Vor einigen Jahren hatte es aus den Reihen des Allgäuer Klinikverbundes geheißen, dass Memmingen vor einem Beitritt noch „Hausaufgaben machen“ müsse. Das geschieht jetzt: In der Stadt entsteht ein neues Krankenhaus. Bei dem Vorhaben, das weit über 400 Millionen Euro kostet, spielt auch das Prinzip der „heilenden Architektur“ eine Rolle. So solle auf der Intensivstation durch eine entsprechende Beleuchtung der für Patienten wichtige Tag-Nacht-Rhythmus erhalten bleiben, sagt der Memminger Klinik-Vorstand Maximilian Mai. „Auch die Nachhaltigkeit treibt uns um“, fügt er hinzu. So ist Abwasser als Wärmequelle vorgesehen, Gas soll hier keine Rolle mehr spielen. Das Krankenhaus-Projekt ist eines der größten Allgäuer Bauvorhaben in den vergangenen Jahrzehnten.
Warum ein Neubau? Eine Generalsanierung des jetzigen, in den 1950er Jahren gebauten Krankenhauses wäre teurer gewesen, sagt Mai. Dieser Gebäudekomplex sei immer wieder erweitert worden, „er ist verschachtelt und verwinkelt“. Bei dem Standort am Rande der Altstadt stoße man an seine Grenzen, hatte Oberbürgermeister Manfred Schilder in der Vergangenheit gesagt. Auch das Parkhaus sei „ständig überlastet“.
Neubau des Klinikums in Memmingen: Das steckt hinter den Kosten
Standort und Kosten: Das Klinikum entsteht beim Autobahnkreuz. Dort, wo eigentlich der Möbelriese Ikea bauen wollte. Doch der Konzern gab Memmingen schließlich einen Korb. Laut Mai gibt es eine Kostenschätzung für das Großprojekt, die sich auf gut 427 Millionen Euro beläuft. In Inflationszeiten kann sich diese Summe schnell erhöhen. Allerdings wächst auch der Beitrag des Freistaats, wenn die Kosten steigen. Derzeit hat das Land einen Zuschuss von über 290 Millionen Euro zugesagt. Dass es sich um ein Mammutprojekt handelt, verdeutlicht auch eine andere Zahl: In den einzelnen Bauphasen werden zwischen 50 und 80 Architekten, Ingenieure und Fachplaner gleichzeitig an dem Vorhaben arbeiten.

Zeitplan: Im nächsten Jahr solle ein Gebäude abgerissen werden, das derzeit noch auf dem künftigen Krankenhaus-Areal steht, sagt Mai. Der Baubeginn ist für 2025 vorgesehen und als Einzugstermin wird das Jahr 2029 angepeilt.
Baukonzept: Patienten hätten andere Ansprüche als in früheren Zeiten, „die Aufenthaltsqualität spielt eine wichtigere Rolle“, sagt Schilder. So sei geplant, die „Gehschule“ mit einem Physiotherapeuten auf der Dachterrasse der Kantine anzubieten, erwähnt Mai. Er spricht auch von „Dachbegrünungen“ sowie ansprechend gestalteten Innenhöfen. Und eine Architektur mit „klarer Linienführung“ solle dafür sorgen, dass sich Mitarbeitende, Patienten und Besucher zurechtfinden und unnötige Wege vermieden werden. In Sachen Energie sei geplant, fürs Heizen und Kühlen die Abwärme von Abwasser zu nutzen und auf Gas zu verzichten. „Damit decken wir die Grundlast ab. Für Spitzenlasten greifen wir auf Fernwärme zurück“, sagt Mai. Zum Konzept gehört nach seinen Worten auch der Einsatz von Photovoltaik.
Besonderheit: In dem Klinikum wird auch eine spezielle Pandemie-Station mit 20 Betten eingerichtet. Sie könne im Ernstfall „komplett autark betrieben werden, man muss Patienten nicht durchs ganze Haus fahren“, sagt Mai. Wenn es keine Pandemie gebe, „kann man die Station normal nutzen. Aber auch da haben wir infektiöse Patienten mit ansteckenden Krankheiten“.
Gesundheits-Campus: Neben der Klinik sollen sich ein Ärztehaus und eine Krankenpflegeschule ansiedeln, sagt Schilder. Daneben sei Platz für „weitere gesundheitsnahe Dienstleistungen. Etwa für eine Reha-Einrichtung oder einen Hersteller von Medizintechnik“. Was mit dem jetzigen Klinik-Areal geschieht, wurde noch nicht entschieden. „Die Lage ist aber durchaus prädestiniert für Wohnungsbau“, sagt der Memminger Oberbürgermeister.