Bei der Präsidentenwahl auf den Philippinen zeichnet sich eine Rückkehr an die Macht der einst aus dem Land gejagten Diktatorenfamilie Marcos ab. Nach inoffiziellen Ergebnissen von Dienstag bekam Ferdinand "Bongbong" Marcos Jr. nach Auszählung von 96,55 Prozent der abgegebenen Stimmen (Stand: 4.00 Uhr) mehr als doppelt so viele Stimmen wie seine schärfste Konkurrentin, die Oppositionsführerin Leni Robredo. An dritter Stelle lag weit abgeschlagen der frühere Box-Weltmeister Manny Pacquiao. Damit wird die Marcos-Dynastie 36 Jahre nach ihrer Vertreibung aus dem Inselstaat aller Wahrscheinlichkeit nach in den Malacañang-Palast in der Hauptstadt Manila zurückkehren.
Offizielle Ergebnisse kann aber nur der Kongress, bestehend aus Senat und Abgeordnetenhaus, verkünden. Dies wird erst für Ende Mai erwartet.
Rund 67 Millionen Bürger waren am Montag zur Wahl eines Nachfolgers für den scheidenden Präsidenten Rodrigo Duterte aufgerufen. Der Politiker ist international wegen seines brutalen Kampfes gegen Drogenkriminalität umstritten. Laut Verfassung durfte er nach sechs Jahren nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren. Allerdings lag seine Tochter Sara Duterte-Carpio, derzeit Bürgermeisterin der Millionenstadt Davao im Süden des Landes, bei der Wahl zur Vizepräsidentschaft mit großem Abstand vorne. "Die beiden repräsentieren die schlimmste Art traditioneller Politik und Regierungsführung in der Geschichte unserer Nation", teilte die Menschenrechtsgruppe Karapatan mit. Duterte-Carpio hatte an der Seite von Marcos Jr. kandidiert.
Marcos' Sieg in den Philippinen war absehbar
Der 64-Jährige war im Wahlkampf in sozialen Netzwerken wie TikTok und YouTube aktiv, wo er Millionen Follower hat. Dort lockte er vor allem junge Wähler - die keine Erinnerung an das Regime haben - mit einem verklärten Blick auf die Vergangenheit und dem Traum von einem vermeintlichen "goldenen Zeitalter". Bei allen Umfragen galt er im Vorfeld als klarer Favorit.
Überschattet wurde die Abstimmung von Gewalt, vor allem im Süden des Inselstaates. Hier kamen mindestens sechs Menschen ums Leben. "Trotz einiger Pannen und einiger Gewalt ist die Wahl aber im Allgemeinen gut verlaufen", sagte George Garcia von der Wahlkommission.
Eskalation der Gewalt nach Wahlen in den Philippinnen
Nach der Präsidentenwahl auf den Philippinen haben Hunderte Menschenrechtsaktivisten und Studenten vor dem Büro der Wahlkommission in Manila demonstriert. Sie warfen der Behörde Wahlbetrug vor und wollen den nach einer inoffiziellen Auszählung erwarteten Sieg von Diktatorensohn Ferdinand "Bongbong" Marcos Jr. nicht anerkennen. Bei der Abstimmung am Montag hatten Beobachtern zufolge Tausende Bürger aufgrund von Fehlfunktionen der Stimmenzählmaschinen nicht wählen konnten.

In einigen Bezirken harrten Wähler die ganze Nacht vor den Wahllokalen aus, um auf eine Reparatur oder Ersatz zu warten - meist vergeblich. Die Wahlkommission Comelec lehnte Forderungen nach einer Verlängerung der Abstimmung aber ab und betonte, die Zahl der defekten betroffenen Maschinen sei sehr gering.
Die Protestler trugen Plakate, auf denen es unter anderem hieß: "Comelec, inkompetent, strafrechtlich verfolgen!" und "Kampf gegen Wahlbetrug". Viele skandierten: "Das Volk, die Nation leisten jetzt Widerstand." Die Polizei griff ein und löste die Kundgebung auf.
Sorge um die Zukunft der Philippinen nach Präsidentschaftswahlen
Politische Beobachter hatten im Vorfeld gewarnt, dass der südostasiatische Staat unter der Führung von "Bongbong" Marcos, abgekürzt BBM, in eine noch autoritärere Richtung steuern könnte. Auch hat er bereits erklärt, den Kampf gegen Drogen fortführen zu wollen.
Das Marcos-Regime unter Ferdinand (1917-1989) und seiner für ihren Schuhtick bekannten heute 92-jährigen Frau Imelda machte einst mit Mord, Kleptokratie und dem spurlosen Verschwinden politischer Gegner von sich reden. Die beiden sollen im Laufe der Jahre auch Milliardensummen aus der Staatskasse abgezweigt haben. Nach der Flucht der Familie nach Hawaii wurden im Malacañang-Palast Hunderte Handtaschen und Kleider sowie Tausende Paar Schuhe von First Lady Imelda Marcos gefunden. (dpa)