Es ist kein Geheimnis: Der Dorfladen Niederstaufen steht wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand, befindet sich aber in einem Konsolidierungsprozess. Gegründet wurde der Dorfladen vor viereinhalb Jahren als Unternehmergesellschaft (UG), einer Sonderform einer GmbH. Gleichwohl versteht er sich als Bürgerprojekt, das in allen Bereichen von viel Engagement aus der Bevölkerung getragen wird.
Vor diesem Hintergrund wird der Ruf nach einer Unterstützung durch die Gemeinde immer lauter. So zeigte sich der Gemeinderat im Sommer mehrheitlich bereit, auf die Miete zu verzichten. Doch die Rechtsaufsicht im Landratsamt Lindau stellte klar: Dies geht nicht, weil es gegen das Verschenkungsverbot der Gemeindeordnung verstoßen würde. Es brauchte also neue
Überlegungen.
„Ein Dienst an der Gesellschaft“
Jetzt hat die Dorfladen UG einen mehrteiligen Antrag auf Kostenerstattung gestellt – knapp 39.400 Euro. Etwa die Hälfte dieses Betrags entfallen auf „soziale Integrationsmaßnahmen zur Förderung der Dorfgemeinschaft und Unterstützung hilfsbedürftiger Personen“. Denn der Dorfladen helfe kranken oder körperlich beeinträchtigten Menschen beim Einkaufen und biete sogar einen Lieferservice, sei eine Schutzinsel für Kinder und eine Anlaufstelle für Zuwanderer und Flüchtlinge.
„Das ist ein Dienst an der Gesellschaft“, erklärte Dorfladen-Geschäftsführer Markus Rohn. Die integrative Arbeit koste Zeit und Geld: Bei sieben Stunden pro Woche und einem Stundensatz von 20 Euro (Mindestlohn plus Arbeitgeberanteil) errechnete er für vier Betriebsjahre Kosten von 27.640 Euro. Davon beantragte er 70 Prozent, also 19.348 Euro, als Zuschuss.
Zudem beantragte der Dorfladen drei weitere Punkte: Erstens eine Erstattung von Investitionskosten, konkret 3569 Euro Arbeitslohn für Bodenlegen, Malerarbeiten und Herstellung der Außenanlagen. Dafür setzte der Dorfladen einen Stundensatz von 47 Euro an, mit der Begründung, dass diese Arbeiten zwar ehrenamtlich, aber nachweislich fachgerecht erbracht worden seien.
Zweitens: Beim Unterhalt der Toiletten, die auch Vereine nutzen, beantragte der Dorfladen die Erstattung der Hälfte der Kosten, also 6517 Euro. Und drittens: Weil die Heizung nie aufgedreht werde, möchte der Dorfladen 3569 Euro als anteilige Rückerstattung der Heizkosten.
Gemeinderat diskutiert lebhaft über Dorfladen Niederstaufen
Im Gemeinderat entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Bürgermeister Jörg Agthe lobte das Engagement für den Dorfladen und bezeichnete ihn als „ein tolles Projekt“. Gut vorstellen könne er sich eine Förderung der sozialintegrativen Maßnahmen, sagte er. Die anderen Punkte halte er aber rechtlich für schwierig. Außerdem sei die Gemeinde bei den baulichen Maßnahmen „recht
entgegenkommend“ gewesen und bei der Miete ans kommunalrechtliche Limit gegangen. So verlange sie für die Toiletten wegen der Reinigungsleistung nur 35 Cent pro Quadratmeter. Eine Heizkostenerstattung halte er aber für einen „diskutablen Weg“.
Gemeinderätin Theresia Gsell lehnte eine rückwirkende Bezuschussung generell ab. Bernhard Krepold stellte den Stundensatz von 47 Euro für ehrenamtlich erbrachte Leistungen in Frage und forderte Zahlen zur finanziellen Lage des Dorfladens.
Paul Breyer sagte, dass er 38.000 Euro auf keinen Fall zustimmen könne. Michael Dlugosch forderte eine Vergleichbarkeit mit anderen Vereinen, befürwortete aber einen Zuschuss von rund 20.000 Euro für die integrativen Maßnahmen.
Wie Dorfladen-Chef auf Bedenken reagiert
Angesichts der Bedenken versuchte Dorfladen-Geschäftsführer Rohn, den Blick von Details zu lösen und aufs Ganze zu lenken. „Der Antrag soll verdeutlichen, dass wir im öffentlichen Sinn handeln. Er soll verdeutlichen, wie engagiert wir sind, wie unterstützenswert der Dorfladen ist und wie sinnvoll er für das Allgemeinwohl ist“.
Als Kompromiss schlug er einen anderen Rechenweg vor, um auf 35.000 Euro zu kommen. Dorfladenleiterin Ulrike Brög-Kurzemann appellierte nachdrücklich an das Gremium: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“
Die entscheidende Wende brachte ein Antrag von Gemeinderat Sebastian Seigerschmidt. Statt der umstrittenen Kostenerstattungen beantragte er „einen einmaligen Zuschuss zur Sicherstellung einer befriedigenden ortsnahen Versorgung“. Dabei bezog er sich auf die Rechtsaufsicht, die im Sommer eine direkte Wirtschaftsförderung durch die Gemeinde zu diesem Zweck ausnahmsweise für zulässig erklärt hatte. Mit 7:5 Stimmen beschloss das Gremium einen Zuschuss von 35.000 Euro als einmalige Wirtschaftsförderung (Erich Kurzemann stimmte wegen Befangenheit nicht ab).
Antrag scheitert mit Stimmenpatt
Wie umstritten das Thema ist, zeigten zwei Anträge, die sofort nach der Entscheidung gestellt wurden: Theresia Gsell beantragte, den Beschluss der Rechtsaufsicht zur Überprüfung vorzulegen. Daraufhin beantragte Norbert Kurzemann ein erneutes Gespräch mit der Rechtsaufsicht, an dem aus den Reihen des Gemeinderats nicht nur Theresia Gsell, sondern auch Sebastian Seigerschmid teilnehmen soll. Gsells Antrag fand aber bei 6:6 Stimmen keine Mehrheit, wodurch sich Kurzemanns Antrag erübrigt hatte und nicht mehr zur Abstimmung gestellt wurde.
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