„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche“ nicht nur in Goethes Osterspaziergang, sie waren es im Allgäu heuer auch über Neujahr. Ein Winter mit Schnee von Dezember bis März ist ja mittlerweile die Ausnahme und nicht mehr die Regel. Alpen überproportional stark. Wie geht es weiter mit dem Wintertourismus? Die Tage zwischen Heiligabend und Dreikönig sind für die Branche immer noch die wichtigsten des Jahres. Zum Glück haben wir in der Region keine reinen Ski-Orte, aber wer im Winterurlaub die Farbe weiß will, wird sich mit schmalen Kunstschnee-Bändern nicht zufriedengeben, sondern ganz verzichten oder in Gebiete fahren, die noch schneesicher sind. Das zeigt die Zahl die Buchungen, nach dem Wochenende geht es in vielen Häusern deutlich zurück. Auch Tagestouristen werden ohne Schnee kaum kommen.
wirft aber dennoch einige Fragen auf, denn mittlerweile ist klar: Klimawandel und Temperaturerhöhung treffen dieWie bleibt das Allgäu für Wintertouristen attraktiv?
Die großen Häuser versuchen, ihre Gäste im eigenen Kosmos bei Laune zu halten. Für die einfache Hotellerie und die Betreiber von Ferienwohnungen wird das aber schwer. Hier müssen auch die Kommunen Optionen bieten, damit das Allgäu als Ziel für Wintertouristen attraktiv bleibt. Oberstdorf und Oberstaufen investieren zum Beispiel sehr viel Geld in neue Bäder – offensichtlich ist das notwendig, bezahlbar aber nur für wenige.
Einige Gemeinden bieten ein Programm, dessen Vielfalt man bisher nur aus dem Sommer kennt. Um Winterwanderungen interessant zu machen, müssen künftig wohl auch einige Alpen und Gasthäuser verlässlich geöffnet sein. Ganzjahrestourismus heißt dann, dass man das ganze Jahr über sehr viel anbieten und flexibel auf die jeweilige Wettersituation reagieren muss.
Reichen Winterwandern, Naturbeobachtung und Wellness?
Aber reichen Winterwandern, Naturbeobachtung und Wellness als Angebot? Muss sich die Region als Urlaubsziel nicht noch besser vernetzen und zum Beispiel auch unsere schönen Städte als Ausflugsziele besser vermarkten? Einzelhandel und Gastronomie müssen dann anziehen und dürfen nicht austauschbar sein.
Sicher muss sich auch das Marketing verändern: In Prospekten oder auf Websites mit Bildern traumhafter Winterlandschaften zu werben, wie es einige Hotels und Verbände noch tun, ist ein Versprechen, das die Region nicht halten kann. Seit der Vierschanzentournee weiß die ganze Welt, dass im Allgäu gerade kein Schnee liegt. Zum nachhaltigen Tourismus mit Ursprünglichkeit und Authentizität, der als Ziel von Anbieter und Gast oft genannt wird, gehört sicher auch, in dieser Hinsicht ehrlich zu sein. Noch sorgen die Gäste im Winter für deutlich mehr Wertschöpfung als im Rest des Jahres. Welche wirtschaftlichen Folgen hat es für Branche und Region, wenn das nicht mehr so ist, weil es zum Beispiel viel weniger Skitage gibt? Und: Noch herrscht bekanntermaßen Personalnot in der Branche – werden wir in einigen Jahren vielleicht fragen, wo die Menschen aus den Touristenorten im Winter Arbeit finden?
Winter und Wintersport als Allgäuer Kulturgut
Winter und Wintersport sind aber viel mehr als Tourismus, nämlich Kultur, Tradition und reichhaltiges Vereinsleben. Auch da sind Veränderungen im Gang, die wir mit Schnee aus der Maschine nicht aufhalten können. Wir müssen darüber sprechen, wie sich dieses Stück Allgäu erhalten lässt. Denn ohne den weißen Winter geht schon sehr viel Identität verloren.
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