Frau Schüttler, führen Sie eigentlich ein gutes Leben?
Katharina Schüttler: In einem ersten Impuls würde ich sagen: ja! (Sie stockt.) Warten Sie! Ja, aber auch, wenn ich darüber nachdenke, was ein gutes Leben ist, würde ich zustimmen. Ich habe das Gefühl, dass ich es immer mehr lerne, ein gutes Leben zu leben. Meistens steht man sich ja einfach selbst im Weg. Inzwischen ist es fast eine Art Hobby von mir, wenn man das so sagen kann, daran zu arbeiten, dass das Leben noch freudvoller wird. Man muss da manchmal Dinge aus dem Weg räumen, damit man merkt, das gute Leben ist ja im Grunde schon da.
Was räumen Sie alles aus dem Weg?
Schüttler: Lustigerweise bin ich gestern nach Paris und wieder zurückgeflogen, und da habe ich einen Podcast gehört, in dem es genau darum ging. Wir lernen verrückterweise als Kinder, dass bestimmte Dinge zutreffen müssen, um glücklich zu sein. Das ist aber eigentlich nur eine Form von Hypnose. Wer sagt denn, dass man nicht völlig grundlos glücklich sein kann? Und so bin ich absolut glücklich gelandet. Ich beschäftige mich übrigens gerne mit dieser Art von, wie soll ich sagen, spirituellen Themen.
Und was unternehmen Sie konkret?
Schüttler: Ich räume in mir viele einschränkende Glaubenssätze aus dem Weg. Dinge, an die ich immer einfach so geglaubt habe. Wie bin ich? Wie sehen mich andere? Wie ist die Welt? Ich beschäftige mich mit Gedanken, die zu Gefühlen geführt haben. Und wenn man sich von den problematischen Dingen frei macht, wird es immer heller und lichter. Ich finde das total schön! Es gibt ja Menschen, die wären gerne noch einmal jung…
Sie nicht?
Schüttler: Nein, überhaupt nicht! Da müsste ich ja noch mal von vorne anfangen und alles, was ich im Laufe der Jahre gelernt habe, noch mal neu lernen.
Wenn ich Sie richtig verstehe, denken Sie, Glücklichsein funktioniert auch ohne Villa, Jacht und Porsche.
Schüttler: Ja, absolut. Würden das alle begreifen, würde unsere ganze Konsumgesellschaft in sich zusammenbrechen. Wenn es möglich ist, grundlos Freude zu empfinden, wäre das eine absolute Bedrohung.
In der BR-Produktion „Die Glücksspieler“ spielen Sie eine Frau, die das anders sieht: eine junge, ehrgeizige Anwältin, die sich auf ein interessantes Projekt einlässt. Ein unglücklicher alter reicher Mann würde ihr eine Million Euro zahlen, wenn sie sich bemüht, ein glücklicheres Leben zu führen.
Schüttler: Ehrlich gesagt, ich mache das auch ohne Geld schon, seitdem ich Mitte 20 bin. Es geht dabei ganz viel um eine Form von innerer Freiheit. Also frei sein von einschränkenden Glaubenssätzen, Ängsten und anderen Hemmnissen, bei denen wir uns selbst im Weg stehen. Mir geht das auch in der Schauspielerei so: Je freier ich werde, umso mehr Raum steht mir zum Füllen in meinem Beruf zu Verfügung.
Was wäre denn, wenn man Ihnen die Million anbieten würde?
Schüttler (lacht): Ich glaube, ich wäre versucht, mitzumachen.
In der Serie, die an diesem Mittwoch anläuft, heißt es: „Geld ist giftige Scheiße.“ Wie ist Ihr Verhältnis dazu, zum schnöden Mammon?
Schüttler: Die große Kunst liegt darin, sich selbst nicht von Geld abhängig zu machen. Es ist ein Irrglaube, dass Geld glücklich macht. Wenn die Grundbedürfnisse gesichert sind, ist jeder finanzielle Reichtum darüber hinaus gar nicht mehr relevant für das Empfinden von Glück. Natürlich ist es schön, in den Urlaub zu fahren oder ein tolles Haus zu haben. Aber wie gesagt, das Glück muss man in sich finden. Mir persönlich bedeutet Geld eher nicht so viel. Es kann das Leben aber schöner machen.
In der Serie ist die Anwältin, die Sie spielen, nie zu Hause. Die Kindererziehung überlässt sie ihrem Mann. Würden Sie privat auch den Beruf für Kinder vorziehen?
Schüttler: Nein. Ich bin ehrlich gesagt glücklich, dass man bei der Schauspielerei so flexibel ist. Man kann sowohl phasenweise tief in die Arbeit eintauchen und große Freiräume haben als auch intensiv viel Zeit mit der Familie verbringen. Das genieße ich total! Wenn ich lange frei habe, denke ich mir, so könnte es weitergehen. Wenn ich wieder arbeite, genieße ich das aber auch.

Ein Journalist hat Sie als die neue große Schauspielhoffnung Deutschlands bezeichnet und hob vor allem auf Ihre Stimme ab, mit der Sie lachen können. Wie geht das: mit der Stimme lachen?
Schüttler: Das weiß ich nicht…
Aber das können nur Sie beantworten.
Schüttler: Trotzdem, keine Ahnung. Jeder lacht doch mit der Stimme!
Ja, aber gemeint ist, dass beim Sprechen ein Lachen mitschwingt.
Schüttler: Ich mache das nicht bewusst.
Hören Sie selbst Ihre Stimme gerne?
Schüttler: Anfangs mochte ich sie nicht so. Ich musste mich an sie herantasten. Mittlerweile habe ich mich an sie gewöhnt, vor allem, wenn ich Bilder dazu habe.
Es ist über Sie zu lesen, dass Sie bevorzugt radikale Rollen spielen, bei denen Menschen in existenzielle Situationen kommen. Was reizt Sie daran?
Schüttler: Je höher die Amplituden der Emotionen und Situationen sind, in die eine Figur geworfen wird, umso mehr gibt es natürlich zu spielen. Je größer der Raum ist, den es für einen Schauspieler zu erkunden gibt, desto mehr gibt es zu entdecken. Das macht eine Rolle spannender. Das mit den radikalen Rollen war so die erste Schublade, in die ich beruflich gesteckt wurde. Und ich mochte die ganz gerne, weil es eine Festlegung war, die viel Raum lässt. Ich konnte damit jedenfalls ganz gut leben.
Zur Person: Katharina Schüttler, 42, wurde bekannt durch viele TV-Rollen, etwa in „Unsere Mütter, unsere Väter“. Die Serie „Die Glückspieler“ läuft am 27. April, 4. und 11. Mai im Ersten. Sie ist mit Regisseur Till Franzen verheiratet und hat zwei Töchter.