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„Dia Wealt, wo i dahui bi“: Wie der Allgäuer Künstler Werner Specht (81) auf seine Heimat blickt

Porträt

„Dia Wealt, wo i dahui bi“: Wie der Allgäuer Künstler Werner Specht (81) auf seine Heimat blickt

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    Werner Specht zählt zu den bekanntesten Künstlern im Allgäu. Mit seinen Musiker-Kollegen Peter Zürn und Dieter Peinecke war er viele Jahre als „Westwind“ unterwegs.
    Werner Specht zählt zu den bekanntesten Künstlern im Allgäu. Mit seinen Musiker-Kollegen Peter Zürn und Dieter Peinecke war er viele Jahre als „Westwind“ unterwegs. Foto: Konrad Specht

    Wenn die Welt verrückt spielt und sich die Nachrichten überschlagen wie in diesen Tagen, verabschiedet er sich. Dann packt Werner Specht, 81, seinen Zeichenblock und stapft durch seine geliebte Westallgäuer Heimat. Auf der Suche nach den stillen Winkeln. Weniger sind sie geworden, in all den Jahrzehnten. Doch der Allgäuer Maler, Liedermacher und Dichter findet sie noch immer. Gerade jetzt in der kalten Jahreszeit, wo kaum Wanderer oder Urlauber unterwegs sind. Dann streift er durch sein „kluines Paradies“. Er verweilt an einem alten Stadel oder setzt sich auf ein Bänkle an einem Weiher, wo er stundenlang Wasser, Wolken und das Licht beobachtet.

    Werner Specht mit neuer Verssammlung: "Isa Sproch dearf it schtearbe"

    Manchmal entwirft er dabei Skizzen oder schreibt Gedanken auf. „Ich saug alles in mich auf. Daheim lasse ich es wieder aufleben“, sagt Specht, der in der Ruhe eine nicht versiegen wollende Energiequelle findet. Über 400 Lieder, Tausende von Bildern und zwölf Bücher hat der gelernte Grafiker im Laufe seines Lebens geschaffen. Neu erschienen sind seine beiden Verssammlungen „Isa Sproch dearf it schtearbe“, die er mit Zeichnungen und Holzschnitten illustriert hat.

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    Im Dialekt findet er die „Wurzelkraft seines Lebensbaumes“, wie er es nennt: Wärme, Geborgenheit, Melancholie und Tiefe. Wenn es um Weihnachten geht, spricht er zum Beispiel von „Krischbommkugla“, „Hoilig Obed“ und „d’r Gschenkle“ – und schon wähnt man sich gedanklich in einer Bauernstube neben einem geschmückten Tannenbaum am Kachelofen sitzen, während draußen unaufhörlich Schnee fällt...

    Im Dialekt findet der preisgekrönte Künstler aber auch jenen feinen Humor, der selbst herbstliche Regentage erträglich macht. „Wenn uiner bei dem Sauwewattr it krank isch, ka dear beigott it gsund si“, zitiert er augenzwinkernd eine Redensart. Er schmunzelt auch über so manchen Trend, der einem als neuester Schrei verkauft wird. So wie „Hygge“, von dem derzeit viel zu lesen ist. Es stammt aus dem Dänischen und bedeutet gemütliche, herzliche Atmosphäre. Specht braucht kein Hygge. Ihm reicht ein Allgäuer Gemütszustand völlig aus: „z’frieda.“

    Mit Bildern aus dem Allgäu ist Specht weit über die Region hinaus bekannt.
    Mit Bildern aus dem Allgäu ist Specht weit über die Region hinaus bekannt. Foto: Werner Specht

    Für Specht ist das Glück im Kleinen das wahrhaft Große. Er braucht keine Fernreise, ihm reicht ein Ausflug mit seiner Frau Gisela an den Bodensee. Er braucht auch kein Bespaßungsprogramm im Fernsehen oder auf dem Handy, ihm genügt der Blick in den Sternenhimmel, um auf andere Gedanken zu kommen.

    Wenn uin ebbs numma losloht,

    uf dear verruckte Wealt,

    des kasch schnell vergessa,

    beim Blick in’s Himmelszelt

    Manchmal sitzt er bis tief in die Nacht an seiner Staffelei und malt seine großformatigen Acryl- oder Aquarellbilder, für die er weit über die Region hinaus bekannt ist. Dann sinniert er über Gott und die Welt oder über sein erfülltes Leben als Künstler. „Als Musiker bin ich immer mit jungen Leut’ zusammen. Da fühlt man sich nie alt“, erzählt er und seine blauen Augen strahlen. Genau wie bei der Geschichte, über sein unglaublichstes Konzert.

    Werner Specht: Magischer Moment im Vorprogramm von Chris de Burgh

    Damals, als er mit seinem Musikerfreund Peter Zürn vor 6000 Menschen im Vorprogramm von Chris de Burgh in Friedrichshafen spielte. Weil die australische Rockband Midnight Oil („Beds are burning“) kurzfristig abgesagt hatte, baten ihn die Veranstalter, einzuspringen. Statt Rock gab es Folk in Allgäuer Mundart. „Die Leut haben keinen Mucks gemacht“, erinnert er sich. „Das war ein magischer Moment.“ Werner Specht hat viele davon erlebt. Mit 81 Jahren schreibt er:

    ‘s Leaba isch a Blume,

    dia oft zu schnell vrblieht,

    loss se leichte und schtrahle,

    bevor se ihre Farba verliert.

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