Die Schwesternschaft München vom Bayerischen Roten Kreuz ist in engem Austausch mit der Oberschwabenklinik (OSK), um in Lindenberg „zeitnah“ ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) zu errichten. Das hat Lindenbergs Bürgermeister Eric Ballerstedt am Freitagnachmittag per Pressemitteilung bekannt gegeben. Tags zuvor war davon im Kreistag noch keine Rede. Dort kündigte Landrat Elmar Stegmann an, ein MVZ zum Thema des Krankenausbeirates des Landkreises im nächsten Jahr machen zu wollen.
Durch das Aus der Rotkreuzklinik Lindenberg zum 1. Juli ist eine erhebliche Lücke in der Versorgung der Menschen im Westallgäu entstanden. Ein medizinisches Versorgungszentrum könnte das Problem zumindest ein Stück weit entschärfen. Dazu sollte ein MVZ nach Ansicht des Gesundheitsnetzes Westallgäu mindestens eine Akutversorgung für alltägliche Notfälle und Krankheitsbilder bieten.
Weil seit der Schließung der Klinik fast ein halbes Jahr vergangen ist, hatte das Gesundheitsnetz Westallgäu die Politik im Landkreis und in Lindenberg aufgefordert, sich in Sachen MVZ einzusetzen. In Abstimmung mit dem GNW hatte die SPD-Fraktion auch einen entsprechenden Antrag im Kreistag eingebracht. Er zielt auf eine „bestmögliche Unterstützung“ von Landkreis, Stadt und Nachbarkommunen zur Errichtung eines „dringend benötigten MVZ in Lindenberg“ ab. Das bezieht sich auf die Trägerschaft, den Standort, Baulichkeiten, sowie die personelle und technische Ausstattung.
Rose Eitel-Schmid, SPD-Kreisrätin und Kinderärztin aus Lindenberg, verdeutlichte im Kreistag die Dringlichkeit. Die Lage im Westallgäu sei eine andere als im unteren Landkreis. Im Westallgäu würden Hausärzte keine neuen Patienten mehr aufnehmen, weil die Praxen überlastet seien. Sie verband den Antrag mit einer Bitte an den Landrat. Er verfüge über ein Netzwerk und habe sich auch medizinisches Wissen erworben. Deshalb könne er alle Fachleute an einen Tisch bringen, um das Problem zu lösen.
Der Landrat sieht sich selbst in Sachen MVZ in der Rolle als Vermittler. Er kündigte an, das Thema im Krankenhausbeirat zu besprechen. Dazu soll auch ein Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) geladen werden. Sie muss die ambulante medizinische Versorgung der Patienten sicherstellen. Darunter fällt die Zulassung von MVZs. Die nächste Sitzung des Beirates wird Ende Januar oder Anfang Februar stattfinden.
Möglicherweise geht es jetzt aber auch schneller. Die Schwesternschaft ist laut Eric Ballerstedt mit der OSK im engen Austausch. Aktuell werde ein Antrag auf Errichtung eines MVZ vorbereitet. Ballerstedt gab über die Pressemitteilung auch die Kernaussagen eines Gutachtens zur Wirtschaftlichkeit eines MVZ bekannt.
Demnach ist ein MVZ in Lindenberg sinnvoll. Zwei Vertragsarztsitze (Chirurgie und Allgemeinmedizin) seien eine gute Basis für den Start. Bestandteil sollte ein „kleineres Röntgenangebot“ sein. Eine spezielle Röntgenabteilung würde dagegen jährliche Wartungskosten in sechsstelliger Höhe bedeuten. Gedacht ist offenbar an eine Öffnung von Montag bis Freitag. Jedenfalls würde ein Angebot am Wochenende ein Defizit verursachen. Ein erfolgreicher Betrieb des MVZ hänge zudem entscheidend davon ab, ob es angenommen werde.
Bürgermeister wehrt sich gegen Vorwürfe
In der Kreistagssitzung am Tag davor hatte sich Lindenbergs Bürgermeister gegen den Vorwurf verwahrt, die Stadt unternehme nichts oder zu wenig in Sachen MVZ. Er sei im ständigen Austausch mit den Beteiligten. Das bekräftigte Ballerstedt in der Pressemitteilung. Die Rolle der Stadt müsse darin bestehen, dafür zu sorgen, „dass mögliche Beteiligte für den Betrieb eines MVZ zusammenfinden“. Dieser Aufgabe werde die Stadt gerecht, unter anderem in zahlreichen Gesprächen hinter den Kulissen, auf politischer Ebene, mit Ärzten, der Schwesternschaft und der OSK. Die Stadt sei derzeit aber „weder berechtigt noch in der Lage, den Prozess zur Errichtung eines MVZ zu beschleunigen oder zu vereinfachen.“
Ballerstedt verweist auch auf Herausforderungen bei der Gründung eines MVZ. So müssten Ärzte gefunden werden, die an einer langfristigen Tätigkeit im MVZ interessiert seien. Eine Möglichkeit sei es, eine Praxis von einem Arzt vor Ort abzukaufen und den Arztsitz zu übernehmen. Der Praxisinhaber müsse dann aber noch drei Jahre im MVZ beschäftigt werden.
SPD-Ortsverein hatte Fragen eingereicht
Der Bürgermeister nimmt mit seiner Pressemitteilung auch die Antwort auf Fragen vorweg, die der SPD-Ortsverein zur Bürgerfragestunde am Montag, 16. Dezember, (18 Uhr, Rathaus) eingereicht hatte. Unter anderem will die SPD wissen, was die Stadt unternehme, um die Gründung eines MVZ voranzutreiben, wann sie einen Träger gefunden haben will und was sie tue, um zwischen einem Träger und der Schwesternschaft des Roten Kreuzes als Eigentümerin der Rotkreuzklinik zu vermitteln.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden