Sie kamen mit dem Schrecken davon, doch jetzt müssen sie eine hohe Rechnung fürchten. Insgesamt vier Wanderer gerieten im Februar am Schrecksee oberhalb von Hinterstein (Kreis Oberallgäu) in Not und wurden bei zwei Bergwacht-Einsätzen jeweils von einem Rettungshubschrauber ausgeflogen.
Das dürfte für sie ein möglicherweise teures Nachspiel haben. "Die Fälle werden noch bearbeitet. Ich kann keine konkreten Zahlen nennen. Es ist aber denkbar, dass jeweils ein fünfstelliger Betrag in Rechnung gestellt wird", sagte Thomas Jank, Geschäftsführer der ARA-Flugrettung mit Sitz in Österreich auf Anfrage unserer Redaktion. Das würde bedeuten, dass Kosten von jeweils mindestens 10.000 Euro anfallen.
Grenzüberschreitender Einsatz am Schrecksee könnte teuer werden
Das gemeinnützige Unternehmen aus dem Nachbarland flog mit dem Hubschrauber "RK-2 Reutte" beide Male zum Schrecksee. Der Allgäuer Rettungshubschrauber Christoph 17 war anderweitig im Einsatz beziehungsweise verhindert, teilte der Leitende Rettungsarzt Marius Forster mit.
Dass die Hubschrauber grenzüberschreitend ausrücken, ist im Alpenraum nichts ungewöhnliches. Dennoch könnte es für die in Not geratenen Wanderer einen Unterschied machen - und zwar finanziell. In Österreich wird laut Jank eine Flugminute höher angesetzt als in Deutschland und standardisiert mit 100 Euro abgrechnet. Für den Einsatz von Seilwinden - speziell nachts - oder bei Nachtflügen seien weitere Pauschalen fällig.
Wer zahlt den Rettungseinsatz?
Doch wer muss das Geld die Hubschrauber-Flüge am Schrecksee letztlich berappen? Vermutlich die Wanderer selbst. Die Krankenkassen dürften laut Jank ausscheiden. Diese übernehmen die Kosten in der Regel nur, wenn eine medizinische Notwendigkeit für den Rettungseinsatz bestand. Erleidet ein Alpinist zum Beispiel einen Herzinfarkt oder wird er von einem Steinschlag getroffen, benötigt er umgehend medizinische Hilfe.
Das scheint am Schrecksee jedoch nicht der Fall gewesen zu sein: "Es handelte sich jeweils um Unverletzten-Bergungen", sagt Jank.
Schlittschuhlaufen am Schrecksee im Winter?
Beim ersten Einsatz am Anfang Februar rückten die Bergwachtler aus, um zwei Männer am Schrecksee in über 1800 Metern Höhe zu retten. Sie hatten einen Notruf abgesetzt, weil sie wegen der Dunkelheit und des Schneefalls nicht mehr selbstständig ins Tal absteigen konnten. Sprachlos machte die Retter, dass sie Schlittschuhe zum Eislaufen dabei hatten. Der Bergsee befand sich unter einer meterdicken Schneeschicht. Die Rettung gelang wegen schlechter Sicht erst in den frühen Morgenstunden.
Beim zweiten Einsatz Ende Februar waren eine Wanderin und ihr Begleiter vom Weg abgekommen und kamen unter einem Felsband nicht mehr weiter. Da die Frau Angst vor Erfrierungen an den Händen hatte, wählten die Wanderer den Notruf. Der Rettungshubschrauber brachte die beiden sicher nach Hinterstein.
Bergwacht Hinterstein appelliert an Wanderer
Die Einsätze hatten zu einem Appell der Bergwacht Hinterstein in Sozialen Netzwerken geführt: "Die Tour zum Schrecksee ist im Winter keine Wanderung, sondern eine anspruchsvolle alpine Unternehmung! Erfahrung, alpine und lawinenkundliche Kenntnisse und entsprechende Ausrüstung sein zu der Jahreszeit ein absolutes Muss."
Ob die in Not geratenen Wanderer auf der Hubschrauber-Rechnung sitzen bleiben, weiß Jank nicht mit letzter Sicherheit zu sagen. Theoretisch könnten sie über eine private Unfallversicherung verfügen, die unter bestimmten Bedingungen in so einem Fall einspringt. Oder gehören dem Deutschen Alpenverein an. Dieser sichert seine Mitglieder für Such-, Bergungs- und Rettungsaktionen während alpinistischer Aktivitäten bis 25.000 Euro ab. Bewerten will das österreichische Unternehmen das Verhalten der Wanderer nicht: "Wir machen unseren Job - ohne erhobenen Zeigefinger", sagt Jank.
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