Die Energiekrise wird immer mehr zur Gerechtigkeitsfrage. Wer muss entlastet werden, wer bekommt wieviel, reicht das alles? Dabei tut die Regierungskoalition einiges. „You’ll never walk alone“ – Kanzler Olaf Scholz (SPD) setzt sein Versprechen um, dass niemand in der Krise allein gelassen wird. Einige Milliardenhilfen brachte die Regierung bereits auf den Weg, weitere folgen. Ein Problem der Ampel ist dabei, dass die Gelder nur stückweise kommen.
Hier 100 Euro Zuschuss für Studierende. Da 100 Euro Familienbonus für jedes Kind. Das sind in der Masse zwar gewaltige Summen, für die Bedürftigen aber nur moderate Beträge. Weil sie über Monate versetzt auf den Konten eintreffen, richten sie psychologisch wenig gegen die Dauermeldungen über Energiepreisexplosionen aus. Würden alle stattdessen einen Entlastungs-Scheck von beispielsweise 2000 Euro bekommen, wäre die Dimension des Regierungshandelns viel sichtbarer. Zahlreiche Gesetze sowie die überbordende Bürokratie verhindern hierzulande aber, was in Frankreich und anderen Länder möglich ist.
Alle Entlastungen müssen noch durchs Parlament
Scholz und das gesamte Kabinett müssen im Sinne der Gerechtigkeit nun umso mehr darauf achten, dass sich die neuen Hilfen tatsächlich zur Einführung der Gasumlage am 1. Oktober aufs Haushaltskonto auszahlen. Ob das gelingt, ist fraglich.
Es war mal von einer Sondersitzung des Bundestages die Rede. Die wird es offenbar nicht geben. Stattdessen müssen alle neuen Hilfen im September in nur drei Sitzungswochen vom Parlament beschlossen, durch den Bundesrat gebracht und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Darüber hinaus stehen noch der Haushaltsentwurf 2023 und wichtige Themen wie das Infektionsschutzgesetz zur Debatte.
Mit Stand heute kann das alles nur umgesetzt werden, wenn mit der Tagesordnung getrickst wird und Dinge durchgewunken werden, selbst wenn sie noch nicht ganz ausgegoren sind. Vertrauen baut sich dabei nicht auf. Die ohnehin schon emotional geführte Gerechtigkeitsdebatte wird umso heißer werden, je näher die kalte Jahreszeit rückt.