Im Lindauer Ortsteil Oberreitnau ist es für einen kurzen Augenblick ungewöhnlich ruhig. Keine hupenden Autos, kein Durchgangsverkehr – bis sich mit einem Mal Lkw und Walzen mit lautem Rattern in Bewegung setzen und der Gestank von frisch gezogenem Teer die Luft erfüllt.
Seit Montag ist die Bodenseestraße, die sich einmal quer durch das Dorf zieht, vollständig gesperrt. Die Fräs- und Asphaltarbeiten ziehen sich in der ersten Phase vom Kreisverkehr bis zur Buswendestelle. Für viele Menschen im Ort ist das eine spürbare Einschränkung, sowohl im Alltag als auch wirtschaftlich.
Gäste erreichen Wirtshaus nicht mehr
So ist beispielsweise im Gasthof Ziegler derzeit kein regulärer Betrieb möglich. „Wir müssen komplett zumachen“, verrät Seniorchefin Kornelia Ziegler. Die Gäste kämen durch die Sperrung gar nicht erst bis zum Gasthof. Der Betrieb habe sich deshalb dafür entschieden, in der Zeit der Bauarbeiten Urlaub zu nehmen und den Gasthof zu schließen, sagt die Wirtin.
Die Enttäuschung ist hörbar, auch wenn sie für die Arbeiten Verständnis zeigt: „Es war höchste Zeit, dass die Straße gemacht wird.“ Neben dem Gasthof Ziegler sind auch die Arztpraxis und der Lebensmittelladen an der Bodenseestraße geschlossen.
Rückblick: Bereits im vergangenen Jahr musste die Bodenseestraße für neue Leitungen gesperrt werden – wenn auch nur teilweise. Nun ist die Ortsdurchfahrt vollständig gesperrt. Die Auswirkungen spürt auch die Bäckerei Dopfer, die aber noch offen hat.
Autofahrer müssen große Umwege nach Lindau fahren
„Etwa die Hälfte des Umsatzes fehlt“, sagt Geschäftsführer Stefan Dopfer. In der Osterzeit sei normalerweise mehr los: „Es kommen weniger Leute, ein paar Fußgänger mehr vielleicht, aber das reicht natürlich nicht.“ Trotzdem bleibt er gelassen und betont die gute Zusammenarbeit mit der Bauleitung. So wurde im Vorfeld geregelt, dass er jederzeit mit dem Lieferauto raus könne.
Doch auch für viele Anwohner ist die Sperrung mit längeren Wegen, neuen Routen und Planungsaufwand verbunden. „Wenn ich nach Lindau will, muss ich große Umwege fahren – über Muttelsee oder Degersee. Das kostet Zeit“, erzählt eine Anwohnerin. Auch der Weg zum Bus sei für sie aktuell eine Weltreise.
Denn auch der Busverkehr ist durch die Bauarbeiten eingeschränkt. So mussten einige Haltestellen verlegt oder gestrichen werden. Besonders betroffen ist die Schulbuslinie 192: Die Haltestellen Oberreitnau Nord, Oberreitnau Marienplatz und Doberatsweiler entfallen. Stattdessen gibt es einen Ersatzhalt an der Oberreitnauer Kapelle und für Schüler Richtung Wangen den Halt Weißensberg West/Kirche. Auch der Anschluss an die Lindauer Stadtbuslinie 2 entfällt.
Warum die neue Straße Hoffnung in Oberreitnau auslöst
Was auffällt: Die meisten haben Verständnis. Die Bauarbeiten wurden angekündigt, die Maßnahmen als notwendig empfunden. „Letztes Jahr war die Straße schon eine Holperpiste“, erzählt ein Anwohner. Und ergänzt: „Lieber jetzt als an Ostern.“
Für manche bringt die Sperrung ein Stück Ruhe zurück. „Normalerweise brettern hier die Autos durch. Das ist jetzt richtig angenehm“, so eine Anwohnerin. Für sie sei es fast wie ein kleines Dorfidyll auf Zeit.
Die Arbeiten sollen planmäßig bis zum Ende der Woche abgeschlossen sein. Danach werden die Bauarbeiten in der zweiten Phase in Richtung Doberatsweiler fortgesetzt und voraussichtlich am 17. April abgeschlossen sein.
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