Startseite
Icon Pfeil nach unten
Allgäu
Icon Pfeil nach unten

Augenarzt in Wangen vor Gericht: Frau nach missglückter OP erblindet - Schmerzensgeld gefordert

Amtsgericht Wangen

Frau ist nach misslungener OP blind - Augenarzt steht nun in Wangen vor Gericht

    • |
    • |
    • |
    Weil eine OP schiefgegangen ist, ist eine Frau auf einem Auge erblindet. Ihr Augenarzt steht nun vor Gericht.
    Weil eine OP schiefgegangen ist, ist eine Frau auf einem Auge erblindet. Ihr Augenarzt steht nun vor Gericht. Foto: Franziska Gabbert, dpa (Symbol)

    Weinend schilderte eine Zeugin die Auswirkungen der missglückten Augenoperation des Angeklagten wegen eines Grauen Stars: „Ich bin auf einem Auge komplett blind, kann nicht mehr selbst Roller fahren, kann kaum mehr ins Freie, weil mich das Tageslicht so blendet. Ich muss ständig gefahren werden, kann kaum mehr fernsehen und leide stark unter Kopfschmerzen.“

    Frau nach OP auf einem Auge erblindet: Augenarzt in Wangen vor Gericht

    Vor allem aber bestehe keine Aussicht, dass sie das Sehvermögen auf dem erblindeten Auge wiedererlange. Schmerzensgeld habe sie keines erhalten – nicht einmal eine Entschuldigung des Augenarztes. Diese sprach dann zwar der Anwalt des angeklagten Arztes aus, für die betroffene Zeugin war dies aber zu spät: „Das bringt mir mein Augenlicht auch nicht wieder.“ Besonders schwer wiegt dies vor dem Hintergrund, dass andere Augenärzte die Notwendigkeit der Operation infrage stellten, weil sie gar keinen grauen Star bei der Zeugin feststellen konnten.

    Dabei war der Angeklagte lange als erfolgreicher Augenarzt bekannt. Vor einigen Jahren machte sich jedoch zunehmend eine Parkinsonerkrankung bemerkbar, die er aber zu ignorieren versuchte, obwohl sie ihn offensichtlich immer mehr bei seiner sehr auf Präzision ausgelegten Arbeit behinderte.

    So schilderte eine andere als Zeugin geladene Patientin, die sich eine Linse vom Angeklagten einsetzen lassen wollte: „Die Operation dauerte viel länger als geplant, der Augenarzt schrie während der Behandlung mit seinen Angestellten und verängstigte mich.“ Bei der Nachschau am nächsten Tag sei der Angeklagte in einem schlechten Zustand gewesen – seine Zunge habe aus dem Mund gehangen, die Sprache sei verwaschen gewesen und er habe nicht stehen können.

    Erwartet den Angeklagten ein lebenslanges Berufsverbot?

    Die Patientin ging daraufhin in die Augenklinik nach Ulm, wo man das Unglück feststellte: Die Linse war falsch eingesetzt worden. In der Konsequenz werde absehbar eine Hornhauttransplantation erforderlich. Vom dritten Kläger verlas der Richter ein Gutachten, das ebenfalls klare Fehler des Augenarztes attestierte. Richter Ferstl verwies auf die umfangreiche Beweisaufnahme mit aufwändigen Gutachten, die ob des komplizierten Sachverhaltes zur Aufklärung erforderlich würden. Diese teuren Gutachten seien übrigens auch der Grund, warum viele Patienten eine Klage gegen den behandelnden Arzt scheuten. Die Kosten müssten vorgestreckt werden – bei unsicherem Ausgang der Klage.

    Ferstl rechnete mit mindestens sechs Verhandlungstagen – auch weil der Angeklagte aufgrund seines Gesundheitszustandes ärztlicherseits nur maximal für einen halben Tag verhandlungsfähig geschrieben wurde.

    In einer längeren Verhandlungspause einigten sich die Parteien auf einen Strafrahmen. Dabei war es der Verteidigung wichtig, dass man insgesamt deutlich unter einer Gesamtfreiheitsstrafe blieb, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Die Staatsanwaltschaft wollte durch ein lebenslanges Berufsverbot sicherstellen, dass der Angeklagte nie mehr als Augenarzt tätig wird.

    Angeklagter Augenarzt insolvent: Muss nur geringe Entschädigung zahlen

    Letztlich verurteilte das Schöffengericht den Augenarzt zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten. Drei Monate wurden dem Angeklagten als bereits verbüßt angerechnet. Damit berücksichtigte das Gericht die lange Verfahrensdauer von neun Jahren. Es sprach, wie von der Staatsanwaltschaft gefordert, ein lebenslanges Berufsverbot aus. Den drei Klägern muss der Augenarzt in den nächsten 48 Monaten jeweils 100 Euro bezahlen. Da der Angeklagte insolvent ist, war dieser eigentlich geringe Betrag von 4800 Euro für das Gericht der einzige Weg, den Geschädigten wenigstens eine kleine Wiedergutmachung zukommen zu lassen.

    Richter Ferstl hielt dem Angeklagten in der Urteilsbegründung vor: „Als Arzt hätten Sie erkennen müssen, dass Sie Ihre Arbeit als Augenarzt aufgrund der Parkinsonerkrankung nur noch eingeschränkt ausüben können. So haben Sie den Geschädigten erhebliche psychische und auch physische Belastungen zugefügt, die diese lebenslang beeinträchtigen.“ Strafmindernd habe man unter anderem das vollumfängliche Geständnis berücksichtigt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden