Die Niederlage von Friedrich Merz bei der Kanzler-Abstimmung im ersten Wahlgang hat die Politiker im Westallgäu völlig überrascht. Das sind die Reaktionen am Dienstagmittag.
CSU-Kreisvorsitzender Ulrich Pfanner Die Niederlage sei alles andere als erfreulich, sagt der Scheidegger Bürgermeister. „Wenn es so losgeht, ist es schwierig“. Gegenstimmen vermutet er aus den Reihen beiden Partnern der Koalition. „Es werden wohl nicht alle von der SPD und auch nicht alle von der Union gekommen sein.“
Vielleicht sei der eine oder andere beleidigt, weil er bei der Vergabe der Ämter nicht zum Zuge gekommen sei. Wenn 30 oder 40 Personen etwas versprochen werde und es gebe nur 20 Posten zu vergeben, sei es schwierig.

Der CSU-Kreisvorsitzende sieht jetzt die Abgeordneten in der Verantwortung. Als Parlamentarier müsse man sich Gedanken machen. Der Vorgang sei „kein Gewinn für die Demokratie“. Letztlich profitiere nur die AfD davon. Die lache sich ins Fäustchen.
SPD-Kreischef: „Ich hoffe, dass die Koalition es auf die Kette bekommt“
SPD-Kreisvorsitzender Dennis Freudenthaler Die Niederlage sage viel über das Vertrauen aus, das Friedrich Merz genieße, sagt Freudenthaler. Der Anfang der Koalition bereite ihm Sorgen. „Ich hoffe, dass die Koalition es jetzt auf die Kette bekommt.“
Er könne sich nicht vorstellen, dass es zwölf Abweichler in den Reihen der SPD gegeben habe. Vermutlich seien die Nein-Stimmen aus allen drei Parteien gekommen.
Freudenthaler selbst hatte nach eigenem Bekunden bei der Mitgliederabstimmung der SPD gegen den Koalitionsvertrag gestimmt. Er sei zwar zufrieden, wie die SPD verhandelt habe, aber nicht mit dem, was herausgekommen sei. Die großen gesellschaftlichen Probleme lasse der Koalitionsvertrag außen vor.
Grünen-Sprecherin erhofft sich Demut und Einsicht von Merz
Grünen-Kreissprecherin Petra Karcher Die Scheideggerin hat die historischen Ereignisse in Berlin mit einer gewissen Schadenfreude mitverfolgt. „Es ist sehr traurig für unsere Demokratie, aber es war zu erwarten“, sagt die Grünen-Kreissprecherin.

Merz habe sich auf einem Höhenflug befunden und nie an irgendetwas gezweifelt. Weder daran, dass die Grünen mit für sein Sondervermögen abstimmen, noch dass die SPD den Koalitionsvertag annimmt. Zugleich habe er in Sachen Schulden schlicht Wahlversprechen gebrochen, sich dafür aber bisher nicht entschuldigt. Demut sei nicht seine Stärke.
Vielleicht helfe dieser Schuss vor den Bug dabei. „Ich wünsche mir, dass er Einsicht zeigt, aber ob er das kann, ist eine andere Frage“, sagt Karcher.
Darum befürwortet Rainer Rothfuß (AfD) einen zweiten Wahlgang
AfD-Bundestagsabgeordneter Dr. Rainer Rothfuß Er sei überrascht darüber, dass Friedrich Merz nach erfolgreichen Koalitionsverhandlungen nicht zum Kanzler gewählt worden sei, sagt Rothfuß. Merz habe viele Positionen von CDU/CSU aufgegeben, damit die Regierung zustande kommt – und deshalb hätte er nach Ansicht des AfD-Politikers aus Lindau eigentlich die Zustimmung der Sozialdemokraten haben müssen. „Dass es Abweichler gab, ist ein Zeichen dafür, dass er die Leute in den eigenen Reihen nicht geschlossen hinter sich hat.“
Die AfD habe dennoch einem zweiten Wahlgang – auch heute noch – zugestimmt, sagt Rothfuß. Die Fraktion werde zwar nicht für Merz stimmen, doch sie sei angesichts der aktuellen Krisen überzeugt: „Deutschland braucht rasch eine handlungsfähige Regierung.“ Angesichts der Wahlüberraschung sieht der AfDler bei der Koalition von Union und SPD aber „eine noch größere Hypothek“ zu Beginn, als sie die Ampel vor drei Jahren gehabt habe.
Sollte auch der nächste Wahlgang scheitern, wäre das für Rothfuß ein klares Signal, dass Merz nicht Kanzler werden könne. In diesem Fall fordert er Neuwahlen. Alles andere wäre seiner Meinung nach der Bevölkerung nicht zu vermitteln. Zumal die Zustimmung für die Koalitionsparteien seit der Wahl gesunken sei.
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