Ein Passagier verklagt eine Fluglinie auf eine Entschädigung von 250 Euro. Der Grund: Sein Flug nach Berlin Tegel wurde zum nahegelegenen Flughafen Berlin Schönefeld umgeleitet. Mit diesem Fall beschäftigt sich der Europäische Gerichtshof am Donnerstag. Auch am Flughafen Memmingen kommt das in seltenen Fällen vor, sagt Geschäftsführer Ralf Schmid im Gespräch mit unserer Redaktion.
Im vergangenen Jahr sei das gerade einmal bei 0,6 Prozent der Flüge passiert (siehe Tabelle). Ab Herbst rechnet er sogar mit noch weniger sogenannter Diversions. Dann sind die Tests eines zusätzlichen "Instrument Landing System" (übersetzt Präzisionsanflugssystem), kurz ILS, abgeschlossen.
Herr Schmid, bei welchen Bedingungen werden Flugzeuge am Flughafen Memmingen umgeleitet?
Ralf Schmid: "Wetterbedingt wenn zu viel Schnee oder Eis auf der Landebahn liegt, der Nebel zu dicht ist oder die Wolken zu niedrig hängen. Oder aber wenn ein anderes Flugzeug die Piste blockiert. Das ist aber höchst selten."
Wie stellt der Flughafen Memmingen die Landung sicher?
Schmid: "2019 haben wir die Piste von 30 auf 45 Meter verbreitert. Das ist der Standard und bietet den Piloten zum Beispiel bei Seitenwind mehr Spielraum. Dabei haben wir außerdem die Beleuchtung von Halogen auf LED umgestellt und den Mittelstreifen sowie die Aufsetzzone mit Lichtern versehen. Dieses Jahr kommt noch das zusätzliche ILS dazu."
So funktioniert das neue System am Allgäu Airport
Das Zusätzliche?
Schmid: "Für unsere Hauptrichtung haben wir bereits seit 2009 ein ILS. Die heißt so, weil Flugzeuge bei uns meistens von Osten nach Westen starten und landen. Denn das tun sie im Optimalfall gegen den Wind. Und hier am Memmingerberg kommt der Wind zu 70 Prozent größtenteils von Westen.
Und wie funktioniert ein ILS?
Schmid: Das ILS tauscht sich mit dem Autopiloten des jeweiligen Flugzeugs aus. Das System führt den Piloten zur Landebahn, auch wenn er die Landebahn wegen Wolken oder Nebel gar nicht sieht. Mit unserem ILS muss der Pilot in einer Höhe von 70 Meter die Lichter der Landebahn sehen. Wenn nicht, muss er durchstarten. Ohne ILS beträgt die vorgeschriebene Höhe beinahe das doppelte."
Und was bringt das zusätzliche ILS?
Schmid: "Wenn der Wind von Osten kommt und die Wolken niedrig sind, können Piloten auf die die entgegengesetzte Landerichtung ausweichen, die dann genauso gut ausgestattet ist wie die Hauptrichtung. Dadurch wird es noch weniger Ausweichflüge geben."
Flughafen Memmingen investiert etw eine Million Euro für weniger Umleitungen
Wie viel kostet das ILS?
Schmid: "Wir rechnen mit ungefähr eine Million Euro."
Noch befindet sich das neue ILS aber im Testbetrieb.
Schmid: "Richtig. Erst einmal läuft es nur in der Nacht und wir schauen, ob Störungen auftreten. Wenn es ohne Ausfälle läuft, kalibrieren wir das System mit einem Messflugzeug. Im August, September binden wir es schließlich in den normalen Betrieb ein. Dann wenn der Herbst und der Nebel kommt und das ILS seine Stärken ausspielt."
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