich und lernwillig gezeigt. Der Geschäftsführer bot ihm schließlich an, eine zweijährige Ausbildung zum Altenhilfepflegeassistenten zu machen. A. willigte ein und war ab August 2024 mit einem Ausbildungsvertrag versehen.

    Sein Chef sagt: „Er war ein netter, guter Mitarbeiter“

    Diese verhinderte aber nicht, dass der Staat kürzlich die Abschiebung des Äthiopiers anordnete und vollzog. Ende Februar standen plötzlich vier Polizisten auf der entsprechenden Station im Altenhilfezentrum in Isny und nahmen A. mit. Höfle erzählt, dass er in diesem Moment nicht im Haus war. Als er von der laufenden Abschiebung erfuhr, eilte er sofort zurück. Er kam gerade noch rechtzeitig, um A. in Begleitung von Polizisten am Ausgang zu treffen. Er und der Äthiopier hätten geweint, als sie sich sahen. „Er war ein netter, guter Mitarbeiter“, erklärt Höfle seine Reaktion.

    Wie es schließlich zur Abschiebung kam, erläutert das Regierungspräsidium Karlsruhe auf Nachfrage. Durch die beiden Vorstrafen „schied die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus“. Auch eine Ausbildungsduldung sei für A., der inzwischen einen gültigen Reisepass vorgelegt habe, nicht in Betracht gekommen, heißt es in der Mitteilung der Pressestelle des Regierungspräsidiums: „Der Betreffende hatte somit keine Perspektive auf einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet. Seiner Ausreisepflicht kam er dennoch nicht freiwillig nach.“ Seitens des Regierungspräsidiums Karlsruhe seien deshalb „aufenthaltsbeendende Maßnahmen vorbereitet und Ende Februar 2025 vollzogen“ worden. A. wurde abgeschoben.

    Geschäftsführer schaltet Politik und Anwalt ein

    Zurück blieben, sagt Altenhilfezentrum-Geschäftsführer Höfle, verstörte Heimbewohner. Dass plötzlich die Polizei auftauchte und einfach einen Mitarbeiter mitnahm, sei für viele eine Szenerie gewesen, die sie bis heute nicht vergessen hätten. Auch Höfle war entsetzt. In Schockstarre verfiel er allerdings nicht. Bis zum Start des Abschiebeflugs nach Äthiopien am späten Abend blieben nämlich noch einige Stunden.

    Höfle fing sogleich an zu telefonieren und schrieb Mails – unter anderem an den CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Müller und die Härtefallkommission. Unter anderem rief er in Leutkirch an, bei der verantwortlichen Lehrerin in der Geschwister-Scholl-Schule, wo der Äthiopier seine Schulstunden zur Ausbildung leistete. Ebenso meldete er sich bei einer Anwältin, die auf Asylrecht spezialisiert ist.

    Einige Antworten bekam Höfle zwar schnell, auch von Müller, aber überall bekam er zu hören, dass die Abschiebung nicht zu verhindern sei. Ismail A. erreichte er in diesen Stunden nicht mehr. Am späten Abend hob schließlich der Flieger ab und brachte den Flüchtling zurück nach Äthiopien, in die Hauptstadt Addis Abeba. Erst am nächsten Morgen bekam Höfle eine Nachricht von A. aufs Handy, dass dieser gut angekommen sei. Er komme zunächst bei Freunden unter, schrieb ihm der abgeschobene Auszubildende.

    Höfle ist auch Wochen später mehr als enttäuscht über diesen Vorfall. Er ist sich sicher, dass in Ismail A. ein Mann abgeschoben wurde, der hier eine gute Perspektive gehabt hätte. Für den Geschäftsführer bedeutete der Verlust, dass er von jetzt auf gleich einen Mitarbeiter ersetzen musste. Das sei ärgerlich, weil im Pflegebereich immer Personal gesucht werde, zudem sei die Abschiebung zu einer Zeit geschehen, in der er große Schwierigkeiten gehabt habe, die Schichten zu besetzen, sagt der Geschäftsführer. Im Februar seien etwa noch einige Mitarbeiter – wie für diese Jahreszeit üblich – mit Grippe abgemeldet gewesen.

    Auch wenn Ismail A. nun in Äthiopien ist, lässt Höfle den Kontakt nicht abreißen. Unmittelbar nach der Abschiebung habe er ihm sein Gehalt überwiesen, damit er eine finanzielle Grundlage hat. Zudem ist gerade ein Laptop aus Isny auf dem Weg zu A., damit dieser den Stoff durcharbeiten kann, den er an der Geschwister-Scholl-Schule vermittelt bekommt.

    Ismail A.: Hoffnung auf eine Rückkehr?

    Richtig große Hoffnung auf eine baldige Rückkehr des Auszubildenden hat Höfle nicht. A. sei jetzt mit einer zweijährigen Sperre belegt, bevor er wieder nach Deutschland einreisen und erneut Asyl beantragen dürfe.

    Immerhin habe es in Adis Abbeba wohl schnell mit einem Termin in der Botschaft geklappt, sagt Höfle. Dort wolle A. auf seinen Fall hinweisen und darauf, dass er in Isny gerade dabei war, sich als Auszubildender ein Leben aufzubauen. Eine Wohnung in unmittelbarer Nähe zum Altenhilfezentrum sei für den Äthiopier gerade bezugsfertig gewesen, sagt Frank Höfle.

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