Aller guten Dinge sind drei, weiß der Volksmund, aller schlechten ebenfalls, kann bislang der Oberstdorfer Musiksommer bilanzieren. Dreimal musste heuer kurzfristig das Programm umgeplant werden, weil Künstler krankheitsbedingt ausfielen. Nicht immer wegen des Corona-Virus, aber auch. Zuletzt sogar ein ganzes Orchester. Das Bundesjugendorchester, das Gewichtiges von Brahms und Mahler präsentieren wollte, brach überraschend seine Tournee wegen vieler Infektionen ab. Das teilte die Festspielleitung mit.
Ersatz für ein ganzes Orchester
Doch sie schaffte in allen Fällen schnell Ersatz. Und dieser Ersatz erwies sich in keinem der Fälle als Notlösung. Selbst als es jetzt darum ging, ein ganzes Orchester zu kompensieren, leistete ein Klaviertrio herausragende Dienste. Geigerin Antje Weithaas und Cellist Maximilian Hornung, die als Solisten bei diesem Orchesterkonzert vorgesehen waren, bildeten mit Fabian Müller am Klavier ein so wunderbar zusammen harmonierendes Ensemble, dass es ihm gelang, bei Kammermusik von Mendelssohn und Brahms sogar die Illusion sinfonischer Klangwelten heraufzubeschwören.
Gute Kontakte zu herausragenden Künstlern
Das schnelle Füllen der Lücken im Festival-Programm ist vor allem dem künstlerischen Leiter, Professor Eckhard Fischer, und seinen guten Kontakten zu herausragenden Künstlern zu verdanken. Zum Teil sind sie dem Musiksommer schon lange verbunden wie die Cellisten Wen-Sinn Yang oder Maximilian Hornung. Der eine setzt seit Jahren als Dozent und Interpret Akzente, der andere als Solist. Zum anderen verbreite sich der gute Ruf des Festivals auch immer mehr in Internet-Foren wie etwa Instagram oder Facebook, berichtet Eckhard Fischer.
"Kratzen an der 4000-Grenze"
Die Kartenverkäufe seien trotz Krisen gestiegen: „Wir kratzen an der 4000-Grenze“, sagt Fischer über die Besucherzahlen. „Die Menschen finden uns spannend“, diagnostiziert er und sieht seinen Weg bestätigt: Er möchte keine Ausweitung des Festivals auf andere Orte, sondern alles Geld in die künstlerische Qualität vor Ort stecken. Das Gesamtvolumen für die derzeit angebotenen acht Meisterkurse und 17 Konzerte pendelt sich bei etwa 300.000 Euro ein. In diesem Jahr stehe man finanziell auf der „ganz, ganz sicheren Seite“, sagt Fischer, der bislang immer sehr vorsichtig gewirtschaftet hat. Das liege vor allem an den „freundschaftlichen Preisen“, die manche Künstler bewilligen, erklärt er.
Viele positive Rückmeldungen
Es liege aber auch an den Gegebenheiten vor Ort, erläutert Fischer. Die Meisterkurse bieten eine gute Mischung zwischen dem Unterricht mit hochgeschätzten Dozenten und dem Freizeitangebot in Oberstdorf. So habe zum Beispiel die Klarinettenklasse von Norbert Kaiser eine Tour in die Berge unternommen. Das schweiße zusammen. So gebe es viele positive Rückmeldungen der Studenten über ihren Oberstdorf-Aufenthalt. Zudem habe es dank eines klaren Sicherheitskonzeptes keinen einzigen Fall von Corona bei den Meisterkursen gegeben, obwohl heuer alle staatlichen Vorsichtsmaßnahmen gegenüber dem Vorjahr nicht mehr vorhanden gewesen seien.
Die richtige Mischung
Auch das Publikum sei sehr gut mitgegangen, erzählt Fischer. Die Reaktionen auf die Konzerte seien stets sehr herzlich gewesen. Das bestärke ihn darin, dass seine Mischung die richtige sei. Sie setze nicht nur auf Klassik, sondern öffne sich auch für andere Stilrichtungen wie Jazz oder Tango. Beim Wandelkonzert wolle er den Ablauf noch optimieren. Denn etliche Besucher möchten oft alle musikalischen Angebote dieser langen Klassik-Nacht genießen. Sie gab es heuer zum zweiten Mal. Und sie war bisher so gedacht, dass die Besucherinnen und Besucher sich aus der Fülle eines großen Angebotes ein paar musikalische Leckerbissen heraussuchen und dazwischen kulinarische genießen. So scheint die Musik doch viel mehr Freunde zu finden als gedacht.
So geht der Oberstdorfer Musiksommer zu Ende.
Der künstlerische Leiter des Festivals: Eckhard Fischer, Professor für Violine.
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