Der Bürgermeister der Gemeinde Seeg im Ostallgäu, Markus Berktold (CSU), muss wegen Betrugs und versuchten Betrugs für 5 Jahre und 6 Monate ins Gefängnis. Dieses Urteil hat das Landgericht Nürnberg-Fürth am Donnerstagnachmittag gesprochen. Der Mitangeklagte Ex-Leiter einer Pflegeeinrichtung muss für 3 Jahre und elf Monate hinter Gittern. Zudem ordnete das Gericht gegen beide die Einziehung von Vermögen in sechs- beziehungsweise siebenstelliger Höhe an. Beide Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Durchsuchungen in Pflegeheim in Seeg geschahen exakt vor einem Jahr
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Angeklagten während der Corona-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm zu Unrecht erhalten hatten. Dazu hatten sie Rechnungen zum Teil gefälscht und nicht vom Rettungsschirm abgedeckte Leistungen abgerechnet. Berktold war zudem wegen Untreue und illegalen Waffenbesitzes angeklagt. Er soll bei der Abwicklung eines Vereins Gelder auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen grundlos nicht geltend gemacht haben. Dem 42 Jahre alten Mitangeklagten hatte die Anklage zudem vorgeworfen, mit rund 270 000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm private Schulden beglichen zu haben.
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Der frühere Leiter der Pflegeeinrichtung hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe vor Gericht vollständig eingeräumt. Zugleich hatte er den CSU-Politiker Berktold schwer belastet. Dieser habe gewusst, dass es sich um gefälschte Rechnungen gehandelt habe und habe diese auch selbst eingereicht, sagte er vor Gericht.

Betrugsfall in Seeg: 42-jähriger Mitangeklagter gestand die Taten
Berktolds Anwalt, Robert Chasklowicz, hatte die Vorwürfe größtenteils zurückgewiesen, aber am zweiten Verhandlungstag des Prozesses Fehler seines Mandanten eingeräumt. Er habe in bester Absicht und altruistisch gehandelt. Dabei sei er aber intransparent vorgegangen. Mehrmals betonte er: „Herr Berktold ist kein Krimineller.“
Die Anklage hatte in ihrem Plädoyer eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren für den Bürgermeister gefordert. Oberstaatsanwalt Haase glaubte den Ausführungen des Mitangeklagten. Berktold habe von den Scheinrechnungen gewusst und bei dem Betrug mitgemacht. Schließlich hätten die Männer den Pflegekassen vorgegaukelt, dass das Pflegeheim weiter ein stationäres gewesen sei, obwohl es bereits ambulant betrieben wurde. „Die Mitarbeiter der zuständigen Pflegekassen wurden getäuscht.“
Verteidiger des Bürgermeister widerspricht: "Herr Berktold ist kein Krimineller"
Anders sah das der Anwalt des Bürgermeisters. Er bezeichnete den bereits vorbestraften Mitangeklagten als Lügner. Er habe bereits einen ehemaligen Arbeitgeber um zigtausend Euro betrogen. „Sie sind ein Krimineller“, sagte Chasklowicz an den 42-Jährigen gerichtet. Herr Berktold sei hingegen ein bis dato unbescholtener Bürger, der nur das Beste für die Gemeinde wollte.
Ebenfalls für Schlagzeilen sorgte während der elf Verhandlungstage die Nachricht, dass Berktold während seiner Zeit in der Untersuchungshaft versucht haben soll, nachträglich Dokumente aufzusetzen, die ihn entlasten sollen. Über einen Mithäftling hätten diese nach außen dringen sollen. Soweit kam es aber nicht: Die Zelle wurde durchsucht und die Dokumente sichergestellt.
Vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth war der Fall von Seeg verhandelt worden, weil dieses Gericht bayernweit für die Verfolgung von Straftaten in Zusammenhang mit Corona-Hilfen zuständig ist.
Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben nun eine Woche Zeit, das Urteil zu akzeptieren oder Revision zu beantragen.