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Kommentar: Die Zinsen müssen bis zum Frühjahr auf drei bis vier Prozent hoch

Kommentar

Die Zinsen müssen bis zum Frühjahr auf drei bis vier Prozent hoch

Stefan Stahl
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    Die Zinsen müssen bis zum Frühjahr auf drei bis vier Prozent hoch
    Die Zinsen müssen bis zum Frühjahr auf drei bis vier Prozent hoch Foto: Frank Rumpenhorst, dpa

    Der Donnerstag ist ein Schicksalstag für die Menschen im Euro-Raum. Bei der Sitzung des Rats der Europäischen Zentralbank geht es darum, ob ihr Geld weiter durch eine gefräßige Inflation an Wert verliert und der Euro gegenüber dem Dollar schwächelt, was die Teuerung erneut anheizen könnte. Denn Öl und andere Rohstoffe werden oft in Dollar bezahlt. Je mehr der Euro an Kraft einbüßt, desto teurer wird es, etwa Öl zu beschaffen. Das heizt die Inflation weiter an. Es droht eine Abwärtsspirale aus noch mehr aus dem Ruder laufenden Preisen und einer immer weicheren Währung.

    Dabei wurde den Deutschen zur Euro-Einführung versprochen, das neue Geld würde so hart wie die D-Mark. Das war sie lange auch. Doch wenn sich die Mega-Inflation festsetzt, ist das Versprechen hinfällig. Das käme einem Vertrauensbruch gleich. Das Ansehen des Euro könnte Schaden nehmen.

    Raus aus dem trüben Loch der Null- und Negativzinsen

    Alles andere als eine Zinserhöhung um 0,5 Prozentpunkte raus aus dem trüben Loch der Null- und Negativzinsen wäre eine bittere Enttäuschung. Ringen sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde und ihre Mitstreiter aus Rücksicht auf chronische Schuldnerländer wie Italien nur zu einem Schritt nach oben von 0,25 Prozentpunkten durch, wäre das fatal. Denn bei einem derart dezenten Miau und nicht dem überfälligen Brüllen eines Löwen müssen die Euro-Bürgerinnen und -Bürger weiter Angst vor dem Inflations-Tier haben, das den Wert ihres Geldes anknabbert.

    Dabei kämen auch die 0,5 Prozentpunkte viel zu spät und würden nur Wirkung zeigen, wenn die EZB klarmacht, dass im September ein weiterer Brüller in derselben Höhe folgt. Amerika geht längst diesen lauten Zins-Weg. So werden die Mächtigen an den Finanzmärkten genau auf Klang und Lautstärke der EZB-Aktion hören.

    Doch um die unerträglich hohe Inflation wirkungsvoll zu bekämpfen und sie wieder auf Werte unter drei Prozent zu drücken, ist Konsequenz notwendig. Es reicht nicht, wenn die Zentralbank die Zinsen bis Jahresende auf etwa 1,5 Prozent nach oben schraubt. Die Zeit eilt. Wer jetzt noch kleckert und nicht klotzt, wird seiner Verantwortung nicht gerecht. Denn die Zinsen müssen bis zum Frühjahr auf drei bis vier Prozent nach oben schnellen, um die Inflation zu bändigen und dem Euro Kraft einzuflößen.

    Leider ist die Gefahr groß, dass Lagarde dem Druck aus Italien Tribut zollt und auf einen Miau-Kurs einschwenkt. Denn Rom ist auf niedrige Zinsen angewiesen, um das Leben auf Pump möglichst günstig finanzieren zu können.

    Der Donnerstag wird zum Euro-Schicksalstag

    Der Euro-Schicksals-Donnerstag wird zum Tag der Wahrheit. Er gibt klar Auskunft darüber, ob der EZB das Wohl aller Menschen im Euro-Gebiet wichtig ist oder ob sie dem Lockruf der Schuldenländer erliegt. Im letzteren Fall wäre endgültig belegt, dass die Zentralbank Staaten wie Italien mit billigem Geld finanziert, was ihr von den Statuten untersagt ist. Der oberste Auftrag für die Notenbank ist schließlich die Geldwertstabilität. Doch genau diese Vorgabe vernachlässigt die EZB nun schon seit rund elf Monaten. Immer wieder schätzen Verantwortliche die Inflation falsch ein. Die Euro-Schwäche und die nicht zu bändigende Teuerung gehen zum Teil auf das Versagen der Zentralbank zurück.

    Selbst wenn im Zuge einer neuen Geldpolitik Sparerinnen und Sparer immerhin wieder akzeptable Zinsen bekommen, können sie Verlierer bleiben. Denn die Inflation dürfte noch länger die Zinsen auf den Konten bei weitem übersteigen. Damit sinkt der reale Wert der Ersparnisse. Das kommt einem Fiasko für den Euro und sein Bewachungspersonal um Lagarde gleich. Putin ist für viele, aber nicht alle Übel verantwortlich.

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