Auf dieser vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) zur Verfügung gestellten Aufnahme ist eine Zelle (grün) mit dem Coronavirus (gelb) infiziert. Eine in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Coronavirus sorgt für Verunsicherung. Was wir bisher über die Virus-Mutation wissen - und was nicht.
Bild: Niaid (Archivbild)
Auf dieser vom National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) zur Verfügung gestellten Aufnahme ist eine Zelle (grün) mit dem Coronavirus (gelb) infiziert. Eine in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Coronavirus sorgt für Verunsicherung. Was wir bisher über die Virus-Mutation wissen - und was nicht.
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Kurz vor dem Beginn von Covid-19-Impfungen in Deutschland verunsichern Berichte über eine neue, deutlich ansteckendere Coronavirus-Variante in Großbritannien. Kann es sein, dass die Impfung gar nicht wirkt? Ist das veränderte Virus gefährlicher geworden? Was bedeutet Mutation konkret? Die Fragen und Antworten zum aktuellen Stand.
Ersten Analysen britischer Wissenschaftler zufolge verfügt die neue Variante über ungewöhnlich viele genetische Veränderungen, vor allem im Spike-Protein. Dieses Protein sitzt auf der Oberfläche des Virus. Der Erreger benötigt es, um in die menschlichen Zellen einzudringen. "Was man derzeit nicht weiß ist, ob irgendeine dieser Mutationen zu Veränderungen des Virus führt", sagt Andreas Bergthaler von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (CeMM) in Wien. Veränderungen könnten die Übertragbarkeit des Virus betreffen oder den klinischen Verlauf der Erkrankung.
Aktuell gibt es laut WHO Fälle in Großbritannien, Dänemark, den Niederlanden, Australien und Italien. Viele Länder haben den Flugverkehr mit Grpßbritannien ausgesetzt, um eine weitere Verbreitung des Virus zu verhindern.
Der Virologe Christian Drosten geht davon aus, dass die in Großbritannien zirkulierende neue Variante des Coronavirus Deutschland bereits erreicht hat. "Ich denke, dass das schon in Deutschland ist", sagte Drosten am Montagmorgen im Deutschlandfunk. "Dieses Virus ist ja jetzt gar nicht so neu. Davon darf man sich jetzt wirklich nicht irgendwie aus der Ruhe bringen lassen." Das Virus komme seit Ende September in England vor und sei im Oktober noch überhaupt nicht im Fokus gewesen. "Wir wissen jetzt: Es ist schon in Italien, in Holland, in Belgien, in Dänemark - sogar in Australien. Warum sollte es nicht in Deutschland sein?"
"Es gibt immer noch viel, das wir nicht wissen. Aber es gibt keine Beweise, dass die neue Variante mehr oder schwerere Krankheitsverläufe auslöst", sagte der britische Premierminister Boris Johnson am Samstag. Auch eine höhere Sterblichkeit sei durch die Virus-Variante VUI2020/12/01 bisher nicht festgestellt worden. Der oberste wissenschaftliche Regierungsberater Patrick Vallance betonte, dass im Dezember 60 Prozent der Neuinfektionen in London die neue Variante betroffen hätten. "Sie breitet sich rasch aus und ist dabei, die dominierende Variante zu werden", sagte er.
Für Christian Drosten reichen die Informatonen aktuell noch nicht aus, um die Mutation einschätzen zu können: "Ich bin darüber nicht so sehr besorgt im Moment. Ich bin allerdings auch - genau wie jeder andere - in einer etwas unklaren Informationslage." Die öffentlich bekannten Dokumente seien noch lückenhaft, das würden britische Wissenschaftler genauso sehen. "Die sagen auch, sie müssen zumindest mal noch bis diese Woche warten, bis ein paar vorläufige Datenanalysen abgeschlossen sind, um überhaupt zu sagen, dass der Verdacht, den sie da äußern stimmt."
Auf die Wirksamkeit der Impfung wird sich die derzeit in Großbritannien zirkulierende neue Virusvariante vermutlich zunächst nicht nachteilig auswirken. "Ich sehe da derzeit keinen Grund für Alarm", sagt Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel. Auch Bergthaler hält die derzeitige Entwicklung nicht für "wahnsinnig alarmierend". Dass Mutationen auftauchen, sei nicht ungewöhnlich, derzeit wisse man nicht, ob die beobachteten Veränderungen die Eigenschaften des Erregers überhaupt entscheidend beeinflussen.
Tatsächlich müssen auch Impfstoffe gegen andere Viruserkrankungen, etwa gegen Grippe, immer wieder an aktuell zirkulierende Virusvarianten angepasst werden. Bei den neuartigen mRNA-Impfstoffen, zu denen der in Großbritannien eingesetzt Coronavirus-Impfstoff gehört, geht das vergleichsweise einfach. Diese Impfstoffe enthalten keine vollständigen Viren, sondern nur eine genetische Information, eine Bauanleitung für ein Virus-Protein. Diese Bauanleitung lässt sich relativ schnell an einen neuartigen Erreger anpassen.