Extremwetter mit Waldbränden und Hochwasser

Wie gut sind Allgäuer Rettungsorganisationen auf mögliche Katastrophen vorbereitet?

Beim Waldbrand im Tiroler Pinswang kamen Hubschrauber mit Außenlastbehältern zum Einsatz. Vier solcher Behälter gibt es auch im Allgäu.

Beim Waldbrand im Tiroler Pinswang kamen Hubschrauber mit Außenlastbehältern zum Einsatz. Vier solcher Behälter gibt es auch im Allgäu.

Bild: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild)

Beim Waldbrand im Tiroler Pinswang kamen Hubschrauber mit Außenlastbehältern zum Einsatz. Vier solcher Behälter gibt es auch im Allgäu.

Bild: Karl-Josef Hildenbrand, dpa (Symbolbild)

Allgäuer Retter sind sich einig: In der Region wird es vermehrt Extremwetterlagen mit Waldbränden und Hochwasser geben. So bereiten sich Organisationen vor.
01.04.2022 | Stand: 05:30 Uhr

In Tirol an der Grenze zum Allgäu brennen kürzlich 35 Hektar Bergwald. Vergangenen Sommer verursacht Starkregen enorme Schäden im Oberallgäu. Massiver Schneefall in der Region sorgt 2019 für Probleme: „Das sind Szenarien, die uns vermutlich auch in Zukunft begegnen werden“, sagt Dominik Helms vom Memminger Ortsverband des Technischen Hilfswerks (THW). Und auch Michael Fackler, Leiter des Amts für Brand- und Katastrophenschutz in Kempten, ist sich sicher: „Wer sich mit dem Wetter und dem Klimawandel beschäftigt, weiß, dass es künftig öfter zu Extremwetterlagen kommen wird.“ Die Allgäuer Rettungs- und Hilfsorganisationen üben teilweise gemeinsam. Die Strukturen seien gefestigt, sind sie überzeugt. Bei überregionalen Einsätzen sieht die Feuerwehr allerdings Nachholbedarf.

Die größte Katastrophe der vergangenen Jahre hat sich nicht im Allgäu ereignet, sondern im Ahrtal im Westen Deutschlands. Beim dortigen Hochwasser waren auch viele Helfer aus der Region im Einsatz. „Wir hätten Tage früher vor Ort sein können, aber das scheiterte an der Bürokratie“, sagt der Ostallgäuer Markus Barnsteiner, stellvertretender Bezirkschef des Feuerwehr-Verbandes. Mittlerweile habe die Feuerwehr beim Bayerischen Innenministerium ein Positionspapier zum Katastrophenschutz vorgelegt, das dort sehr positiv aufgenommen worden sei: „Ziel ist, dass wir in Zukunft auch bei überörtlichen Einsätzen schneller reagieren können.“

Bei den verschiedenen Organisationen heißt es unisono, dass das Miteinander auf Landkreisebene und unter Nachbarkreisen sehr gut sei: „Die Zusammenarbeit ist konstruktiv und produktiv, wir haben regelmäßig gemeinsame Übungen“, sagt beispielsweise Roman Gaißer, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) in Lindau. Und auch viele reale Einsätze bewältige man zusammen: „Im Alltag rücken Polizei und Feuerwehr oder Rettungsdienst oft gemeinsam aus. Die Erfahrung hilft auch bei Großeinsätzen“, sagt Polizeisprecher Dominic Geißler.

Was passiert bei einem Waldbrand im Allgäu?

Doch was passiert konkret, wenn in der Region beispielsweise ein großer Waldbrand ausbrechen sollte? Angenommen, ein Spaziergänger sieht Rauch und Flammen, wählt die 112. „Der Disponent lässt sich dann die Situation schildern und schickt eine Mannschaft los“, erläutert Michael Fackler, der auch für die Integrierte Leitstelle Allgäu verantwortlich ist. Können die Kräfte vor Ort den Brand nicht löschen, werden weitere Helfer und Geräte angefordert – zunächst von der örtlichen Feuerwehr, dann von den umliegenden Gemeinden. „Je mehr Leute gebraucht werden, desto großflächiger wird nachgeordert.“

Ob auch Hubschrauber zum Einsatz kommen, wie es zum Beispiel kürzlich in Tirol der Fall war, hängt vom Gelände ab. „Ist der Brandherd zu Fuß schlecht zu erreichen, was häufig bei Bergwäldern zutrifft, wird Hilfe aus der Luft benötigt“, sagt Fackler. Die Hubschrauber stellen laut Barnsteiner die Landes- und Bundespolizei, die Bundeswehr oder auch private Anbieter. An ihnen werden sogenannte Außenlastbehälter befestigt, die jeweils 900 Liter Wasser fassen. Im Allgäu gibt es vier dieser Behälter, die im Ernstfall zu den jeweiligen Einsatzorten gebracht werden: zwei stehen in Kempten, zwei in Oberstdorf. Befüllt werden sie in der Regel am Boden über Hydranten. „Löschflugzeuge haben wir in Deutschland nicht“, sagt Barnsteiner.

Jeder Retter hat seine Aufgabe

Bei großen Bränden ist nicht nur die Feuerwehr vor Ort. Die Polizei sperrt das Gelände meist großflächig ab und kümmert sich um den Straßenverkehr und Fußgänger. Auch der Rettungsdienst hilft. „Wir agieren in der Regel als Rückhalt für die Feuerwehrkräfte. Im größeren Stil würden wir gebraucht, wenn kritische Infrastruktur wie beispielsweise ein Seniorenheim in Gefahr ist“, sagt BRK-Vertreter Gaißer.

Bei Großereignissen gebe es sogenannten Schnelleinsatzgruppen – unter anderem für die Versorgung von Helfern. Und auch das Technische Hilfswerk greift im Ernstfall ein: „Das Spektrum an Unterstützungsleistungen bei Bränden erstreckt sich auf die Bereiche Löschwasserversorgung, Rettungs- und Bergungsmaßnahmen, den Einsatz von Baumaschinen und Transportfahrzeugen sowie die Logistik“, sagt Dominik Helms vom Memminger THW. Welche Arbeiten nötig sind, entscheide die Einsatzleitung. Sie besteht bei Großeinsätzen aus Vertretern und Experten der verschiedenen Organisationen.

Ist die Region also auf Extremsituationen vorbereitet? „Ich habe keine Sorge vor einer großen Lage“, sagt Barnsteiner. „Wir sind gut aufgestellt.“

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