Kommentar

Mehr Freiheiten für Geimpfte: Kommt die Impfpflicht durch die Hintertür?

Die Zahl der vollständig Geimpften gegen das Coronavirus steigt stetig.

Die Zahl der vollständig Geimpften gegen das Coronavirus steigt stetig.

Bild: Fabian Sommer, dpa

Die Zahl der vollständig Geimpften gegen das Coronavirus steigt stetig.

Bild: Fabian Sommer, dpa

Es war eine Frage der Zeit, bis das Ende der Corona-Regeln für Geimpfte gefordert wird. Unser Autor findet: Lockerungen sollte es bei Herdenimmunität geben.
05.07.2021 | Stand: 20:20 Uhr

Ein Leben ohne Maske, mit freiem Zugang zu Geschäften, Theatern, Kinos, Restaurants – wer wünscht sich das nicht nach all den Monaten der Beschränkungen und Entbehrungen? Kaum jemand, der in einer ersten Reaktion nicht zustimmen würde.

Beim Blick auf die Zahlen schrumpft die Begeisterung. 38 Prozent der Gesamtbevölkerung sind vollständig geimpft (Stand 1. Juli). Das ist eine gute Quote. Aber die Erleichterungen kämen gleichwohl nur einer Minderheit zugute, während die große Mehrheit weiter außen vor wäre. Ein Zustand, der sich so schnell nicht ändern wird. Denn weiterhin gilt: Frühestens im September wird jeder und jede in Deutschland ein erstes Impfangebot haben. Bis dahin wird es heftige Neiddebatten geben. Die Zwei-Klassen-Coronagesellschaft, die die Politik eigentlich nie haben wollte, wäre Realität.

Freiheiten sollen Anreize für Impfunwillige schaffen

Befürworter der Erleichterungen argumentieren, diese könnte für Impfunwillige ein Anreiz sein, sich doch noch eine Spritze verpassen zu lassen. Das wäre dann die Impfpflicht durch die Hintertür, die eigentlich schon gar keiner haben wollte. Keine per Gesetz verordnete Pflicht, aber eine, die durch gesellschaftlichen Druck erzeugt wird. Was noch schlimmer wäre, denn ein Gesetz würde immerhin einen ordnenden Rahmen vorgeben. (Lesen Sie auch: Leiter der Ostallgäuer Impfzentren: "Viele glauben nicht an eine vierte Welle")

Billig ist das Argument der Befürworter, Grundrechte dürften nur so lange eingeschränkt werden, wie eine Gefahr bestehe. Erstens ist noch immer gar nicht ganz klar, ob die Impfungen tatsächlich die Corona-Gefahr zu hundert Prozent beseitigen. Und zweitens hätte die Aufhebung der Beschränkungen, wenn sie denn wirklich so sehr gegen die Verfassung verstoßen, sofort für alle Doppeltgeimpften gelten müssen.

Es gab einmal die Idee, die Herdenimmunität abzuwarten und dann die Beschränkungen zu streichen. Sie ist irgendwie unter den Tisch gefallen, aber immer noch gut. Diese Lösung würde die Gesellschaft nicht spalten, sondern alle vereinen. Die Impfwilligen, die Skeptischen und auch die, die schlichtweg noch keinen Impftermin bekommen haben.

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