Die Menschen in Paris sind mittlerweile gerne umweltbewusst unterwegs, fahren mit dem Rad oder dem Elektroroller zur Arbeit und besonders praktisch geht das entlang der Ufer der Seine. Seit die ehemaligen Schnellstraßen für den Auto-Verkehr gesperrt sind, herrscht dort freie und schnelle Durchfahrt – im Prinzip. Doch an diesem Nachmittag sperren wieder einmal Bänder den Weg ab.
„Hier wird gerade gedreht, bitte nehmen Sie einen anderen Weg“, bekommen Passantinnen und Spaziergänger zu hören. „Merci!“, rufen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Filmteams mit der undankbaren Aufgabe, Passanten und Radfahrer aus dem Bild zu halten, den Abgewiesenen noch hinterher.
Szenen wie diese gibt es fast täglich in Paris, nicht nur an den Seine-Ufern. Frankreichs Hauptstadt gehört weltweit zu den beliebtesten Filmkulissen. Besonders oft werden auch Bereiche im Quartier Latin, auf den Brücken Alexandre III. und Pont Neuf, vor dem Louvre oder mit Blick auf den Eiffelturm für Dreharbeiten gesperrt.
Im vergangenen Jahr verbrachten Kamerateams hier insgesamt 7000 Drehtage, um an 110 Kinofilmen und 64 Serien zu arbeiten. 2021 stellte in dieser Hinsicht bisher ein Rekord-Jahr dar, sagt Carine Rolland, Beauftragte für Kultur im Rathaus der Stadt. „Paris ist immer wieder eine Inspirationsquelle für Regisseure und Drehbuchautoren und das bestärkt seine internationale Strahlkraft. Viele kommen natürlich für die symbolträchtigen Monumente, aber gedreht wird überall.“
In Paris entstanden Klassiker der Filmgeschichte
Große Berühmtheit erlangten etwa Szenen wie die, in der Audrey Tautou im Film „Die fabelhafte Welt der Amélie“ durch das verkitscht wirkende Montmartre-Viertel spaziert, wie Tom Hanks im Louvre nach dem „Da Vinci Code“ sucht oder Leonardo DiCaprio und Marion Cotillard im Film „Inception“ auf der Brücke Bir-Hakeim in einen wirbelnden Traum gezogen werden. Zu den 2021 in Paris gedrehten Filmen gehören französische Produktionen wie „Die drei Musketiere“ von Martin Bourboulon, aber auch der US-amerikanische Actionthriller „John Wick 4“, der 2023 in die Kinos kommen soll. US-Schauspieler Keanu Reaves läuft dabei nicht nur die Straßen von Montmartre entlang. Handyvideos zeigen außerdem, dass er den Technikern dabei half, Material die Stufen bis zum Montmartre-Hügel, auf dem die Basilika Sacré-Coeur thront, hinaufzutragen.
Szenen der Netflix-Serie „Der Mörder“ von David Fincher mit Michael Fassbender wurden im fünften Arrondissement gedreht – hier lebt auch die US-Amerikanerin Emily iin der Netflix-Serie „Emily in Paris“. Ihre Wohnung befindet sich auf der Place de l‘Estrapade und einen Katzensprung von der „Boulangerie Moderne“ entfernt, wo die junge Frau, die von Lily Collins gespielt wird, morgens ihre Croissants holt. Die Bäckerei erhielt dadurch eine schöne Werbung. Für die beiden Staffeln der Serie wurde an etlichen Orten in Paris gedreht, vom Dalida-Platz im Montmartre bis zum schicken Café de Flore. Fan-Seiten im Internet geben die genauen Adressen an, damit Touristen diese abklappern können.
Die mit den Drehs verbundenen Straßenblockaden brachten allerdings regelmäßig Anwohner auf die Palme. „Um in die Arbeit zu gehen, musste ich manchmal zehn Minuten warten, bis eine Szene endlich gedreht war,“ erzählt eine Frau in der Zeitung Le Parisien.
Das Rathaus will aber weiter Filmteams an die Seine locken, die das Image von der Traumstadt Paris weiter verbreiten. Es hat eine eigene Abteilung für Drehanfragen eingerichtet und die Hauptstadtregion verfügt über ein Budget, um Filmproduktionen zu fördern. Nur einen Wermutstropfen gibt es: Aus Sicherheitsgründen darf die französische Hauptstadt nicht überflogen werden. Paris wird in Filmen aus den verschiedensten Winkeln gezeigt – aber nicht von oben.