Immer wieder flattern sie in die Briefkästen, liegen in Magazinen, Zeitungen und Anzeigeblättern: Flyer in Signalfarben, auf denen mit einer befristeten Ankaufsaktion wertvoller Gegenstände geworben wird. Allerdings ist bei solchen Angeboten besondere Vorsicht geboten, warnt die Polizei.
Auf den ersten Blick scheinen die Angebote verlockend: In einer „einmaligen Sonderaktion“, die nur wenige Tage dauert, werden Menschen eingeladen, wertvolle Gegenstände begutachten zu lassen. Die Beratung sei „diskret und zuverlässig“, die Bewertung „kostenlos und unverbindlich“. Die Raritäten würden „garantiert zum besten Preis“ eingekauft. Bis zu 10.000 Euro könnten Kunden für einen gebrauchten Orient-Teppich bekommen, Geschirr werde zu Höchstpreisen bis zu 6000 Euro angekauft.
Auffällig dabei: Die Wertgegenstände scheinen vor allem auf ein älteres Publikum abzuzielen. Gesucht werden Kristallgläser, Orientteppiche, Antikes aller Art, Porzellanpuppen, Perücken, Pfeifen, alte Gemälde und Zahngold (auch mit Zahn).
Ortstermin bei den Ankäufern
„Besuchen Sie jetzt unsere Experten“, steht auf dem Flyer, die Adresse gut lesbar auf der Vorderseite. Unsere Reporterin macht sich auf den Weg. Dort angekommen, befindet sich ein geräumiger Laden. An einem Tisch im hinteren Teil sitzt ein großer, bullig wirkender Mann. Er ist im Gespräch mit einem älteren Paar. „Der Goldpreis ist leider um fünf Prozent gefallen“, sagt er gerade.
Doch nichts in dem Laden deutet darauf hin, dass dort mit Gold gehandelt wird. Verkauft wird etwas ganz anders. Die Frage der Reporterin, welche Expertise er diesbezüglich habe, scheint der Mann zuerst nicht beantworten zu können. In einer arabisch klingenden Sprache tauscht er Worte mit einem Kollegen. „Das kann dir egal sein“, sagt er schließlich.
Reporterfrage bringt Verkäufer in Rage
Die Anmerkung, die Kunden hätten ein Recht zu erfahren, woher er seine Expertise habe, bringt den Mann sichtlich in Rage. „Das kann dir egal sein, du kriegst ja Geld von mir“, sagt er laut. Sein Kollege fügt etwas ruhiger hinzu, dass sich die Leute ja vorher schon woanders über den Wert ihres Schmucks erkundigen könnten. Ihre Namen wollen die beiden Männer nicht verraten. „Steht auf dem Flyer“, sagt einer der beiden.
Eine hochbetagte Frau aus Friedrichshafen hat einen ähnlichen Flyer erhalten. Laut Angaben soll in einer anderen Stadt in der Nähe ein großer Ankauf stattfinden. „Die haben jeden Sch... gesucht“, wird sich die Tochter der Dame später im Gespräch erinnern. Auch Pelze, die nicht mehr ganz in Schuss und reparaturbedürftig seien, würden angekauft.
„Meine Mutter hatte noch einen Pelz im Schrank hängen“, sagt die Tochter. Also habe die ältere Dame unter der angegebenen Festnetznummer angerufen. Da sei aber lediglich die Ansage gekommen, dass diese Nummer nicht existiere.
Mittlerweile ist sich die Tochter sicher: „Die wollten, dass man auf dem Handy anruft.“ Unter der Nummer hat die ältere Dame schließlich Erfolg. „Der Mann am Telefon sagte, meine Mutter habe Glück. Seine Mitarbeiter seien zufälligerweise gerade in Friedrichshafen und könnten direkt vorbeikommen“, erzählt die Tochter.
Pelzkauf nur in Verbindung mit Gold
Kurze Zeit später klingelten zwei Männer an der Haustür. Nachdem die Ankäufer den Pelz begutachtet hatten, kündigten die beiden an, den Mantel kaufen zu wollen. Allerdings nur in Verbindung mit Gold. „Meine Mutter hat gerade gebacken und deshalb ihre Ringe abgelegt. Sie hat den Männern immer wieder gesagt, dass sie kein Gold habe“, erzählt die Tochter.
Doch die Männer blieben hartnäckig. Ein Glück sei es gewesen, dass die erwachsene Enkeltochter gerade zu Besuch bei ihren Großeltern war. Nach langen Diskussionen seien die Männer schließlich abgezogen – ohne Gold und ohne Pelz.
Obwohl sich Namen, Adressen und Telefonnummern auf den Flyern immer wieder ändern, sind sie doch alle ähnlich aufgebaut. Sie werben mit „einmaligen Sonderaktionen“ und üben damit Druck aus. Doch was können Menschen tun, um gar nicht erst auf solche Maschen hereinzufallen?
Schutz vor Betrügern: Das rät die Polizei
Um sich vor Betrügern zu schützen, sollten sich die Menschen nicht scheuen und sich Gewerbeschein oder die Reisegewerbekarte vorlegen lassen. Auch ein Blick auf den Personalausweis könne durchaus verlangt werden. „Vorsicht und gesundes Misstrauen bieten den besten Schutz und bedeuten nicht, dass man unfreundlich ist“, sagt Polizeisprecher Martin Hämmerle.
Außerdem sollte niemand ins Haus gelassen werden. Hämmerle rät dazu, Gespräche solcher Art, wenn überhaupt, durch die Tür oder mit Sicherung zu führen. Seine Kollegin Magdalena Buchmiller empfiehlt zudem, wertvolle Gegenstände nur von Händlern schätzen zu lassen, die ihre Geschäfte vor Ort haben. Sich mit besonderen Aktionen unter Druck setzen zu lassen, mache keinen Sinn. Wer Wertsachen übergeben wolle, solle unbedingt eine Quittung einfordern.
Misstrauisch werden sollten die potenziellen Kunden in jedem Fall, wenn Zeitdruck eine Rolle spielt. „Oft hilft es auch, wenn man mit einer anderen Person darüber sprechen und diese hinzuziehen kann“, sagt Hämmerle. Wenn einem bei der Überprüfung der Kontaktdaten etwas komisch vorkommt, empfiehlt Hämmerle den Griff zum Telefonhörer und den Anruf bei der Polizei. „Im Zweifel sollte immer die 110 gewählt werden“, betont der Polizeipressesprecher.
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