Was auf den ersten Blick wie ein Teenie-Streich wirkt, wird schnell zu einem Desaster mit zahlreichen Konsequenzen. Ein (oder mehrere) Schüler hatten sich während einer Videokonferenz mit rund 200 weiteren Schülern und Mitarbeitern aus Unternehmen im zugehörigen Chat sexistisch und rassistisch geäußert. Dann spielten er oder sie auch noch einen Porno ein.
Wie es dazu kam: Anfang April hat die Stadt Weingarten eine Videokonferenz als Schülerinformation zum Thema „Test the best“ organisiert. Die IHK Bodensee-Oberschwaben unterstützte das Format der Stadt wie jedes Jahr.
„Test the best“ ist eine Ausbildungsinitiative für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 9 aller Weingartener Schulen. Mit dabei sind regionale Unternehmen, mit denen die Schüler dadurch in Kontakt treten und sich über den Beruf informieren können. Das Angebot gibt es seit 2012.
Für die Videokonferenz hatte die Stadt allen Schulen die Zugänge ausgehändigt, damit sich jede Klasse als Verbund zuschalten konnte. Die Talschule jedoch gab die Daten an jeden einzelnen Schüler der Werkrealschule heraus.
„Ergebnis war enttäuschend und missachtend“
Das stieß sowohl der Stadt als auch der IHK sauer auf. In einem Mailverlauf schreibt ein IHK-Mitarbeiter: „Wir haben uns dann spontan entschieden, dennoch die Schule an der Veranstaltung teilnehmen zu lassen. Das Ergebnis davon war enttäuschend und missachtend“.

Mitten in der Veranstaltung – vor den Augen der rund 200 Schüler und Vertretern von 32 Firmen - postete ein Schüler (oder mehrere) sexistische und rassistische Inhalte in den Chat, der für Fragen genutzt werden konnte. Doch damit nicht genug, er oder sie krönten das, indem ein pornografisches Video „mit extrem verstörendem Inhalt“ eingespielt wurde, wie es im Schriftverkehr heißt. Nach etwa 45 Sekunden wurde die Konferenz unterbrochen.
Zu diesem Zeitpunkt war schon klar, dass der oder die Störer aus der Talschule kommen mussten. Im Mailverkehr ist die Rede von einem einzelnen Schüler, die Stadt Weingarten will das auf Nachfrage aber nicht bestätigen und verweist auf laufende Ermittlungen.

Als die Veranstaltung kurz danach fortgeführt wurde, waren die Talschüler bereits nicht mehr dabei. Und nicht nur das – die Schule wurde aus dem ganzen „Test the Best“-Durchlauf für dieses Jahr ausgeschlossen.
Schule entschuldigt sich bei allen Beteiligten
Dass die Talschüler einzeln die Zugänge zur Videokonferenz erhalten haben, liegt daran, dass am betroffenen Tag auch einige an anderen Orten gelernt haben - im Rahmen der Berufsorientierung. Das sagt Frank-Ulrich Widmaier, Rektor der Talschule. „Die Talschule bedauert es ausdrücklich, dass dadurch Störungen der Konferenz möglich waren und hat sich bei allen Beteiligten für ein mögliches Fehlverhalten aus der Schülerschaft entschuldigen“, so Widmaier auf Anfrage.
Andere Schüler verhalten sich „einwandfrei“
Er unterstütze den Ausschluss der Talschule „vollumfänglich“, schreibt im Mailverkehr aber auch, dass er einen möglichen Ausstieg einzelner Firmen aus dem Projekt „außerordentlich bedauern“ würde. Schließlich würden auch die Schüler des Gymnasiums und der Realschule bestraft werden. Die hätten sich aber einwandfrei verhalten.
Die IHK entsprach dieser Hoffnung nicht. Sie will das Projekt aufgrund der Vorkommnisse nicht weiter unterstützen. „In diesem Vorfall (...) liegt ein Teil der Verantwortung auch an den fehlenden Aufsichtspersonen“, schreibt ein Mitarbeiter der IHK. Schließlich hatte die Stadt Weingarten klar angewiesen, nur in Klassenverbunden an der Konferenz teilzunehmen und die Zugangsdaten eben nicht jedem Schüler einzeln zu geben.
Die Antwort auf eine offizielle Nachfrage bei der IHK hört sich aber schon anders an. Da ist die Rede davon, dass sowohl der Vorfall, als auch die Konsequenzen, die die IHK daraus zieht, noch geprüft werden. Die Stadt könne die Reaktion „ein stückweit nachvollziehen“ und hofft, dass es in Zukunft wieder eine Kooperation geben wird.
Es gibt nun Überlegungen vonseiten der Stadt, die Veranstaltung wieder analog durchzuführen oder ein anderes digitales Konferenzsystem zu wählen, bei dem die Teilnehmer noch stärker kontrolliert werden können.
Den oder die verantwortlichen Schüler erwarten schulrechtliche Konsequenzen wie einen temporären Unterrichtsausschluss. Dennoch, so Widmaier, werde das Kollegium der Werkrealschule weiterhin eine auf Vertrauen und Zusammenarbeit ausgelegte Pädagogik verwirklichen.
Die Stadt hat Strafanzeige gegen den oder die Schüler erstattet.
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