„Extrem brutal“ sei die Tat gewesen. Daran gab es für den Vorsitzenden Richter Christoph Schwiebacher keinen Zweifel. Morgens um 4 Uhr hatte sich am 20. März dieses Jahres ein Patient in der Psychiatrischen Klinik am Bezirkskrankenhaus (BKH) Kaufbeuren Zugang zum Zimmer einer Patientin verschafft und sie unter massiver Gewaltanwendung vergewaltigt.
An den Folgen des Verbrechens leidet die Geschädigte noch immer. Da der 38-jährige Täter an paranoider Schizophrenie erkrankt ist, wie ein Gutachter beim Prozess am Donnerstag vor dem Landgericht Kempten ausführte, wurde gegen ihn die Unterbringung in die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Psychisch Kranker vergewaltigt Patientin im BKH Kaufbeuren
Dort muss der Asylbewerber so lange bleiben, wie er als gefährlich gilt. „Es ist passiert, weil Sie krank sind“, wandte sich Schwiebacher in der Urteilsbegründung direkt an den Täter. „Weil Sie sich nicht im Griff haben, wenn Sie ihre Medikamente nicht nehmen. Man kann Sie auf keinen Fall draußen herumlaufen lassen.“
Sowohl Staatsanwältin Anna Märtlbauer als auch die Anwältin der Geschädigten, Nicole Pitsch aus Kaufbeuren, hatten eine Unterbringung gefordert. Auch der Anwalt des Angeklagten, Michael Eichinger, sprach sich in seinem Plädoyer für diese freiheitsentziehende Maßnahme aus. „Mein Mandant hat sich strafbar gemacht. Aber er war schuldunfähig.“
Vergewaltigung im BKH Kaufbeuren: Opfer selbst Therapeutin
In ergreifenden Worten schilderte die 55-jährige vor Gericht ihr Martyrium. Nach einem familiären Todesfall und einer psychisch schwierigen Phase war die Frau, selbst Therapeutin von Beruf, zur stationären Behandlung in der Psychiatrischen Klinik. Am frühen Morgen des 20. März sah sie, im Bett liegend, wie sich ihre Zimmertüre öffnete und dachte zunächst, es sei ein Pfleger. Dann sei der Täter über sie hergefallen.

„Er sprang auf mich wie ein Tier. Ich hatte Todesangst. Er hat mir den Mund zugehalten, mich gewürgt“, sagte sie mit lauter, sich überschlagender Stimme. „Es tut mir leid, dass ich schreie. Ich habe das Gefühl, sonst hört mir keiner zu“, sagt sie über die Vergewaltigung, bei der sie der Täter zum Geschlechtsverkehr zwang.
Opfer leidet under posttraumatischer Belastungsstörung und ist arbeitsunfähig
Die Frau erlitt unter anderem eine Halswirbel-Distorsion, außerdem brach ihr ein Schneidezahn ab. Die seelischen Qualen beeinträchtigen sie bis heute: In Folge einer Posttraumatischen Belastungsstörung verbrachte sie mehrere Monate in der Psychiatrie und ist arbeitsunfähig.
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Als der Täter, den sie vorher noch nie gesehen hatte, von ihr abgelassen und das Zimmer verlassen hatte, rief sie ihre Ehefrau an, die die Polizei verständigte. Verletzungen und DNA-Spuren ließen laut Gericht keinen Zweifel an der Tat und dem Täter, der vor Gericht zunächst ausgesagt hatte, der Geschlechtsverkehr sei „in gegenseitigem Einvernehmen geschehen“.
Später gab er sich reumütig: „Es tut mir leid, was passiert ist.“ Der Mann, der 2011 wegen Körperverletzung zu zwei Jahren Haft verurteilt worden war, war immer wieder in psychiatrischer Behandlung. Der Klinik-Einweisung im März war ein Streit in einer Asylbewerberunterkunft vorausgegangen, bei dem er einen Mitbewohner mit einem Heizkörper schlug. Laut eines Polizisten zeigte er sich danach völlig apathisch.
Gutachter über Täter: "Ihm fehlt tiefgreifendes Verständnis für seine Krankheit"
„Ihm fehlt ein tiefergreifendes Verständnis für seine Krankheit“, sagte Gutachter Norbert Ormanns, ärztlicher Direktor der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Kaufbeuren. „Man kann sich nicht darauf verlassen, dass er seine Medikamente nimmt oder sich in stationäre Behandlung begibt.“ Mit hoher Wahrscheinlichkeit seien ohne Unterbringung weitere rechtswidrige Taten zu erwarten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
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