Die Faszination, die der Zirkus als Live-Show so einzigartig ausübt, hat die junge Allgäuerin Milena Heim-Kretz schon im Kleinkindalter eingefangen. 2008 wurde sie in Lindenberg geboren. Ihre Eltern Beate Heim und Elmar Kretz lebten damals in Stiefenhofen bei Oberstaufen. Erst vor drei Jahren zog die Familie nach Oberreute, wo auf dem Gelände des Gasthofes Adler nicht nur genügend Platz für Pferde und Hunde, sondern auch für die ganze Familie vorhanden war.
Mit vier Jahren zum ersten Mal in der Manege
Mit vier Jahren lief die kleine Zirkusprinzessin zum ersten Mal in die Manege. Engel umgaben sie und legten sie ins Bett, wo sie in tiefen Schlaf versank. Aus dem (Bühnen-)Traum erwacht, spürte sie schon damals den magischen Zauber, der nicht nur das Publikum, sondern auch sie selbst ergriff. Seitdem ist sie mit verschiedenen Nummern fester Bestandteil des „Weihnachtscircus“-Programms in Ravensburg.
Ihre Lieblingsnummer: die „Ungarische Post“. Da trabt Milena auf zwei schwarzen Pferden stehend durch die Arena und lässt sechs weiße Araber-Pferde nacheinander unter ihren gegrätschten Beinen hindurchlaufen. Gerade hat diese anspruchsvolle Tiernummer mal nicht zu 100 Prozent geklappt. „Ich war so frustriert“, erzählt Milena, „aber im Zirkus muss man professionell bleiben. Es gilt die Regel ‚Geschrien und geweint wird hinter dem Vorhang‘. Danach nochmal rauszugehen und zu lächeln ist hart.“
2024 hat Milena die Realschule in Lindenberg abgeschlossen. So konnte sie erstmals seit Anfang November beim Aufbau des Weihnachtscircus mithelfen. Das war teilweise harte Arbeit an der Seite ihres Vaters. „Aber wenn dann alles losgeht, ist der Zauber wieder da“, sagt sie und strahlt. Los geht es für sie täglich um 8.30 Uhr. Erst erfolgt ein Rundgang, ob alles passt. Dann werden die Tiere bewegt und trainiert. Auch die 30 Akrobaten, Komiker und Tänzer starten ihr Training. Dann geht es für Milena an die Popcornherstellung.
Weihnachtscircus ist für viele Besucher Tradition
Während um 14 Uhr Einlass für die 15 Uhr-Vorstellung ist, beginnt sich Milena zu schminken. Ein schönes Gesicht noch schöner schminken, geht das? Ja, denn Lichtverhältnisse und die Ansprüche einer professionellen Show erfordern eine weithin sichtbare Maske. Die „Verwandlung“ dauert eine knappe Stunde, macht aber Spaß.
In der Pause nach ihren verschiedenen Auftritten verkauft das junge Mädchen im Vorzelt das frische Popcorn. „In normaler Kleidung“, wie sie lachend betont. Denn die Kostüme, die sie während der Show bis zu fünfmal wechselt, sind so wertvoll, dass sie darauf achten muss, dass nichts passiert. Ein wunderschönes Kleid sei mit unzähligen Glitzersteinen bestückt, die die Schneiderin, eine ehemalige Akrobatin, von Hand aufgenäht habe.
Was ihr neben der magischen Zirkusstimmung, dem Zusammenhalt der Gruppe und dem Reiz der eigenen Nummern gefällt? „Viele Besucher kommen seit Jahren zu uns. Der Zirkusbesuch zu Weihnachten ist für sie Tradition. Und viele kennen mich schon lange und sprechen mich an.“
Heiligabend fand die Familie Kretz auch Gelegenheit, mit ihren Verwandten kurz zu Hause im Allgäu zu feiern. Aber auch vorher und nachher musste an einem solchen Tag ohne Vorstellung nach den Tieren und der ganzen Zirkusanlage geschaut werden. „Übernachtet wird deshalb immer beim Zirkus“, erzählt Milena.
„Ich hab zwei Leben, Zirkus und normal.
Milena Heim-Kretz
Dass es nach drei Wochen Zirkuszauber für sie schwierig sei „umzuswitchen“, wie sie sagt und da auch Tränen fließen können, gibt sie freimütig zu. Zu sehr ist ihr diese schöne Welt auf den Leib geschrieben, die die Familie auch übers Jahr in andere Städte – wie nach Las Vegas, Budapest oder Latina bei Rom – zu Zirkusfreunden und Festivals führt.
„Mit 17 hat man noch Träume“ – ein alter Schlagertitel lässt Milena nicht lange nachdenken. „Ich möchte ab September unbedingt eine Ausbildung machen und einen Beruf finden, in dem ich glücklich bin.“ Genauere Vorstellungen hat sie noch nicht. Da sie mit einer chronischen Krankheit lebt, denkt sie auch an Krankenschwester. „Aber jetzt helfe ich erstmal Papa“, sagt sie. „Mein Traum jetzt ist, dass meine Nummern, vor allem die ‚Ungarische Post‛ immer gut klappen“. Und fügt an: „Ich hab zwei Leben, Zirkus und normal. Das ist das Tolle, und ich bin in beiden mit Herzblut dabei.“
In Oberreute ist sie seit zehn Jahren im Trachtenverein, wo sie mit viel Vergnügen Schuhplattler tanzt, und in Stiefenhofen gehört sie zur Landjugend. Da wird statt Glitzerrobe sicher ein Dirndl aus dem Schrank geholt. Die junge Allgäuerin umgibt sich gern mit Freunden, aber auch mit ihren 16 Pferden, die sie pflegt und trainiert.
Aufgrund der großen Nachfrage finden fünf Zusatzvorstellungen des Weihnachtscircus statt. Die letzten drei Termine sind am 4., 5. und 6. Januar.
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