Das Thema MVZ erregt weiter die Gemüter in Lindenberg. In der Bürgerfragestunde des Stadtrates führt es zu einem Wortwechsel zwischen Bürgermeister Eric Ballerstedt einerseits, Bürgerinnen und Bürgern andererseits. Dabei ging es unter anderem um den Einsatz des Rathauschefs und der Stadt in Sachen medizinisches Versorgungszentrum.
Seit Monaten wird über ein MVZ in Lindenberg gesprochen. Infolge eines Antrags der SPD-Fraktion wird es im Januar auch Thema im Stadtrat werden.
Franziska Wiedemann brachte es jetzt in der Bürgerfragestunde aufs Tapet. Sie hatte Tage vor der Sitzung mehrere Fragen im Rathaus eingereicht. In der Bürgerfragestunde trug sie diese auch mündlich vor. Unter anderem wollte sie wissen, was die Stadt in Sachen MVZ unternehme, wo so ein Zentrum angesiedelt werden könnte, sollte das an der Rotkreuzklinik nicht möglich sein, inwieweit die Stadt zwischen einem möglichen Träger und der Schwesternschaft als Eigentümerin des Klinikgebäudes vermittle und auf welchen Kanälen die Bevölkerung „forlaufend“ über den aktuellen Stand informiert werden soll.
Die Antwort von Eric Ballerstedt deckte sich mit einer Pressemitteilung, die die Stadtverwaltung am Freitagnachmittag vor der Ratssitzung verschickt hatte. Die Rolle der Stadt müsse darin bestehen, dafür zu sorgen, „dass mögliche Beteiligte für den Betrieb eines MVZ zusammenfinden“, so Ballerstedt.
Dieser Aufgabe werde die Stadt gerecht, unter anderem in zahlreichen Gesprächen hinter den Kulissen, auf politischer Ebene, mit Ärzten, der Schwesternschaft und der OSK. Die Stadt sei derzeit aber „weder berechtigt noch in der Lage, den Prozess zur Errichtung eines MVZ zu beschleunigen oder zu vereinfachen“.
Erschwert werde eine Gründung, weil mittlerweile der Insolvenzverwalter die Hand auf dem chirurgischen Arztsitz hat. Der ist aus Sicht aller Beteiligter aber nötig, um ein MVZ sinnvoll betreiben zu können.
Bevor der Bürgermeister in der Sache antwortete, warf er Franziska Wiedemann vor, die Bürgersprechstunde als „Bühne für den Ortsverband zu missbrauchen“. Die SPD könne ihre Fraktion im Stadtrat nutzen, um Antworten auf Fragen zu bekommen, sagte er. Der Grund für den Angriff: Franziska Wiedemann ist Vorsitzende des SPD-Ortsvereins und hatte die Fragen auf einem Papier mit SPD-Briefkopf abgegeben. Allerdings war in ihrem mündlichen Vortrag von keiner Partei die Rede.
Der Vorwurf des Bürgermeisters löste bei einigen Zuhörern in den dicht besetzten Besucherreihen Befremden und bei Franziska Wiedemann Widerspruch aus. Die Reaktion „sagt mehr über Sie aus als über mich“, sagte sie in Richtung Bürgermeister. Wer in der Situation an Parteipolitik denke, sei fehl am Platz. „Wir sind Bürgerinnen und Bürger von Lindenberg“, sagte sie über ihre Rolle.
In der Diskussion meldeten sich auch andere Zuhörer zu Wort. Dr. Raimund Bischof, niedergelassener Arzt in Lindenberg, warf der Stadt vor, zu keinem Zeitpunkt auf das Gesundheitsnetz Westallgäu (GNW) zugegangen zu sein. Und zwar weder während des Insolvenzverfahrens der Rotkreuzklinik noch jetzt in Sachen MVZ. Dem widersprach der Bürgermeister. Er verwies auf einen entsprechenden Austausch per WhatsApp mit dem GNW-Vorsitzenden Dr. Franz Josef Sauer.
Unterversorgung droht im Westallgäu
Zu Wort meldete sich auch Dr. Dieter Zahn, langjährig tätiger Kinderarzt. Im Westallgäu seien sechs Allgemeinarztsitze zu besetzen. Deshalb habe die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) bereits die drohende Unterversorgung im Westallgäu festgestellt. Die KVB „würde unterstützen, wenn sich die Stadt dahinterklemmt“, sagte er. Zahn forderte den Bürgermeister zudem auf, Mediziner, die seit Jahrzehnten Praxiserfahrung haben, zum „Wohle der Bevölkerung“ hinzuzuziehen.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden