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Botox als Therapie in Kliniken und Praxis im Allgäu

Bei Migräne, Blasenschwäche und mehr

Ein Nervengift, das Kranken hilft: Wie wird Botox im Allgäu eingesetzt?

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    Botulinumtoxin, viele nennen es Botox, wird auch in der Medizin angewandt, etwa bei chronischer Migräne.
    Botulinumtoxin, viele nennen es Botox, wird auch in der Medizin angewandt, etwa bei chronischer Migräne. Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

    Es ist ein Nervengift, das Menschen mit bestimmten Krankheiten helfen kann. Botox wird es von vielen genannt, der medizinische Name lautet Botulinumtoxin. Viele bringen es mit ästhetischen Eingriffen in Verbindung, etwa um das Gesicht von Falten zu befreien. Doch das Mittel kann mehr und wird dafür auch in Allgäuer Kliniken und Arztpraxen angewandt.

    Und die Liste der Krankheiten, die damit behandelt werden können, wächst. Das sagt Dr. Markus Schlomm. Er ist Chefarzt der Klinik für Neurologie an den Fachkliniken Wangen, die zu den Waldburg-Zeil-Kliniken gehören. Dort betreibt er eine Botox-Ambulanz.

    In diesen Fällen wird Botulinumtoxin bereits eingesetzt:

    Chronische Migräne: Der Wirkstoff kann dafür sorgen, dass ein Patient weniger oft Migräneanfälle bekommt und die Schmerzen weniger stark sind.

    Nervenschmerzen, zum Beispiel nach Gürtelrose: Oft werden bei einer Gürtelrose durch Herpesviren die Nerven unter den betroffenen Hautpartien angegriffen. Das kann für „massive Schmerzen“ sorgen, die teils Jahre anhalten.

    Starke Gesichtsschmerzen, Ärzte sagen auch: Trigeminus-Neuralgie.

    Blasenschwäche

    Schmerzhafte Verkrampfungen der Hals- oder Gesichtsmuskulatur

    Spastische Lähmung, etwa ausgelöst durch einen Schlaganfall. Arme und Beine können verkrampfen, was schmerzhaft sein kann. Langfristig können Sehnen verkürzen. Bei einer solchen Lähmung wird laut Schlomm das Mittel direkt in die Muskeln gespritzt.

    Erhöhter und unkontrollierbarer Speichelfluss

    Nervenkrankheit in Armen und Beinen, genannt: Polyneuropathie. Sie darf laut Schlomm wahrscheinlich demnächst ebenfalls mit Botox behandelt werden. Symptome an Füßen und Händen können ein Kribbeln sein, Taubheit, Stechen, falsches Temperaturempfinden.

    Liste der Krankheiten, bei denen Botox hilft, wächst

    Die Liste wird weiter wachsen, sagt Markus Schlomm. Nicht nur, weil die Forschung voranschreite. Sondern weil Ärzte immer mehr Erfahrungen in der Behandlung mit Botulinumtoxin machen. Dass dieses Mittel in immer mehr Fällen genutzt werden kann, zeige auch die Zahl der Patienten in seiner Ambulanz, sagt Schlomm. Er habe vor zehn Jahren angefangen, mit diesem Mittel zu behandeln. Damals seien fünf bis zehn Patienten regelmäßig in seine Praxis gekommen. Heute seien es bis zu 100 - Privat- wie auch Kassenpatienten.

    Auch der Klinikverbund Allgäu bietet Botox-Therapien an. Ebenso die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren, und zwar in der Urologie und der Neurologie. Deren Chefarzt Professor Martin Hecht bestätigt, dass die Zahl der Anfragen wächst. Und grundsätzlich stiegen auch die Behandlungsoptionen. Aber: „Da die Leistung im Vergleich zur notwendigen Zeit schlecht vergütet ist, haben in der erweiterten Region einige Anwender aufgehört oder können weniger Zeit dafür verwenden.“ Auch deshalb seien in der Medizin längst nicht alle Möglichkeiten für den Einsatz von Botulinumtoxin bekannt.

    Um Botulinumtoxin anzuwenden, braucht es Kenntnisse und Erfahrung

    Ob Markus Schlomm bei einem Patienten zur Botoxspritze greift, entscheidet sich in Behandlungsgesprächen. Beispiel Migräne: Es wird geschaut, wodurch die Anfälle ausgelöst werden. Und ob es andere Therapiemöglichkeiten gibt, etwa Ausdauersport, Ernährungsumstellung, Entspannungsverfahren, andere Medikamente. Stellt sich heraus, dass unterstützend mit Botulinumtoxin behandelt werden soll, beginnt die Therapie. Die ist laut Martin Hecht „insofern besonders, da es nicht reicht, ein Medikament und eine Dosierung aufzuschreiben, sondern es braucht Kenntnisse und Erfahrung, wo man welche Dosis individuell bei jedem Patienten injiziert“. Lesen Sie auch: Diagnose Krebs: Verliert die Krankheit ihren Schrecken?

    Zudem muss die Behandlung wiederholt werden, damit die Wirkung nicht nachlässt, erklärt Chefarzt Schlomm. Etwa alle zwölf Wochen. Wie oft ein Betroffener behandelt werden muss, hänge vom Einzelfall ab. Es gebe Patienten, die bereits nach drei oder vier Behandlungen ihre Therapie beenden oder eine Pause einlegen könnten. Der Kaufbeurer Mediziner Martin Hecht ergänzt: „Es ist für zahlreiche Patienten bei regelmäßiger Durchführung keine heilende, aber eine sehr hilfreiche Therapie.“

    Wie sind die Nebenwirkungen von Botox?

    Die Nebenwirkungen sind laut Schlomm überschaubar. Es könne passieren, dass bei einer gewissen Überdosierung die betroffenen Partien mehr als gewünscht reagieren. Soll etwa ein Muskel durch Botox gelockert werden, weil er immer wieder verkrampft, könne eine Überdosierung dafür sorgen, dass er zu schwach werde. Solche Reaktionen ließen oft nach wenigen Wochen wieder nach.

    In der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) beschäftigt sich der Arbeitskreis Botulinumtoxin mit diesem Medikament. Er hat die Botox-Ambulanz der Fachkliniken Wangen jetzt mit dem Siegel „Qualifizierte Botulinumtoxin-Therapie“ zertifiziert. Dafür muss ein Arzt unter anderem nachweisen, dass er bestimmte Fortbildungen absolviert und bereits eine größere Zahl an Patienten mit dem Mittel behandelt hat.

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