Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich für seinen Antrittsbesuch in Athen beim griechischen Premier Kyriakos Mitsotakis ein heikles Datum ausgesucht, den Vorabend des Nationalfeiertags. Am 28. Oktober gedenkt das Land des Eintritts in den Zweiten Weltkrieg. Die deutsche Besatzung ist das dunkelste Kapitel in den Beziehungen beider Völker.
Jetzt rollen auf ganz andere Weise wieder deutsche Panzer in Griechenland. Bei der traditionellen Militärparade zum Nationalfeiertag werden am Freitag die ersten Schützenpanzer des Typs Marder vorgeführt. Im Rahmen eines Ringtausches erhält Griechenland jetzt aus Deutschland 40 Marder und liefert dafür ebenso viele Panzer des sowjetischen Typs BMP 1 aus eigenen Beständen an die Ukraine.
Die Situation an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei ist angespannt
Für das griechische Heer ist der Tausch eine willkommene Modernisierung, aber für Deutschland nicht ganz unheikel. Die neuen Schützenpanzer sollen am Fluss Evros stationiert werden, der Grenze zur Türkei. Deren Staatschef Recep Tayyip Erdogan droht Griechenland unverhohlen mit einem Angriff: „Wir können plötzlich über Nacht kommen“, tönt Erdogan seit Wochen immer wieder.
Deshalb sind die Griechen über ein anderes Waffengeschäft weniger glücklich: Die Türkei baut derzeit auf einer Werft bei Istanbul sechs U-Boote des deutschen Typs 214. Die Komponenten kommen von Thyssen Krupp; die Bundesregierung gewährte für das Geschäft eine Hermes-Bürgschaft von 2,49 Milliarden Euro. Seit langem drängt Griechenland Berlin, die Lieferung der U-Boote zu stoppen. Die Sorge in Athen: Erdogan könnte die Kriegsschiffe nutzen, um seine Gebietsansprüche in der Ägäis durchzusetzen.
In der Ära der Kanzlerin Angela Merkel, so die Klage in Athen, sei die deutsche Politik vor allem von dem Bemühen bestimmt gewesen, den türkischen Staatschef Erdogan nicht zu verstimmen. Umso gespannter ist man nun darauf, wie sich Scholz positionieren wird.
Kanzlerin Angela Merkel war in Griechenland sehr unbeliebt: Wie wird es nun Scholz ergehen?
Der Kanzler trägt bei seinem Athen-Besuch am Erbe seiner Amtsvorgängerin. Merkel war in Griechenland extrem unbeliebt. Viele sahen sie als treibende Kraft des „Spar-Diktats“, das Griechenland während der Schuldenkrise die längste Rezession und die höchste Arbeitslosigkeit der Nachkriegsgeschichte bescherte. Wirtschaftlich hat Griechenland die Krise überwunden. Der Staatshaushalt ist saniert. Beim Wirtschaftswachstum gehört das Land in diesem Jahr mit einem Plus von voraussichtlich sechs Prozent zu den Spitzenreitern in der EU.
Jetzt wollen Athen und Berlin daran arbeiten, die dunkle Krisenära auch politisch hinter sich zu lassen. Der deutschen Rüstungsindustrie winken Milliardenaufträge. Griechenland verhandelt mit Krauss-Maffei Wegmann über die Modernisierung von mehreren hundert Leopard-Kampfpanzern vor Ort.