In der Nähe eines Umspannwerks bei Immenstadt wird es bald losgehen. In den nächsten Wochen werden dort zwölf Container mit Batterien aufgestellt. Es entsteht nach Firmenangaben der bisher größte Batteriespeicher in unserer Region. Bereits Anfang 2025 soll die Anlage in Betrieb gehen.
Der Großspeicher hat eine Kapazität von 35 Megawattstunden, das reicht, um über 3000 Haushalte einen Tag lang mit Strom zu versorgen. Vorangetrieben haben das Projekt das Allgäuer Überlandwerk, kurz AÜW, und das junge Unternehmen Green Flexibility, das sich auf Großspeicher spezialisiert hat. Zu den Gründern zählt Christoph Ostermann, der einst bereits den Heimspeicherspezialisten Sonnen aus Wildpoldsried mit aus der Taufe gehoben hatte, inzwischen aber nach elf Jahren als Vorsitzender der Geschäftsführung ausgeschieden ist.
Großspeicher gleichen Schwankungen aus
Batteriegroßspeicher gewinnen im Rahmen der Energiewende zunehmend an Bedeutung. Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien kommt es inzwischen häufiger zu der Situation, dass an sonnigen oder windigen Tagen mehr Sonnen- oder Windstrom erzeugt werden kann, als Bedarf besteht. Häufig wird auch die bestehende Netzkapazität überfordert. „Dieser überschüssige Strom kann von den Batteriespeichern aufgenommen werden“, erklärt Christoph Lienert, einer der weiteren Gründer von Green Flexibility. In anderen Situationen - bei Nacht oder Windstille - ist erneuerbarer Strom dagegen knapp. „Hier können die Batteriespeicher einspringen und Strom abgeben“, erklärt er.
Das Allgäuer Überlandwerk sieht Batteriegroßspeicher als eine wichtige Komponente, um in der Energiewende das Netz stabil zu halten. „Die Flexibilität der Großspeicher ist wichtig für uns, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, sagt AÜW-Chef Michael Lucke. Zwar hilft auch der Netzausbau, die Schwankungen in der regionalen Erzeugung erneuerbarer Energien auszugleichen. „Es zeichnet sich aber ab, dass der Leitungsbau gerade für uns im Süden nicht schnell genug ist, um mit dem Zubau erneuerbarer Energien Schritt zu halten“, sagt Lucke. Außerdem belegten Studien, dass der Netzausbau teurer als der Einsatz von Batteriegroßspeichern sei. Das AÜW setzt deshalb auf die Speicher als Puffer. Der Energieversorger hat bereits andere Speicherprojekte im Allgäu verwirklicht. „Wir sehen uns hier als Pionier“, meint Lucke.
Christoph Ostermann: „Ohne Speicher hat es keinen Sinn, auch nur ein Windrad oder einen Solarpark mehr zu bauen“.
Der Speicher erfüllt drei Funktionen: Erstens hilft der Speicher dem AÜW, das Netz zu stabilisieren und zu entlasten. Zweitens kann der Speicher an der Strombörse eingesetzt werden: Mit dem Speicher ist es möglich, Strom einzukaufen, wenn er günstig ist - und ihn zu verkaufen, wenn er knapp und damit teuer ist. Und drittens kann der Speicher am bundesweiten Markt für Regelenergie eingesetzt werden.
Green Flexibility-Gründer Ostermann ist überzeugt, dass die Bedeutung der Großspeicher noch steigen wird: „In den vergangenen Jahren haben wir derart viel Photovoltaik und Windkraft zugebaut, dass häufig zu viel Strom da ist und die Anlagen abgeregelt werden müssen.“ In diesem Fall müssten die Betreiber entschädigt werden, es entstehen hohe Kosten für die Stromverbraucher. „Es hat deshalb keinen Sinn mehr, auch nur ein Windrad oder einen Solarpark mehr zu bauen, wenn nicht ausreichend Großspeicher zur Netzunterstützung vorhanden sind“, ist er überzeugt. Christoph Ostermann und Christoph Lienert haben deshalb dieses Jahr zusammen mit Bernd Arkenau und Hermann Schweizer das Unternehmen Green Flexbility gegründet, die beide auch bei Sonnen involviert waren und lange Erfahrung mit Batteriespeichern besitzen. Green Flexibility ist darauf spezialisiert, Großspeicher zu planen, bauen und langfristig zu betreiben. Dabei sehen sich die Kemptener als Partner für kleine und mittlere Netzbetreiber, insbesondere Stadtwerke. Green Flexibilty hat derzeit 23 Mitarbeiter und arbeitet an 80 Projekten in Deutschland.
AÜW kündigt weitere Speicher-Projekte an
Der Großspeicher in Immenstadt kostet rund 15 Millionen Euro, gebaut und betrieben wird er von einem Gemeinschaftsunternehmen des AÜW und Green Flexibility. Beide Partner zahlen 1,5 Millionen Euro an Eigenkapital ein. Das Projekt ist auf mindestens 20 Jahre angelegt, sagt Ostermann. Jährlich könne es helfen, 150.000 Tonnen des Klimagases CO2 zu sparen. „In unseren Augen ist das Batteriespeicherprojekt in Immenstadt ein innovatives, partnerschaftliches Projekt, das als Blueprint für die Zukunft dienen wird. Weitere gemeinsame Projekte werden folgen“, verspricht Lucke.
Großbatteriespeicher werden derzeit immer mehr ein Thema: In Schleswig-Holstein entsteht zwischen Eckenförde und Flensburg die größte Batterie Deutschlands. Zwei Mal 32 Schiffscontainer voll Batterien kommen dort auf 238 Megawattstunden Speicherkapazität. In unserer Region haben Amprion, Eon und die Lechwerke den Bau eines Netzboosters angekündigt.