Am Mittwoch gab es eine bundesweite Razzia gegen eine extremistische Gruppierung bestehend aus Menschen, die den sogenannten Reichsbürgern und Querdenkern zugeordnet werden können. Sie sollen einen Umsturz des Staates geplant haben. soll sich vor einem Jahr gegründet haben und schnell in das Visier der Ermittler geraten sein. Als sie genug Material gegen die Drahtzieher des Netzwerks zusammen hatten, schlugen sie schließlich zu.
Auch im Allgäu gibt es extremistische Gruppierungen, die der Verfassungsschutz im Visier hat. Hier wollen wir die Gruppierungen vorstellen. Die Informationen beruhen auf dem aktuellsten Bericht des Bayerischen Verfassungsschutzes aus dem Jahr 2021.
Rechtsextreme Gruppierung "Voice of Anger" in Memmingen gegründet
Der bayerische Verfassungsschutz stuft die Vereinigung "Voice of Anger", die in Memmingen gegründet wurde, als rechtsextremistisch ein. Die Gruppierung besteht aus den Sektionen Memmingen, Schwaben, Unterallgäu und "Nomads". Sie habe etwa 60 Mitglieder und Sympathisanten. "Voice of Anger" sei eine der wenigen noch überregional agierenden Skinheadkameradschaften und stelle derzeit die größte Skinheadgruppierung in Bayern dar.
Mitglieder der "Voice of Anger - Nomads" gründeten im Jahr 2010 die Band "Kodex Frei". Die Band kommt aus dem Raum Kempten und wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuft. Eine weitere als rechtsextremistisch eingestufte Band aus dem Allgäu sind die "Prolligans", die es seit 2004 gibt.
Der Verfassungsschutz sieht den Versandhandel "Oldschool Records" mit Sitz in Wolfertschwenden ebenfalls als rechtsextremistisch an. Nach Angaben der Behörde hat Benjamin Einsiedler, eine der Führungsfiguren der Skinheadgruppierung "Voice of Anger" den Versandhandel gegründet.
Solche Vertriebe und Versandhandel würden Musik, Kleidung, Fahnen, Flugblätter, Plakate und Bücher sowie Aufkleber verkaufen, die "gezielt auf die Bedürfnisse der Anhänger einzelner Szenestilrichtungen wie der Skinhead-, der NS-Hatecore- oder der NS-Black-Metal-Subkultur ausgerichtet" seien. Solche Versandhandel seien laut dem bayerischen Verfassungsschutz deshalb gefährlich, weil sie die subkulturell geprägte rechtsextreme Szene kommerzialisieren würden.
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Rechtsextremer Verlag mit Sitz in Durach
Der Verlag "Anton A. Schmid" mit Sitz in Durach im Oberallgäu ist laut Verfassungsschutz ebenfalls als rechtsextrem anzusehen. Der Verlag vertreibe neben religiöser und verschwörungstheoretischer Literatur auch Werke mit antisemitischen, geschichtsrevisionistischen und rechtsextremistischen Inhalten. In von dem Verlag publizierten Büchern würden falsche Behauptungen über eine angebliche jüdische Weltverschwörung aufgestellt, die in dieser Form auch vom NS-Regime propagiert worden seien. In einem anderen von dem Verlag publizierten Buch werde behauptet, dass unter anderem eine jüdisch-stämmige amerikanische Familie die Machtergreifung Hitlers aktiv herbeigeführt hätte.
In seinem Bericht führt der Verfassungsschutz die rechtsextreme Partei "Der III. Weg" auf. Diese hat während des Bundestagswahlkampfes 2021 unter anderem in Lindenberg im Allgäu Flugblätter verteilt. Die Partei hat außerdem im Wahlkampf Plakate mit dem Slogan "Hängt die Grünen!" in einigen Städten angebracht. In Bayern mussten die Plakate wieder abgenommen werden. Zudem wurden zwei Mitglieder der Partei wegen Volksverhetzung und des Aufrufs zum Totschlag verurteilt. In Sachsen durften die Plakate nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Chemnitz zunächst hängen bleiben.
Diese Rockergruppen gibt es im Allgäu
Der bayerische Verfassungsschutz und die Polizei haben außerdem die kriminellen Aktivitäten von Rockergruppen und "rockerähnlichen Gruppierungen" im Blick. Diese fallen unter den Bereich "Organisierte Kriminalität". Von den großen Rockergruppen, die der Verfassungsschutz in seinem Bericht nennt, sind die "Hells Angels" (Lindau) und der "Trust MC" im Allgäu ansässig. Als Unterstützer der "Hells Angels" sind in Lindau die "Backyard Bloods" und "Red Vikings Lindau" aktiv.

Im Allgäu gebe es aber kein polizeiliches Problem mit Rockergruppen, sagte ein Polizeisprecher unserer Redaktion im September. Der Großteil der Clubs werde im Allgäu nicht von der Polizei beobachtet.
Islamist aus dem Ostallgäu zu Freiheitsstrafe verurteilt
Im Bereich Linksextremismus, sicherheitsgefährdende und demokratiefeindliche Bestrebungen, Islamismus sowie den anderen verfassungsschutzrelevanten Bereichen sind keine Gruppierungen aus dem Allgäu aufgeführt. Im Bereich Islamismus ist lediglich ein Mann aufgeführt, der aus dem Ostallgäu kommt und im Dezember 2021 in Düsseldorf wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung "Jabhat al-Nusra" zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt wurde.
Reichsbürger auch im Allgäu vertreten - So viele Anhänger gibt es im Allgäu
Am 21. Juli 2021 wurde außerdem eine Zwangsräumung bei einem Mann im Oberallgäu durchgeführt, der Teil der sogenannten Reichsbürgerszene sein soll. Während des Einsatzes musste der Mann mithilfe unmittelbaren Zwangs festgenommen werden. Zudem sollen rund zehn Menschen hinzugekommen sein, die sich mit dem Mann solidarisierten und ebenfalls der Reichsbürger-Bewegung zugeordnet werden können. Drei von ihnen mussten festgenommen werden, um die Zwangsvollstreckung durchführen zu können. Die Behörde geht davon aus, dass es sich dabei um eine gezielte Solidarisierungsaktion gehandelt haben muss, weil die Beteiligten an unterschiedlichen Wohnorten gemeldet sind.
Nach aktueller Recherche unserer Redaktion stuft das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West etwa 300 Menschen im Präsidiumsbereich - dazu gehören die Landkreise Unterallgäu, Oberallgäu, Ostallgäu, Lindau, Günzburg und Neu-Ulm sowie die kreisfreien Städte Kempten, Kaufbeuren und Memmingen - als Reichsbürger ein.
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