Energiekrise

Bundestag spart Energie: 19 Grad und kaltes Wasser für die Abgeordneten

Der Winter ist längst in Berlin angekommen. Auch die Abgeordneten im Bundestag bekommen das zu spüren. Um Energie zu sparen, ist es in den Büros kälter als in den Vorjahren.

Der Winter ist längst in Berlin angekommen. Auch die Abgeordneten im Bundestag bekommen das zu spüren. Um Energie zu sparen, ist es in den Büros kälter als in den Vorjahren.

Bild: Michael Kappeler, dpa

Der Winter ist längst in Berlin angekommen. Auch die Abgeordneten im Bundestag bekommen das zu spüren. Um Energie zu sparen, ist es in den Büros kälter als in den Vorjahren.

Bild: Michael Kappeler, dpa

Alle müssen Energie sparen, das gilt auch für den Bundestag. Doch mit sinkenden Temperaturen geht auch die Laune im Parlament in den Keller.
18.12.2022 | Stand: 21:36 Uhr

Es war ein Ausruf der Verzweiflung. „Sitze mit Mantel und 3. Tasse heißem Wasser - auch zum Händewärmen - im Büro. Ich zweifle, dass das 19 Grad sind. Nächste Woche komme ich mit Decke, Wärmflasche und Hut“, schrieb die Grünen-Abgeordnete Renate Künast Mitte November auf Twitter. Die Reaktionen waren zahlreich und heftig, Mitleid wurde fast gar nicht geäußert. Denn an allen Arbeitsstätten in öffentlichen Liegenschaften gilt laut der Energieeinspar-Verordnung des Bundes eine „Temperaturhöchstgrenze von vorübergehend 19 Grad“. Das ist ein Grad weniger als die „bisher empfohlene Mindesttemperatur für Büros“ von 20 Grad. Seit Künasts Beschwerde sind die Außentemperaturen noch einmal deutlich gesunken – und damit sinkt auch die Laune der Beschäftigten. Denn in vielen Liegenschaften des Bundestages wird es zunehmend kälter.

19 Grad Celsius wegen Energiesparkonzept des Bundestages

Ein warmer Pullover unter dem Jackett, ein schützender Schal um den Hals – es sind derzeit selbst im Plenarsaal Kleidungsstücke zu sehen, die früher nicht üblich waren. Während die Abgeordneten meist viel in Bewegung sind, trifft es ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter besonders hart. Sie berichten von Raumtemperaturen um die 16 Grad. Im Luisenblock West, ein Neubau mit 400 Büros für Abgeordnete und ihre Teams, wurde es aufgrund eines technischen Fehlers kurzzeitig gar 14 Grad kalt.

Künast hat Pech gehabt. Nach einem eigenen Energiesparkonzept des Bundestages war eine „generelle Absenkung“ der Raumtemperatur in den Büroräumen von 22 auf 20 Grad geplant. Das Konzept wurde Anfang Juli vom Ältestenrat beschlossen. Kurz darauf veröffentlichte das Wirtschaftsministerium von Robert Habeck strengere Regeln. Die „Kurzfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung“ (sie heißt tatsächlich so) gilt nun auch für den Bundestag, ihr zufolge darf „die Lufttemperatur in Arbeitsräumen für körperlich leichte und überwiegend sitzende Tätigkeit in öffentlichen Nichtwohngebäuden im Winterbetrieb höchstens auf 19 Grad Celsius geheizt werden“.

Kein warmes Wasser mehr in den Büros der Bundestagsabgeordneten

Wer sich da etwas Trost aus dem Wasserhahn holen will, wird enttäuscht. Die Büros der Abgeordneten verfügen in der Regel über eigene Waschtische und bisher lieferten 1.800 Durchlauferhitzer dort warmes Wasser. Doch die Geräte wurden abgeschaltet. Immerhin: Auf den Toiletten und in den Teeküchen gibt es noch warmes Wasser. Wobei die Energieeinsparung ohnehin ihre Grenzen hat: Damit sich keine Legionellen bilden, bleibt die zentrale Warmwasserbereitung in einigen Gebäuden angeschaltet.

Beim Umbau des Reichstagsgebäudes zum Sitz des Deutschen Bundestages war es eines der Ziele, den Energiebedarf des Gebäudes so weit wie möglich zu reduzieren. „Bei der Gebäudehülle wurde dies durch die sehr massiven Außenwände, die eine zusätzliche Dämmung erübrigen, in Verbindung mit verbessertem Wärmeschutz bei den Fenstern und anderen transparenten Außenbauteilen sowie durch Dämmung in den Boden- und Deckenbereichen erreicht“, heißt es in der Bundestagsverwaltung. Das scheint gelungen, der Energieausweis für das 1999 fertiggestellte Reichstagsgebäude beschreibt einen Primärenergiebedarf von 204 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr (kWh/m2a). Das Gebäude liegt damit deutlich über dem Anforderungswert für einen modernisierten Altbau und nähert sich dem eines Neubaus an.

Lichter am Weihnachtsbaum vor dem Kanzleramt brennen nur bis 20 Uhr

Doch Besucherinnen und Besucher erleben auch die andere Seite. Der Neubau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses beispielsweise hat laut Energieausweise zwar nur einen Primärenergiebedarf von 95 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Der Anteil für die Heizung ist allerdings auffallend hoch, was an der großzügigen Architektur liegen dürfte. Das 2003 fertiggestellte Abgeordnetenhaus hat viel umbaute leere Fläche, unter anderem ein sogenanntes Veranstaltungsfoyer von der Größe einer Dorfkirche mit riesigen Glasflächen nach außen. Es wird wenig genutzt und muss trotzdem warmgehalten werden.

Einige Abgeordnete geraten angesichts vergleichsweise niedriger Temperaturen in Wallung, wenn sie nur wenige Meter weiter aufs Kanzleramt blicken. Es ist nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen bis in die späte Nacht hell erleuchtet und erweckt den Eindruck von Heimeligkeit. Die 19 Grad gelten allerdings auch im Amtssitz von Olaf Scholz und der SPD-Politiker spart außerdem noch bei der Weihnachtsbeleuchtung. Die Lichter der Fichte im Ehrenhof vor dem Kanzleramt verbrauchen nach Regierungsangaben 287 Watt Strom pro Stunde. Es sind 82 Elemente zu je 60 Leuchtdioden verbaut, insgesamt also 4920 Lichtlein. Jedes der 82 Elemente wiederum zieht 3,5 Watt Strom, und das auch nur für einen begrenzten Zeitraum: Der Weihnachtsbaum wird lediglich in der Zeit zwischen 16 Uhr und 20 Uhr beleuchtet. Kalt ist das Licht auch noch.