Startseite
Icon Pfeil nach unten
Weiler
Icon Pfeil nach unten

Bestattung in der Natur im Himalaya oder auf Hawaii? Diese Firma aus dem Allgäu macht es möglich

Nach dem Tod

Bestattung im Himalaya oder auf Hawaii? Diese Firma aus dem Allgäu macht es möglich

    • |
    • |
    • |
    Amelie Schmid aus Lindau war schon bei einer Bestattung auf einem Boot auf Hawaii dabei, ihr Vater Helmut Schmid streute schon die Asche von Verstorbenen im Himalaya aus. Mit ihrer Firma Evernature organisieren sie Beisetzungen in der Natur.
    Amelie Schmid aus Lindau war schon bei einer Bestattung auf einem Boot auf Hawaii dabei, ihr Vater Helmut Schmid streute schon die Asche von Verstorbenen im Himalaya aus. Mit ihrer Firma Evernature organisieren sie Beisetzungen in der Natur. Foto: Evernature

    Mit einem großen Rucksack auf dem Rücken und Wanderstöcken in der Hand steigt Helmut Schmid aus dem Scheidegger Ortsteil Büx zum Basecamp des Kanchenchunga (8586 Meter) in Nepal auf. Was im Youtube-Video aussieht wie eine Himalaya-Expedition mit atemberaubenden Blicken auf die höchsten Gipfel der Welt, ist in Wirklichkeit etwas ganz anderes: eine Bestattung.

    Der gelernte Goldschmiedemeister, der auch schon als Reiseleiter tätig war, trägt eine Urne mit sich. Die Asche wird er später in die Natur streuen. Auch das ist in dem Clip zu sehen.

    Gründer wollen nicht auf dem Friedhof beerdigt werden

    Gemeinsam mit seiner Tochter Amelie Schmid, gelernte Lehrerin aus Lindau, hat der Scheidegger vor rund sechs Jahren die Firma „Evernature“ gegründet – auf Deutsch: ewige Natur. Beide haben eine Leidenschaft fürs Reisen. Und nach Trauerfällen in der Familien und im Freundeskreis haben sie sich damals die Frage gestellt: „Wo wollen wir eigentlich irgendwann einmal die letzte Ruhe finden?“ Und ihnen sei rasch klar gewesen: „Der Friedhof wird es nicht sein.“

    Das Problem: In der Bundesrepublik herrscht in aller Regel Friedhofszwang. Das bedeutet, dass sterbliche Überreste von Menschen grundsätzlich nicht an irgendeinem Ort beigesetzt werden dürfen. Eine Genehmigung kann in Ausnahmefällen bei der Kreisverwaltung gestellt werden. Das kommt eher selten vor Im Landkreis Lindau sei zuletzt 2016 die Bestattung in einem Familiengrab auf einem Privatgrundstück bewilligt worden, teilt Landratsamts-Sprecherin Angela Wolf auf Nachfrage mit.

    Das Vater-Tochter-Duo Helmut und Amelie Schmid haben 2019 die Firma Evernature mit Sitz in Scheidegg gegründet, mit der sie Menschen Beisetzungen in freier Natur ermöglichen.
    Das Vater-Tochter-Duo Helmut und Amelie Schmid haben 2019 die Firma Evernature mit Sitz in Scheidegg gegründet, mit der sie Menschen Beisetzungen in freier Natur ermöglichen. Foto: Evernature

    In Ländern wie Nepal sind die Regularien nicht so streng – und es gibt laut Ameile Schmid noch viele andere Orte auf dem Globus, an denen Verstorbene ihre letzte Reise in der freien Natur antreten können. Mit ihrer Firma hat sie sich darauf spezialisiert, Menschen diesen Wunsch zu erfüllen. „Wir sind Ihr Partner für individuelle Bestattungszeremonien und Naturbestattungen an Wunschorten weltweit“, heißt es in der Firmenbeschreibung. Es gibt Bestattungen auf Bergen, wie im Video zu sehen ist, auf Vulkanen, in Flüssen und Seen oder in der Luft.

    Beispiele: Wo Bestattungen in der Natur möglich sind

    Als beispielhafte Orte für Naturbestattungen nennt die 36-Jährige den Kilimanjaro in Kenia, den Mount Wilhelm in Papua Neuginea oder das Meer auf Hawaii, also in den USA. Dort war sie vor einiger Zeit selbst im Einsatz. Mit dem Ehemann sei sie aufs Meer hinausgefahren, um die Asche von dessen verstorbener Frau beizusetzen.

    Was viele nicht wissen: Mancherorts sind Naturbestattungen auch in Europa erlaubt. So seien etwa die Niederlanden, Tschechien, Spanien und die Schweiz für alternative Bestattungsformen offener als die Bundesrepublik, sagt Schmid. Es gebe etwa die Option, Asche auf einer Almwiese in der Schweiz zu verstreuen. Gefragt sei vor allem der Jakobsweg in Spanien. „Viele sind ihn gegangen und haben eine tiefe Verbundenheit“, erklärt die Lindauerin. Und der Vorteil für die Angehörigen sei im Gegensatz zu ferneren Destinationen, dass sie einfacher erreichbar seien.

    Urne bleibt vor Bestattung in der Natur stets im Handgepäck

    Gestaltet werden Beisetzungen individuell – ähnlich wie bei herkömmlichen Beerdigungen. „Es gibt Menschen, die kommen vor dem Tod vorsorglich zu uns und äußern den Wunsch, wo sie bestattet werden möchten“, berichtet Schmid. In anderen Fällen seien es die Angehörigen. Der Betrieb regle dann die bürokratischen Hürden für die Reise und sorge dafür, dass alle nötigen Unterlagen vollständig sind. Am Ende geht es dann auf die Reise – ob mit den Angehörigen oder ohne. Die Länge variiert von Ziel zu Ziel. Und was der 36-Jährigen ganz wichtig ist zu erwähnen: „Die Urne tragen wir stets bei uns im Handgepäck – ob im Flugzeug oder auf einem Esel.“

    Insgesamt acht solcher Bestattungen hat „Evernature“ laut der Gründerin bereits durchgeführt. Doch weil sich die Gesinnung der Menschen mit Blick auf das Thema Tod und Sterben verändert hat, wächst die Nachfrage. Das merkt auch Schmid, die mit ihrem Vater schon auf einigen Messen vertreten war. „Wir arbeiten grundsätzlich international“, sagt sie. Die Kunden kämen in der Regel aber aus dem deutschsprachigen Raum.

    Was kostet eine Beisetzung in freier Wildbahn?

    Die Frage nach den Kosten für die Beisetzung in der Natur kann Schmid pauschal nicht beantworten. Das hänge nämlich vom Ziel und von den Wünschen jedes Einzelnen ab. Für Hawaii verlangt das Unternehmen beispielsweise knapp 11.000 Euro, im Fall des Jakobswegs sind es dagegen weniger als 3000 Euro.

    Zum Vergleich: Eine traditionelle Erdbestattung kann laut Bundesverband Deutscher Bestatter zwischen 3300 und 6300 kosten. Hinzu kommen dabei aber noch Fremdleistungen und die Friedhofsgebühren – und laufende Ausgaben für die Grabpflege.

    Alternative Bestattungsformen im Trend

    Feuer- oder klassische Erdbestattung? Diese Frage haben sich vor etwa 15 Jahren nur wenige Menschen gestellt, denn damals wurde nur jeder fünfte Tote eingeäschert. Der Lindenberger Bestattermeister Dennis Wurm nannte kürzlich im Gespräch mit unserer Zeitung diese Zahl. Inzwischen, sagte er, habe eine Umkehr stattgefunden: Die Quote in seinem Gebiet sei auf 80 bis 90 Prozent gestiegen.

    Der Bundesverband Deutscher Bestatter bestätigt die Zahl für die gesamte Bundesrepublik. 80 Prozent der Verstorbenen werden demnach inzwischen feuerbestattet. Die Gründe seien unterschiedlich. Einer liege in den Kosten, die geringer seien als bei einer Sargbeerdigung.

    Anders als früher gibt es heutzutage auch mehr Optionen für die Beisetzung nach der Einäscherung. Der Verband nennt hier neben der Urnenbeisetzung auch Luft-, See, Diamant-, Wald- und Baumbestattung. Letztere ist beispielsweise auf dem Bergfriedhof in Lindenberg möglich.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden