Dass die Zukunft der Argenbühler Schullandschaft derzeit viele bewegt, hat sich auch bei der Infoveranstaltung der Gemeinde in Ratzenried gezeigt. Rund 200 Interessierte erlebten eine sachbetonte, aber teilweise emotionale Diskussion. Kein Wunder, denn zwei Teilorte werden auf absehbare Zeit ihre Grundschule verlieren.
Wie war die Ausgangslage vor dem Infoabend?
Zunehmend breitere Jahrgänge, Personalmangel, absehbare Platzprobleme in teils sanierungsbedürftigen Gebäuden und nicht zuletzt der ab 2026 auch in Grundschulen geltende Ganztagsanspruch: Vor diesem Hintergrund ließ sich die Gemeinde Argenbühl im Frühjahr 2023 von einem Fachinstitut zur Schulentwicklung beraten.
Die Gemeinde startete dann einen umfassenden Beteiligungsprozess, der „bis zuletzt entscheidungsoffen gewesen ist“, wie Bürgermeister Roland Sauter betonte. Im vergangenen Sommer waren schließlich drei Varianten mit jeweils zwei zweizügigen Standorten übrig geblieben, die beim priorisierten Prüfaspekt „Bildungsqualität“ die meisten Vorteile bieten würden: Neben Ratzenried sind dies Neubauten in Eglofs oder Eisenharz oder ein Anbau in Christazhofen.
Nachdem diese Optionen näher ausgearbeitet wurden und die Bürger Stellung nehmen konnten, empfahl die Verwaltung die Variante Ratzenried-Eisenharz.
(Lesen Sie auch: Freundeskreis aus Eisenharz stellt Whisky her - und braucht viel Geduld)
Ein Vorschlag, der vor allem bei der Bürgerinitiative „Unsere Schule bleibt im Dorf“ aus Christazhofen für Unmut sorgte. In einem offenen Brief an den Bürgermeister nannte die BI zahlreiche Argumente, die für einen Erhalt des erst rund 25 Jahre alten Schulstandorts sprechen würden. Ein Fazit daraus lautete, dass der Schulentwicklungsprozess nicht fair verlaufen sei.
Wie lief die Informationsveranstaltung ab?
Den Abend moderierte Dirk Nees, der den Beteiligungsprozess für die Gemeinde bislang begleitet hat. Roland Sauter erklärte die Vor- und Nachteile der Varianten und erläuterte die Gründe für den Verwaltungsvorschlag. Hauptargument für die zweizügigen Standorte in Ratzenried und Eisenharz ist demnach eine „bessere räumliche Verteilung in der Gemeinde“. Faktoren seien hier Schülerzahlen und Einwohneranteile, aber auch „die günstigste Variante der Schülerbeförderung“. Letzteres, weil man hier die bestehenden, regionalen Buslinien mitnutzen könne. Den Ausschlag für Eisenharz gegenüber Eglofs habe die dortige, bereits ausgelastete Turnhalle gegeben.
(Lesen Sie auch: Panoramabad Eglofs: „Die Finanzierung ist ein Gesamtkunstwerk“)
Zu allen Varianten stellte Hans-Georg Schmitz mögliche Lagepläne der Neubauten vor. Der Architekt war mit den jüngsten Argenbühler Schulbauten in Eglofs und Christazhofen befasst gewesen und nun beim Infoabend in Ratzenried einer von drei Experten, die die Gemeinde eingeladen hatte. Die anderen beiden: Benjamin Böhm, Rektor eine dreizügigen Grundschule in Ulm, und Norbert Zeller, früherer Leiter der Stabsstelle für Gemeinschaftsschulen im Kultusministerium.
Welche Hauptthemen wurden noch diskutiert?
Der fehlende, nachhaltige Umgang mit Ressourcen bei einem Neubau war ebenso Thema wie der Vorwurf, dass angesichts der Schülerzahlen im Argenbühler Süden eine Zweizügigkeit nicht ausreichen werde. Hier argumentierte Sauter mit einer „Perspektive von 40, 50 Jahren“ und einer „Schulstruktur für die Zukunft“. Zudem lasse das zweizügige Raumprogramm wegen der Zusatzräume teilweise auch eine Dreizügigkeit zu. „Wir müssen diesen Schritt jetzt wagen, wenn die Kinder optimale Bedingungen bekommen sollen.“
Damit bezog sich der Bürgermeister auch auf die Kritik an den geschätzten Neubaukosten von über 13 Millionen Euro, die etwa doppelt so hoch wie die Investition für eine Erweiterung in Christazhofen sind. Gegebenenfalls müsse man dann bei anderen Projekten priorisieren, so Sauter weiter. Und brachte erneut eine Verzögerung beim Neubau des Eglofser Kindergartens ins Spiel: „Nicht um fünf, sondern eher um zehn Jahre.“
Das Christazhofener Schulgebäude hielt Architekt Schmitz übrigens für eine mögliche Nachnutzung durch den örtlichen Kindergarten trotz fehlender Barrierefreiheit für „gut geeignet“. Lediglich bei den Außenanlagen gebe es Handlungsbedarf. Eine Sichtweise, die aus den Reihen der BI für lautstarke Kritik sorgte: Wenn jetzt noch der vom ganzen Ort gern genutzte Schulhof umgestaltet werde, „dann nimmt man dem Dorf nicht nur die Schule, sondern auch die Seele.“
Der Zeitplan, der Sauter vorschwebt, sorgte ebenfalls für Unmut bei den Kritikern. Bis zum Schuljahr 2026/27 will der Bürgermeister nicht nur mit 300.000 Euro die Ratzenrieder Schule für die Zweizügigkeit und die Ganztagsbetreuung aufrüsten. Ab dann soll auch der Standort Christazhofen geschlossen werden, dessen Schüler müssten also nach Ratzenried pendeln. „Eine Schule ohne Ganztag hat auf Dauer keine Zukunft“, so Sauter. Die Herausforderung, die Ansprüche zu erfüllen, sei schon mit zwei Standorten riesig. Bis ein Neubau in vier bis fünf Jahren stehe, werde Ratzenried deshalb der einzige Argenbühler Standort mit Ganztagsbetreuung bleiben.
Wie soll es jetzt weitergehen?
Am Ende der Fragerunde wandten sich die Befürworter der Variante mit Christazhofen direkt an die anwesenden Gemeinderäte. Der Tenor: Ist es der doppelt so teure Verwaltungsvorschlag wirklich wert, dass dann ein Dorf sterbe und man in der nächsten Zeit kein Geld für dringend nötige Infrastrukturprojekte in Argenbühl habe?
Diese Frage müssen die Räte in den nächsten zwei Sitzungen beantworten. Am 20. November soll das Thema Schulentwicklung vorberaten werden, eine Entscheidung über den zweiten Grundschulstandort soll am 4. Dezember fallen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden